2. FanFiction Wettbewerb (Stichtag: 27.09.2007)

  • Tot und begraben?

    Nachdem letzte Woche die Leiche freigegeben wurde, fand heute die "Beerdigung" statt. Ich wollte nicht hingehen, warum soll ich mir sowas anhören? Leute die Jack zu "Lebzeiten" lauter Knüppel zwischen die Beine geworfen haben, halten plötzlich Lobreden auf einen Sarg, in dem ein verstümmelter Terrorist liegt! Aber Tony sagte, ich müßte kommen. Zu Jacks richtiger Beerdigung wäre ich das doch auch. Es wäre verdächtig, wenn ich jetzt zu Hause bliebe. Darum bin ich doch da gewesen. Ich würde niemals etwas tun, was Jack eventuell in Gefahr bringen würde aufzufliegen.

    Es war noch schlimmer, als ich gedacht habe! Ich bin ehrlich froh, daß Jack nicht mitbekommt, wie man ihn regelrecht abserviert hätte. Keine offizielle Regierungsbeteiligung! Man wollte wohl die Chinesen nicht brüskieren, außerdem starb Jack ja offiziell, als er sich seiner Verhaftung widersetzte. Keine Fahne, kein Salut - nicht mal falsche Lobreden.
    Es waren nicht sehr viele Leute da. Kim natürlich, mit Chase, sie war völlig aufgelöst. Ich mag sie nicht besonders, wenn sie nicht Jacks Tochter wäre, würde ich sie noch viel weniger mögen. Sie hat sich oft wie ein dummes Mädchen benommen und hatte wenig Respekt vor anderen. Vielleicht bin ich zu streng mit sowas, sie hat ja früh ihre Mutter verloren, da hat sie bestimmt einen Schaden davongetragen. Heute tat sie mir jedenfalls richtig leid. Sie hat die ganze Zeit geweint, Chase konnte sie kaum beruhigen. Außer Kim war niemand von Jacks Familie da, nicht mal seine Eltern. Es gab nur einen Kranz, darauf stand: Unserem Jack - Deine Familie. Zuerst habe ich ein älteres Paar für Jacks Eltern gehalten, sie waren so freundlich zu Kim und Jack hat ja nie über seine Familie gesprochen. Aber Chase sagte mir später, das sei nur ein befreundetes Paar gewesen, quasi Kims Paten. Was für Eltern sind das, die noch nicht mal zur Beerdigung ihres Sohnes kommen?

    Audrey Raines war da. Sie sah sehr schlecht aus. Ich glaube, sie hatte Medikamente genommen. Ihr Vater war nicht mitgekommen. Naja, Jack hat ja nur für ihn gearbeitet und sein Leben gerettet. Und Audrey hätte den Trost ihres Vaters sicher auch gut gebrauchen können. Stattdessen war ihr Bruder bei ihr, obwohl er an Jack keine guten Erinnerungen haben kann. Der feine Minister Heller sollte sich schämen - Staatsräson hin oder her!
    Er hätte sich ein Beispiel an Bill Buchanan nehmen sollen. Der ist auch gekommen, obwohl man ihm die Teilnahme verweigern wollte. Ich habe gehört, wie er mit seinem Vorgesetzten am Telefon gestritten hat, er wurde ziemlich laut. Er sagte, er würde Jack auf jeden Fall die letzte Ehre erweisen, auch wenn er ein so unglückliches Ende gefunden habe. Aber ohne ihn, wäre es an diesem Tag zu einer noch größeren Katastrophe gekommen. So klare Worte hatte ich ihm gar nicht zugetraut. Zuletzt ist es darauf hinaus gelaufen, daß er zur Beerdigung gehen, aber dort nicht reden darf. Damit war er einverstanden.
    Außer mir und Bill kam niemand sonst von der CTU. Tony und Michelle als Ex-Kollegen natürlich. Mehr Freunde hatte Jack da ja auch nicht. Seine Bereitschaft und Erwartung immer 110% zu geben, war den meisten fremd. Ich habe oft mitleidige Worte gehört, als er mein Chef war. Wenn ich dann entgegnet habe, daß ich gern für ihn arbeite, haben mich die Leute ganz seltsam angesehen. Er ist ein besonderer Mensch, warum können das die meisten nicht sehen?
    Allerdings wurde in der CTU für einen Kranz gesammelt. Michelle meinte außerdem, es wären noch ein paar ehemalige Kollegen da gewesen.

    Und Präsident Palmer war gekommen. Er wirkte sehr staatsmännisch. Bestimmt war Kim froh über seine Anwesenheit, die dem ganzen etwas mehr Würde verlieh.
    Außerdem stand ganz hinten eine Frau mit einem älteren Mann. Tony sagte mir, das wäre Jacks Exfreundin mit ihrem Vater. Die Frau sah sehr verkniffen aus, wahrscheinlich bemühte sie sich nicht zu weinen. Die paar Leute die sonst noch da waren, kannten weder Michelle, Tony oder ich.

    Da Jack nicht religiös war, sprach kein Priester am Grab. Kim hatte einen Redner bestellt. Er arbeitete sich an Jacks Lebensdaten ab und mir wurde klar, wie sehr man doch merkte, daß er Jack nicht kannte. Außerdem dachte ich schon die ganze Zeit daran, was Jack wohl dazu sagen würde, daß ein Terrorist zu Teri ins Familiengrab gelegt wurde? Tony hatte versucht Kim davon abzubringen, hatte ihr erzählt, daß Jack sich eine Einäscherung mit anschließendem Verstreuen der Asche gewünscht habe. Aber Kim blieb hart. Ihr war wichtig, daß Vater und Mutter "im Tod wiedervereint sein sollten". Gott, wie kitschig!

    Diese ganze falsche Zeremonie war eine Qual für mich! Aber so sah ich wenigstens mitgenommen aus. Tony und Michelle ging es wohl zum Glück genau so. Sie waren sehr blaß und still.
    Endlich neigte sich das ganze dem Ende zu. Die Trauergäste nahmen Abschied am Sarg. Kim weinte und weinte und sie sah aus, als ob das schon Tage so ging. Wie lange man wohl weinen kann, bis keine Tränen mehr kommen? Wie gut, daß sie Chase hat. Er ist jemand der sich kümmern kann.
    Audrey mußte auf dem Weg zum Sarg von ihrem Bruder gestützt werden. Als sie davor stand, fiel sie plötzlich um, ganz lautlos. Ihr Bruder rief immer wieder ihren Namen und schüttelte sie. Er wurde ganz panisch. Die Männer vom Bestattungsunternehmen haben sie dann schnell weggebracht. Ihr Bruder ging hinterher, ich hab' gehört, wie er fluchte.
    Jacks Exfreundin legte eine rote Rose auf den Sarg und dann umarmte sie Kim und sagte, sie könne sie jederzeit anrufen.
    Bill Buchanan drückte Kim sehr väterlich die Hand und meinte, er habe Jack nicht gut gekannt, aber er habe den allergrößten Respekt vor ihm, es tue ihm alles sehr leid.
    Präsident Palmer legte ihr die Hand auf die Schulter. Er sagte, wer Jack zum Freund hatte, konnte sich immer auf ihn verlassen. Kim wisse ja, wie viel er ihrem Vater verdanke und er sei untröstlich, daß er nicht mehr für ihn tun konnte.
    Dann kam ein junges Paar, er saß im Rollstuhl. Es waren welche von den Leuten, die wir nicht kannten. Sie sagten, Jack habe ihnen am Tag der Anschläge das Leben gerettet. Sie hätten sich noch einmal bei ihm bedanken wollen, nachdem der Mann aus dem Krankenhaus entlassen worden war und erfahren, daß Jack gestorben sei. Sie seien total schockiert gewesen und Kim solle wissen, daß ihr Vater für sie ein Held war.

    Ich wäre am liebsten einfach weg gegangen, aber Tony drängte mich unmissverständlich Richtung Sarg. Als ich davor stand, sah ich, daß ein gerahmtes Familienfoto von Jack, Teri und Kim darauf lag. Ich konnte einfach nicht verdrängen, wer tatsächlich in diesem Sarg lag, mir wurde fast übel. Diese Trauer fühlt sich falsch an!
    Ich ging zu Kim und wollte ihr die Hand geben, aber sie fiel mir um den Hals und schluchzte ich sei eine gute Freundin für ihren Vater gewesen. Natürlich bin ich das! Ich wußte nicht, was ich ihr antworten sollte. Zum Glück kam Tony und zog sie an sich und redete leise in ihr Ohr und sie nickte und weinte ein bißchen weniger und dann umarmte sie Michelle. Sie zog dauernd die Nase hoch. Ich gab ihr ein Taschentuch, wahrscheinlich hatte sie ihre alle schon verbraucht.

    Auf dem Weg nach Hause fühlte ich mich seltsam. Ich hatte den Abschied von dem "falschen toten Jack" als kaum erträgliche Farce empfunden. Jack lebt und ich bin einer der wenigen Menschen der davon weiß. Das ist eine große Verantwortung, die ich für ihn trage, damit es ein Geheimnis bleibt. Ich kann das, keine Frage.
    Ich war die ganze Zeit so froh gewesen, daß ihm das Untertauchen geglückt ist. An diesem schrecklichen Tag, in der CTU, hatte ich für einen Moment Angst gehabt, daß er tatsächlich tot sein könnte. Aber nun beschlich mich das Gefühl, daß der lebendige Jack für mich ja genauso unerreichbar wäre wie ein Toter. Jack Bauer ist offiziell begraben - mit wem sollte ich da Kontakt aufnehmen? Er muß ein anderer werden, wenn er überleben will. Er muß neue Freunde finden. Sein altes Leben ist für ihn vorbei. Und ich? Ich bin Teil dieses alten Lebens. Mir wurde jetzt erst klar, was das bedeutet. Was ich verloren habe. Mir war zum weinen. Um den "richtigen lebendigen Jack" - oder doch um mich?

    Als ich nach Hause kam, sah ich wie immer in den Briefkasten. Es geschah ganz automatisch, eigentlich interessierte mich Post im Moment überhaupt nicht. Aber da war eine Karte aus San Francisco. Auf der Rückseite stand nur ein Postfach. Mein Herz raste. Ich hätte die Schrift unter tausenden erkannt! Manchmal braucht man für ein neues Leben doch alte Freunde.
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  • So, jetzt bin ich auch fertig mit meiner FanFiction.
    Es ist übrigens meine erste FanFiction zu 24, die ich auch wirklich fertiggestellt habe. Ich habe scho so viele angefangen und sie dann doch wieder verworfen, weil ich unzufrieden war. Diese habe ich jetzt einfach in einem Zug durchgeschrieben, damit ich nicht wieder so selbstkritisch werde. Ich glaube, das war dann auch wieder mein 5. oder 6. Anlauf zu einer Geschichte für den Wettbewerb hier :10:
    Naja, ich hoffe, sie gefällt euch. Viel Spaß beim Lesen! :)

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    Als Audrey aufwachte, war sie noch einen Moment lang in ihrer schönen Traumwelt gefangen. Sie war mit Jack in ihrem gemeinsamen Lieblingsrestaurant essen gegangen. Sie hatten sich über alles mögliche unterhalten und Jack war so einfühlsam gewesen.
    Audrey meinte, noch immer Jacks Hand auf der ihren zu spüren und seine leuchtend blauen Augen vor sich zu sehen, die sie so liebevoll anblickten.
    Doch die glücklichen Gefühle aus dem Traum hielten nicht lange an. Als Audreys Blick auf das neue schwarze Kostüm fiel, dass sie an den Schrank gehängt hatte, wurde ihr die Realität schlagartig bewusst: Heute war der Tag von Jacks Beerdigung. Ihr schossen die Tränen in die Augen. Wie sollte sie diesen Tag aushalten? Und wie sollte sie danach weiter ihr Leben leben?
    Bilder von dem schrecklichen Tag, der mit Jacks Tod geendet hatte, tauchten in Audreys Kopf auf. Sie versuchte, sich gegen diese Gedanken zu wehren. Doch es gelang ihr nicht. Immer wieder sah sie Jack vor sich, wie verletzt und hilflos er sie angesehen hatte, als sie ihm gesagt hatte, sie könne mit seiner Welt nicht leben und gegangen war. Und das war ihre letzte Begegnung gewesen. Mit diesen Gedanken hatte Jack sterben müssen. Und nicht nur das, sie hatte ihn in dem Glauben gelassen, sie würde ihn für das, was mit Paul geschehen war, hassen. Nun konnte Audrey ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie und Jack hätten Zeit gebraucht. Nach Jacks Tod war Audrey klar geworden, dass sie nicht ohne Jack leben konnte. Und sie beide hätten eine Möglichkeit gefunden, mit Jacks Leben als CTU-Agent zurecht zu kommen. Doch nun hatten sie keine Chance mehr, es zu schaffen. Ein Leben miteinander zu führen. Sie konnte diese Tatsache einfach nicht ertragen.
    Am liebsten hätte Audrey sich wieder unter ihrer Decke vergraben, hätte die Augen geschlossen und wäre nicht mehr aufgestanden. Sie konnte den Gedanken an Jacks Beerdigung nicht ertragen. Wie sollte sie diesen Tag durchstehen? Doch sie wusste, dass sie zur Beerdigung gehen musste. Sie musste versuchen, damit abzuschließen und Jacks Beerdigung und damit das Akzeptieren seines Todes war der erste Schritt.
    Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und stieg aus dem Bett. Widerwillig griff sie nach dem bereithängenden Kostüm, das sie sich erst vor ein paar Tagen gekauft hatte. Sie wusste, dass sie es nach diesem Tag nie wieder würde anziehen können.
    Während sie sich anzog, versuchte sie, die Gedanken an Jacks Tod und die schrecklichen Ereignisse an seinem Todestag zu verdrängen. Sie wollte an die vielen wundervollen Dinge, die sie mit Jack erlebt hatte, denken. Daran, wie er sich ihr immer mehr geöffnet hatte, wie er sie angesehen hatte, an die vielen Stunden, die sie mit ihm verbracht hatte und die für sie zu den schönsten ihres Lebens zählten. Doch diese Gedanken waren genauso schmerzhaft wie die an seinen Tod. Also versuchte sie, gar nicht an Jack zu denken, doch sie wusste, das würde sie nicht schaffen.
    Sie schaute auf die Uhr. Es war 8 Uhr. In einer viertel Stunde würden Kim und Chase sie abholen. Ein weiterer schmerzvoller Gedanke. Es fiel ihr so schwer, mit Kim zusammen zu sein. Kim rief in ihr so viele Erinnerungen an Jack hervor und Audrey wusste, dass es Kim mit ihr selbst genauso ging. Sie konnte und wollte sich gar nicht vorstellen, was dieser Verlust für Kim bedeutete. Sie war noch so jung und hatte sowohl ihre Mutter als auch ihren Vater verloren. Und beide wurden umgebracht.
    Audrey wollte unbedingt für Kim da sein, ihr irgendwie über den Verlust ihres Vaters hinweghelfen. Doch wie sollte sie das machen? Wo sie doch selber nicht wusste, was sie mit all ihrem Schmerz machen sollte und wie ihr Leben ohne Jack aussehen sollte.
    Ein weiterer Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie jetzt schon seit 10 Minuten auf dem Badewannenrand saß. Sie griff nach ihrer Handtasche und setzte sich die bereitliegende Sonnenbrille auf. Beim Blick in den Spiegel bemerkte sie, dass auch die übergroße Sonnenbrille nicht verbergen konnte, wie geschwollen und gerötet ihr Gesicht vom vielen Weinen war.
    Als sie die Türe zu ihrem Schlafzimmer schloss, fiel ihr Blick auf das Bild von ihr und Jack auf ihrem Nachttisch. Es war auf einer Feier letzten Monat aufgenommen worden. Schnell drehte Audrey sich um, um keine Gedanken an diesen Abend aufkommen zu lassen und schloss die Schlafzimmertür hinter sich.
    Auf ihrem Weg zur Haustür hörte sie ein Auto vorfahren. Kim und Chase waren schon da. Audrey schloss die Augen und atmete tief durch, um sich für das Kommende zu stärken. Dann öffnete sie die Tür und trat nach draußen. Sie winkte Chase zu, der gerade aus dem Auto stieg, schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie diesen Tag überstehen würde und schloss die Türe hinter sich.


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    Über Kommentare würde ich mich sehr freuen!
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    Audrey: Is it true what she says?That you still love me?
    Jack: I never stopped loving you. Not for one second.
  • Nachdem hier schon so viele ihre wirklich klasse Storys gepostet haben, möchte ich euch endlich auch meine zum Lesen geben. Bei mir geht so etwas leider nicht so schnell, aber jetzt ist sie endlich fertig. Ich fürchte, meine ist mal wieder etwas länger geworden :schaem: , aber ich hoffe, ihr lest sie trotzdem. Viel Spaß beim Lesen.


    „Viel Glück, Frank!“

    Als ihr Wecker klingelte und sie ziemlich unsanft aus ihrem viel versprechendem Traum riss, seufzte Chloe bedauernd. John wollte sie gerade auf seine cool, lässige Art aus den Händen der Terroristen befreien und zwei dieser fiesen Typen hatte er schon mal ganz schnell mit links erledigt, als dieses blöde Piepen ihren kühnen Retter langsam im Nebel verschwinden lies. Jetzt würde sie nie erfahren, wie es sich anfühlte, in seinen Armen zu liegen und von ihm geküsst zu werden. Chloe schalt sich eine Närrin, als ihr bewusst wurde, dass sie sich gerade wie ein pubertierender Teenager aufführte. Bruce Willis war einer ihrer Lieblingsschauspieler und als sie gestern Abend nicht einschlafen konnte, hatte sie kurzerhand ‚Stirb langsam‘ Teil 1 in ihren DVD Recorder geschoben, zum x-ten Mal, wie sie zugeben musste. Die Folge war ein äußerst interessanter und aufregender Traum, der nun leider sein abruptes Ende gefunden hatte. Musste dieser dämliche Wecker auch immer im unpassendsten Augenblick klingeln? Als sie daran dachte, was heute für ein Tag war, verging ihr die Lust am Aufstehen gründlich.

    Heute sollte Jacks Beerdigung stattfinden. Seine Beerdigung … ha, wenn die wüssten, aber sie wussten es zum Glück nicht. Bei diesem Gedanken krampfte sich unweigerlich ihr Herz zusammen. Nur fünf Personen kannten die Wahrheit, Jack, David Palmer, Tony, Michelle und sie selbst und so musste es auch bleiben. Einige, so wie Kim, Bill oder Audrey, taten ihr ja furchtbar leid, aber es war besser für die Drei und besser für sie alle, wenn sie nichts von der Wahrheit erfuhren. Für sie würde es heute ein sehr schwerer und schmerzlicher Tag werden, doch es ging nicht anders. Die Gefahr für sie alle war einfach zu groß, sollte das Ganze irgendwie durchsickern. Chloe war David Palmer von Herzen dankbar, dass er Jack gewarnt hatte. So konnte er mit Tony diesen riskanten Plan zu seiner Rettung schmieden. Jack musste sterben, damit Frank Flynn leben konnte – und heute sollte Jack nun ganz offiziell seine letzte Ruhestätte finden.

    Ein erneutes Piepen sagte ihr, dass es langsam Zeit wurde ihre Beine aus dem Bett zu schwingen. Die Beerdigung sollte gegen 11 Uhr beginnen und jetzt war es bereits 10:05 Uhr. Sie würde sich sputen müssen. Gerade als sie im Bad verschwinden wollte, klingelte ihr Telefon. Ärgerlich schaute sie auf den Apparat und überlegte kurz, ob sie das Klingeln einfach ignorieren sollte, holte dann jedoch tief Luft und griff nach dem Hörer.

    „Chloe O’Brian“ meldete sie sich kurz angebunden und als sie die Stimme von Edgar hörte, hätte sie am liebsten gleich wieder aufgelegt.
    „Chloe … hier Edgar. … Ich …“
    „Was willst du, Edgar? Ich hab’s eilig.“ antwortete sie ihm barsch.
    „Ja weißt du … ich wollte dich fragen, ob du mich vielleicht zu Jacks Beerdigung mitnehmen kannst. Du wohnst doch …“
    „Was?“ fragte Chloe entsetzt und ihr Gesicht sah aus, als hätte sie gerade in eine Zitrone gebissen.
    „Warum fährst du nicht mit deinem eigenen Wagen?“ Chloes Stimme klang alles andere als freundlich.
    „Der ist kaputt. Ich …“ versuchte Edgar ihr zu erklären, wurde aber von Chloe mal wieder unterbrochen.
    „Wieso ist er kaputt, gestern lief er doch noch.“ Die Ungeduld war in ihrer Stimme jetzt unverkennbar.
    „Ja, aber ich hatte gestern einen Unfall, aber keine Sorge, mir geht’s gut, nur der Wagen hat was abbekommen,“
    „Fein …“ sagte Chloe geistesabwesend.
    „Also ich finde das ja weniger schön.“ maulte Edgar.
    „Was? … Oh, sorry, ich meinte fein, dass es dir gut geht … Weißt du was Edgar, ich hab jetzt keine Zeit mehr zum diskutieren. Ich bin gegen 10:40 Uhr bei dir und wehe du stehst nicht unten auf der Straße. Dann kannst du sehen, wie du zu Jacks Beerdigung kommst.“ erwiderte Chloe unwirsch.
    „Klar, bin ich … und danke, Chloe. Du bist echt klasse.“ freute ich Edgar.
    Chloe vertrete die Augen und unterdrückte ein Seufzen: „ Also bis gleich Edgar.“ Und ohne eine Antwort abzuwarten, legte sie einfach auf.

    Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Jetzt würde dieser schusselige Edgar ihr die ganze Fahrt über mit seinem ach so wichtigen Geschwafel auf die Nerven gehen. Und das ausgerechnet heute, wo ihre Gedanken ganz wo anders waren. Was würde Jack wohl heute tun? Würde er seinen verrückten Plan wirklich durchführen? Gedankenversunken nagte sie an ihrer Unterlippe, riss sich dann aber aus ihren trüben Gedanken und verschwand eiligst im Bad.

    Es war bereits 10:45 Uhr als sie in die Straße einbog, in der Edgar wohnte. Beim Anziehen ihrer Schrumpfhose war sie mit dem Fingernagel hängen geblieben und hatte sich diese zerrissen. Dummerweise war es ihre einzige Schwarze gewesen und so hatte sie noch kurz am Supermarkt anhalten müssen. Dementsprechend geladen war ihre Laune. Wenn jetzt Edgar nicht vor seinem Haus stand, dann würde sie einfach Gas geben und weiterfahren. Doch dieses Glück sollte ihr wohl nicht beschieden sein, denn sie sah ihn schon von weitem, wie er ihr bereits zuwinkte. Ihr kleiner, knallroter Wagen war eben zu markant, den erkannte man schon aus 10 Meilen Entfernung. Chloe seufzte ergeben und trat auf die Bremse.

    Kaum das ihr Wagen stand, öffnete Edgar auch schon hastig die Beifahrertür und ließ sich auf den Platz neben ihr plumpsen.

    „Hi Chloe … ich dachte schon, ich hätte dich verpasst.“
    Chloe warf Edgar einen flüchten Blick zu: „Sorry, aber ich hatte noch was Dringendes zu erledigen.“
    „Ist doch okay, kein Problem. … Man bin ich froh, dass ich dich noch erreicht habe. Ich hatte dir gestern Abend und heute Morgen schon auf deinem Handy eine Nachricht hinterlassen, aber da du dich nicht gemeldet hast, hab ich dann bei dir zu Hause angerufen. Ich weiß, du magst das eigentlich nicht, aber es war doch dringend und ich …“
    Chloe leicht genervt: „Schon gut Edgar. Ich hatte mein Handy aus und es hat ja alles noch geklappt.“
    „Zum Glück, sonst hätte ich mit dem Bus fahren müssen und …“

    ‘Wärst du das mal‘, dachte Chloe während ihre Gedanken schon wieder vorrauseilten. Edgars Stimme hörte sie nur noch aus weiter Ferne. Viel mehr beschäftigte sie die Frage, wie Jack sich heute wohl fühlen wird, wo er gerade sein mochte und wie es ihm ging. Blöde Frage, wie sollte es schon jemand gehen, dem alles genommen wurde, selbst seine wahre Identität.

    „ … aber du hörst mir ja gar nicht zu.“ beschwerte sich Edgar lautstark und riss sie damit aus ihren Gedanken.
    „Weißt du was Edgar, halt einfach deinen Mund. Mir steht im Moment nicht der Sinn nach Small Talk.“ antwortete sie leicht unwirsch.
    „Small Talk?“ entrüstete sich Edgar. „Aber das war als Kompliment gemeint und ich dachte du würdest dich …“
    „Was? … Entschuldige, Edgar, aber ich möchte einfach nicht reden – okay?“
    „Schon gut, ich bin ja schon still.“ murmelte er beleidigt.

    Hoffentlich, dachte Chloe, während sie ihren Wagen forsch neben einer schicken dunklen Limousine parkte.

    Es hatten sich schon eine Menge Trauergäste versammelt und standen der Dinge harrend um das geöffnete Grab. Trotz der wärmenden Sonnenstrahlen überlief Chloe ein Frösteln, als sie einen Blick auf den, mit Kränzen überhäuften Sarg warf. Es hätte nicht viel gefehlt und Jack würde tatsächlich darin liegen und obwohl sie wusste, dass es nicht Jack war, hatte sie dennoch ein mulmiges Gefühl.

    Vorsichtig lies sie ihren Blick über die Anwesenden gleiten. Es waren viele gekommen, nicht nur fast alle Mitarbeiter ihrer Abteilung, sondern auch einige von der Devision. Heller war da, natürlich mit Audrey, die von ihrem Vater gestützt wurde und mit bleichem, schmerzverzehrtem Gesicht auf den Sarg starrte, Kim, die wie ein Häufchen Elend in den Armen von Chase hing, die Augen gerötet und voller Tränen, Chase, der selbst versuchte die Fassung zu bewahren, Bill, der mit traurigem Blick auf den Sarg schaute - aber auch viele, die Chloe gar nicht kannte. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, dass Jack so viele Freunde und Bekannte hatte.

    Michelle kämpfte sichtlich mit ihren Gefühlen, aber Chloe wusste, dass nicht Jacks Tod der Grund dafür war, sondern vielmehr dessen hartes, ungerechtes Schicksal, dass ihm eine ungewisse und einsame Zukunft verhieß. Tonys Blick konnte man schon als finster bezeichnen - Chloe konnte ihn nur zu gut verstehen. Sicher hätte er allen Anwesenden am liebsten mal so richtig die Meinung gesagt, aber das war natürlich unmöglich, also musste er sich beherrschen.

    Und noch jemand war gekommen – David Palmer. Alle Versuche seitens der Regierung ihn davon abzuhalten, waren an dessen Entschlossenheit gescheitert. Nichts und niemand hatte ihn davon abbringen können, an diesem Tag einem treuen Freund und tapferen Streiter für die Gerechtigkeit offen seine Dankbarkeit zu bekunden. Chloe bewunderte diesen Mann.

    Pünktlich um 11 Uhr begann die Trauerfeier, doch Chloe konnte sich einfach nicht auf all diese ergreifenden Ansprachen und Reden konzentrieren, immer wieder wanderten ihre Gedanken zu Jack und sie zuckte zusammen, als Edgar sie ziemlich unsanft anrempelte.

    „Wow … das war echt klasse, was?“ fragte Edgar sie mit weinerlicher Stimme. Chloe schaute ihn verdutzt an. Hoffentlich erwartete er jetzt keinen großen Kommentar dazu von ihr, denn sie hatte keine Ahnung, worauf sich seine Frage überhaupt bezog. Darum antwortete sie schnell mit einem einfach „Ja“, wobei sie sich Mühe gab, es möglichst überzeugend klingen zu lassen. Sie schaute sich kurz um und sah, dass Bill gerade vom Sarg zurücktrat und zu Kim ging. Offenbar hatte er soeben eine Ansprache gehalten und diese schien alle Anwesenden tief beeindruckt zu haben. Die meisten Frauen tupften sich Tränen aus den Augen und auch den Männern war ihre Ergriffenheit anzumerken. Verdammt, sie sollte sich etwas zusammenreißen und dem Ganzen mehr Aufmerksamkeit schenken, sonst würde sie womöglich noch auffallen und das wollte sie ganz bestimmt nicht.

    Plötzlich spürte sie ein vibrieren in ihrer Jackentasche und obwohl sie seit Beginn der Trauerzeremonie damit gerechnet hatte, zuckte sie doch erschrocken zusammen. Jack – er war hier, er war also tatsächlich zu seiner eigenen Beerdigung gekommen. Sie hatte gehofft, er würde vielleicht doch von diesem irrwitzigen und riskanten Unternehmen ablassen … nein, wenn sie ganz ehrlich war, sie hatte gewusst, dass er kommen würde. Ihr war klar gewesen, dass er alles versuchen würde, um Kim und Audrey ein letztes Mal zu sehen und wenn auch nur aus der Ferne. Für ihn musste es grausam sein, zu wissen, dass sie an seinen Tod glaubten und er ihnen nicht die Wahrheit sagen zu können.

    Unwillkürlich drehte sie sich um und ihr Blick glitt suchend über die Reihen der Gräber, aber sie konnte niemanden entdecken. Schon wollte sie sich wieder abwenden, als ihr für den Bruchteil einer Sekunde eine Hand hinter dem Stamm eines mächtigen Baumes zuwinkte und sofort wieder in der Dunkelheit des Schattens verschwand. War die Hand wirklich da gewesen? Oder hatte sie sich das nur eingebildet?

    „He Chloe? Was ist los? Was gibt es dann da so interessantes zu sehen?“ riss sie Edgars Flüstern sie aus ihren Gedanken.
    „Was? … Oh, da, da ist nichts.“ antwortete sie ihm unwirsch. Hatte Edgar nichts anderes zu tun als sie zu beobachten?
    „Und warum siehst du dann aus als hättest du einen Geist gesehen?“ lies Edgar nicht locker. Chloe verflucht sich und ihn innerlich und riss sich zusammen. Das hatte ihr gerade noch gefehlt, aber so ganz Unrecht hatte Edgar gar nicht mit seiner Vermutung. Sie hatte tatsächlich so etwas ähnliches wie einen Geist gesehen.
    „Ich sagte doch, da ist nichts … Jack war mein Freund. Wie sollte ich mich denn deiner Meinung nach fühlen – lass mich einfach in Ruhe, Edgar.“
    „Okay, ist ja schon gut.“ Beleidigt wandte sich Edgar von ihr ab und Chloe atmete erleichtert auf.

    Jack – o Gott, was mochte er jetzt empfinden? Sie ließ ihren Blick über die Trauergäste gleiten und fragte sich, wie Jack das alles verarbeiten würde. Es musste ihm schier das Herz brechen, all seine Lieben so voller Trauer und Schmerz zu sehen, ihnen so nah zu sein und dennoch ferner als je zuvor, sie leiden zu sehen und ihnen nicht helfen zu können. Sie sah wie Kim von Chase gestützt zum noch offenen Grab trat und eine einzelne weiße Rose hinabfallen lies. Für einen Moment sah es so aus, als wolle sie selbst sich mit hineinfallen lassen, aber dann hatte Chase sie bereite zur Seite gebracht und Audrey trat an das Grab. Aufrecht und bleich stand sie da - Tränen liefen über ihre Wangen, aber sie brach nicht zusammen. Einen letzten Blick auf den in der Erde ruhendem Sarg werfend, nahm sie Abschied von dem Mann, den sie so geliebt hatte. Dann wandte sie sich hastig ab, schwanke leicht, doch noch bevor ihr Vater sie stützen konnte, hatte sie sich wieder gefangen und verließ, ohne einen Blick zurückzuwerfen, schnell den Ort des traurigen Geschehens. Nach und nach leerte sich der Platz, Chloe bemerkte das kaum, denn ihr Gedanken waren noch immer bei Jack.

    „Was ist Chloe – gehen wir?“ riss sie erneut Edgars Stimme aus ihrer Versunkenheit. Sie sah, dass sie die Einzigen waren, die noch auf ihrem Platz standen und mit einem letzten Blick auf das Grab wandte sie sich Edgar zu.
    „Okay, gehen wir.“ sagte sie einfach. Doch sie konnte es sich nicht verkneifen einen verstohlenen Blick zu jenem Baum zu werfen. „Viel Glück, Frank!“ murmelte sie leise vor sich hin und hoffte, dass er dieses irgendwann finden möge. Jack war tot, aber Frank lebte und dieses Wissen würde sie belasten - damit musste sie von nun an leben.


    Gruß
    Schusy
  • An alle, die noch eine Fanfic zum Thema - egal ob vollendet oder unvollendet - irgendwo schlummern :sleep: haben: HEUTE ist der STICHTAG! Also nichts wie rein hier damit! :flieh

    PS: Tolle Geschichten, Lea und Schusy :thumbsup: Auch an die anderen "Schreiberlinge" Herzlichen Dank für Eure wundervollen und emotionsgeladenen Beiträge! Wie heißt es so schön im Stil einer Grabinschrift: "Sie werden für immer unvergessen in unseren Herzen bleiben!" :thanks:
    @Schusy: Ich mag dieses: Goodbye Jack, Hallo Frank! :flirt:
    @Lea: Du hast die Gefühle der am Boden zerstörten Audrey so einfühlsam beschieben! :d87470fe:
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    Exklusiver Ort all meiner neuen Autor-(isierten) Hirngespinnste: SchreiberLink24.de

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  • Der Wettbewerb ist beendet! Wow, so viele Beiträge, ich bin begeistert! :thumbsup:

    Das Topic wird jetzt geschlossen. Morgen Abend wird dann die Umfrage für die Fanfics eröffnet und ihr könnt für eure Lieblingsgeschichte abstimmen. :)

    Yvonne
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    Try to imagine that hope is our ship for the soul - Center of the Universe/Kamelot
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