Phillip's Kurzgeschichten

    • Phillip's Kurzgeschichten

      Hallo Leute!
      Sorry wenn ich euch mit meinen Off-Topic Themen schon nerve, allerdings habe ich durch dieses Forum endlich wieder zu einer meiner großen Leidenschaften gefunden: dem Schreiben!!
      Und weil das so ist, habe ich einfach einmal in den unendlichen Weiten meines Archivs nachgesehen und so einige etliche Jahre alte Geschichten gefunden, die ich gerne mit euch teilen würde.

      Solltet ihr jemals Fanfics zu anderen Serien oder einfach nur irgendwelche Geschichten geschrieben haben, dann bitte her damit.
      Also meine folgende Geschichte trägt den Titel "Der Verrat der Assassinen" ist nicht sonderlich lang und der Protagonist trägt den Namen des Protagonisten eines Playstation Spiels. Ich hoffe ihr habt euren Spaß daran und sagt mir ganz unverschämt eure Meinung:


      Der Verrat der Assassinen

      Altair wusch sich die Hände, um das Blut an seinen Fingern loszuwerden. Als hochrangiger Assassine war es natürlich nicht sein erster Mord gewesen. Aber das sein Opfer weiblichen Geschlechts war, brachte ihn doch etwas aus der Fassung. Natürlich war sie verantwortlich für das Leid, dass das Volk von Renoo heimgesucht hatte und deshalb war auch seine Tat gerechtfertigt, da war er sich sicher, außerdem würde er nie den Willen des Clan-Herrschers in Frage stellen. Aber eine Frau? Was zum Teufel treibt eine Frau zu so scheußlichen Taten?
      „Altair!“, eine vertraute Stimme riss den Assassinen aus seinen Gedanken. „Hörst du mir überhaupt noch zu? Warum denkst du über deine Tat nach. Es war ein einfacher Mord, genau wie jeder andere.“
      „Nein, genau das entspricht nicht der Wahrheit“, erwiderte Altair mit seiner düsteren Stimme. „Es war eine Frau, Claude. Eine Frau, verstehst du nicht? Was treibt ein so edles Geschöpf, zu solch schlimmen Taten?“
      Sein Gegenüber musste unwillkürlich lächeln. „Du bist ein alter Charmeur, mein Freund. Und jetzt hör’ auf darüber nachzudenken und melde dich beim Führer, er hat nach dir verlangt.“ Ohne eine Antwort abzuwarten verließ Claude den kleinen Waschraum in der Unterkunft der Assassinen. Altair rümpfte die Nase, zog sich seine weiße Kutte wieder an und verstaute dann seine Ausrüstung, welche aus zahlreichen Wurfmessern, einem Lang- und einem Kurzschwert, sowie einigen Gifttränken, bestand. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel, offenbarte ihn, dass seine Narbe, welche er sich vor ungefähr zehn Jahren in einem Hinterhalt zuzog, unter dem linken Auge wieder einmal rötlich blitze. Das geschah immer wenn er sich zu sehr aufregte oder sich Gedanken über eines seiner Opfer machte. Auch wenn er aus seinen zahlreichen Alpträumen erwachte, war dies der Fall. Wenigstens schmerzte die Narbe zurzeit nicht. Er machte sich oftmals Gedanken über seine Opfer und über das was sie kurz vor ihrem letzten Atemzug zu ihm sagten, auch wenn die anderen das als eingemachten Blödsinn abtaten. Das war wohl mit einer der Gründe, warum er im Clan nicht sonderlich viele Freunde hatte, obwohl er durchaus von jedem respektiert und von manchen sogar schon als der nächste Clan Führer gehandhabt wurde. Altair war sowieso lieber ein Einzelgänger, er zog es immer schon vor, so wenig Freunde wie möglich zu haben. Denn je mehr Freunde man hat, desto mehr Menschen können sich gegen einen verschwören, pflegte er immer zu sagen. Altair stieß einen letzten leisen Seufzer aus und verließ dann ebenfalls den Waschraum um Baltamus Korens, den Clan-Führer, aufzusuchen.

      „Ich bin sehr stolz auf dich, Altair“, sagte Baltamus. „Unter uns gesagt: Du bist mein bester Assassine und ich wäre stolz eines Tages meinen Platz für dich zu räumen. Doch zwei Dinge musst du noch lernen, mein Schüler. Zum Einen musst du deinen Stursinn abschalten mein Freund. Denn diese Sturheit wird dich eines Tages vielleicht zu Fall bringen. Und zum Zweiten musst du endlich aufhören deine Taten, und somit meine Autorität in Frage zu stellen.“ Bis jetzt hatte Altair nur schweigend dagestanden und seinem Führer in der dunkelblauen Kutte aufmerksam zugehört. Nun musste er allerdings seinerseits einige Worte los werden. „Mein Führer“, begann er. „Nichts liegt mir ferner, als Eure Autorität in Frage zu stellen, doch bei allem Respekt auch ich bin nur ein Mensch, ob gut oder böse, dass obliegt nicht mir zu entscheiden. Doch als eigenständiger Mensch muss ich doch das Recht haben Reue zu zeigen und über meine Taten nachzudenken. Ist dass nicht das, was ihr uns bei . . .“ Baltamus brachte seinen Schüler mit einer Handbewegung zum Schweigen. „Höre zu, mein Schüler. Selbstverständlich bist du ein eigenständiger Mensch und selbstverständlich hast du das Recht auf deine eigene Meinung. Allerdings muss ich mir sicher sein, dass du voll und ganz hinter mir stehst, denn die Aufträge die ich für dich habe, sind von äußerster Wichtigkeit. Kann ich dir vertrauen, Altair?“
      „Natürlich, Baltamus Korens.“
      „Gut“, sagte der nur. „Wie dir selbstverständlich bekannt ist, hast du bereits sieben mächtige Männer ausgeschaltet, um diesen fürchterlichen und sinnlosen Krieg ein schnelles Ende zu bereiten. Sieben Städte stehen nun ohne richtigem Heer da und könnten sofort überrannt werden. Und das wird auch geschehen, es gibt nämlich noch eine achte Stadt. Risao Zamusi, der Herrscher, dieser Stadt namens Seili ist schon dabei ein riesiges Heer aufzubauen und all die anderen Städte zu erobern und zu vernichten. Das darfst du nicht zu lassen, Altair. Wenn Risao Zamusi getötet wird, dann ist keine dieser acht Städte mehr kriegsfähig und das Morden ist endlich zu Ende. Überlebt Risao allerdings, dann wird auch dieser Clan keine Zukunft haben, mein Schüler. Bist du bereit einen letzten großen Auftrag zu übernehmen, um diesen Krieg zu stoppen?“ Altair nickte. „So sei es“, erwiderte Baltamus. „Hör mir jetzt genau zu“, sagte er und schilderte seinem Schüler kurz darauf, was er zu beachten habe.

      Altair war gestern in Seili angekommen und hatte sich noch am selben Abend eine Unterkunft, in der Nähe der Stadtkirche gesucht. Heute früh hatte er sich schon etwas umgehört und erfahren, dass Risao Zamusi jeden zweiten Tag in eben diese Kirche zum beten ging. Morgen war es wieder so weit und der Assassine hatte vor, nach dem Gebet zuzuschlagen. Ihn in der Kirche oder während seinen Gebeten zu ermorden, würde gegen den Assassinen Kodex verstoßen. Altair schlenderte gerade durch den Stadtmarkt und sah sich nach einem Fluchtweg um, den er nach dem Anschlag verwenden konnte. Der Gestank von vermoderten Fisch stieg ihm in die Nase und all die dickbäuchigen Standbesitzer bewarfen den Assassinen beinahe schon mit ihren Waren. Seilin war eine ziemlich heruntergekommene Stadt, die Backsteinhäuser waren allesamt sehr eng aneinander gereiht und schienen jeden Moment in sich zusammenzubrechen. Plötzlich nahm Altair ein ungewöhnliches Geräusch in einer engen Seitengasse wahr. Er entschied sich nach der Ursache zu forschen. Mit der rechten Hand am Schwertknauf schritt der Meuchelmörder in die Gasse, sein Blick untersuchte sofort jedes noch so kleine Detail. Auf einmal sah er eine Frau vor sich stehen. Sie hatte wunderschönes braunes Haar, welches bis zu den Hüften herabhing. Mit ihren kastanienbraunen Augen sah sie ihn liebevoll an.
      „Marie?!“, krächzte Altair. Marie war Altairs Geliebte, bis er sie vor drei Jahren bei einer seiner Missionen verlor. Sie war in derselben Stadt und wartete auf seine Rückkehr. Es sollte sein letzter Auftrag sein, doch irgendwie hatte sein Opfer herausgefunden, dass Marie in der Stadt war und hatte sie vor den Augen Altairs mit einem seiner eigenen Gifttränke ermordet. Maries Mörder wurde kurz darauf selbst von Altair ermordet und dieser beschloss weiterzumachen. Wozu hätte er denn auch aufhören sollen? Schließlich gab es keine Marie mehr. Und nun stand sie plötzlich lebendig vor ihn. Oder war es nur Illusion. Illusion oder nicht, sie deutete Altair näher zu kommen. Er tat wie ihm Geheißen, doch noch bevor er sie berühren konnte, erschallte ein lauter Knall und eine dicke Rauchwolke entstand zwischen den beiden. Als sich der Rauch wieder gelöst hatte, war Marie verschwunden. „Also doch nur, eine Illusion“, murmelte Altair enttäuscht und ging wieder zurück auf den belebten Markt. So wie es aussah hatten die Menschen nichts von dem Knall und der Rauchwolke mitbekommen, denn das fröhliche Preisfeilschen und Waren anbieten schien endlos lange weiterzugehen. Altair beschloss seine Nachforschungen zu beenden und sich für den morgigen Tag vorzubereiten.

      Es war zehn Uhr Früh, als sich Altair seine Kutte anlegte und seine Ausrüstung verstaute. Da die Messe erst in zwei Stunden beginnen und eine weitere andauern würde, beschloss der Assassine sich mental auf seinen Auftrag vorzubereiten. In die Mitte seines Zimmers in der Herberge, stellte er ein Dutzend brennender Kerzen auf. Er setzte sich in voller Kampfmontur in die Mitte, verschränkte seine Beine und schloss die Augen. Kurz darauf begann er, in lateinischer Sprache, ein altes Kampflied der Assassinen zu summen.
      Um kurz vor dreizehn Uhr hatte Altair sein Ritual beendet und erwachte aus der Trance. Mit steinerner Miener verließ er die Herberge und machte sich auf den Weg zur nahegelegenen Kirche. Kurz nach seinem Eintreffen, hörte er auch schon die Glocken läuten, was bedeutete dass die Messe zu Ende war und Risao Zamusi bald die Kirche verlassen würde. Natürlich würde er nicht alleine sein, deshalb musste Altair nachher entweder sehr schnell sein oder aber auch die Leibwächter töten. Letzteres sollte allerdings nur geschehen, wenn es gar nicht anders ginge. Die Kirchentür flog förmlich auf und Risao, nur mit einem dünnen Seidenhemd und khakifarbenen Stoffhosen bekleidet, trat ins Freie. Sofort kamen sechs Männer mit schwerer Rüstung und voll bewaffnet um die Ecke und schirmten den Herrscher Seilis ab. Altair hielt mit seinem Opfer schritt, allerdings ging er auf den Dächern um die Stadt und die mögliche Route der kleinen Kolonne überblicken zu können. Altair hatte beschlossen diesmal aus der Ferne zu agieren, um sich das Geschwätz seines Opfers nicht anhören zu müssen. Er glaubte dies sei auch in Baltamus Korens Sinne. Gerade kam die kleine Kolonne an eine Weggabelung, als Altair blitzschnell eines seiner Wurfmesser zog und ganz genau in Risao Zamusi’s Hals traf. Sofort ging der Herrscher zu Boden, eine Blutlache bildete sich unter seinem leblosen Körper. Seine Beschützer hatten sich relativ bald wieder unter Kontrolle waren aber lange genug überrascht, um Altair die Möglichkeit zu eröffnen, die Flucht zu ergreifen. Sofort hetzten ihn die Soldaten hinter her. Der Assassine hatte seine Verfolger doch etwas unterschätzt, denn als er zurückblickte erkannte er, dass sie doch näher waren als er ursprünglich dachte. Dennoch schaffte er es nach knapp dreißig Minuten, alle Verfolger abzuschütteln und in einem nahegelegenen Wald unterzutauchen. Endlich wiegte er sich in Sicherheit und als er gerade seine Ausrüstung kontrollieren wollte, spürte er kalten Stahl an seinem Hals. Langsam drehte sich Altair um, um seinen Angreifer in die Augen sehen zu können. Vor ihm stand ein fünfzehnjähriger Junge, der angespannt dreinblickte. Auf Grund seines Alters, konnte er seine Ausbildung erst vor wenigen Tagen oder Wochen beendet haben, mutmaßte der Assassine.
      „Keine Bewegung, oder ich töte dich“, drohte der kleinwüchsige Junge. Er bemühte sich redlich furchteinflößend zu klingen, dieses Vorhaben misslang ihn allerdings.
      „Hör zu, du Wicht“, erwiderte Altair mit seiner düsteren und bedrohlichen Stimme. Alleine dieser kurze Satz schien den kleinen Funken Selbstvertrauen des Jungen vernichtet zu haben. „Ich habe nichts gegen dich und ich will dich auch nicht töten, aber wenn du mir nicht auf der Stelle aus den Weg gehst und schön brav nach Hause läufst, dann lässt du mir nun einmal keine andere Wahl.“
      „Du hast meinen Herrscher getötet!“, fauchte ihn der Junge mit Tränen ringend an.
      „Deinen Herrscher?“, spottete Altair. „Du hast doch keine Ahnung warum du Risao gefolgt bist. Verschwinde oder ich muss dich töten.“
      Plötzlich holte der Junge zum Hieb aus und blitzschnell fuhr Altairs Hand unter seine Kutte und holte das Kurzschwert hervor. Die Klinge grub sich in das Herz des Jungen, welcher sein Schwert fallen ließ und krächzend zu Boden fiel. Er lebte noch. Altair wollte ihn nicht leiden lassen und drehte ihn auf den Rücken. „Es tut mir leid“, flüsterte er. „Möge Gott deiner Seele gnädig sein.“ In Sekundenschnelle durchschnitt er dem jungen Mann die Kehle und beendete somit sein kurzes Leben. Altair hoffte, dass nicht noch mehr Soldaten seine Fährte wieder aufgenommen hatten und beschloss einen See oder Bach zu suchen, um das Blut seines jüngsten Opfers abwaschen zu können. Danach würde er seine Reise fortsetzen. Nur noch zwei Tagesmärsche trennten ihn von seiner Heimat und somit vom Lobe Baltamus Korens’.

      Ein bisschen weniger als einen Tagesmarsch hatte Altair noch vor sich, als er weit in der Ferne dichte schwarze Rauchwolken aufsteigen sah. Die Rauchwolken kamen von ungefähr dort wo die Städte Renoo, Rimai, Krava, Desta, Octo und Quadell ihren Standort hatten. Und auch aus der Richtung der Assassinen Unterkunft stiegen dicke Rauchwolken auf. Altair begann zu rennen um schneller an den Ort des Geschehens zu kommen. Was war nur mit seiner Heimat und all den Städten passiert? Er war schon eine Stunde unterwegs, als er mitten auf dem Weg einen regungslosen Körper in weißer Kutte liegen sah. Schnell drehte er den leblosen Körper um und erschrak sogleich als er sah, wer von der Kutte verschleiert war. Es war Claude, sein einziger wirklicher Freund unter den Assassinen. Schnell schleifte Altair seinen Freund vom Weg hinunter und tastete nach seinen Puls. Claude war noch am Leben! Nach einiger Zeit schaffte er es ihn wieder aufzuwecken. Claude sah schwach und verwirrt in Altairs ebenfalls verwirrtes Gesicht.
      „Altair“, sagte er leise. „So habe ich dich doch noch gefunden, alter Freund.“
      „Schone deine Kräfte“, erwiderte Altair. „Sag mir nur, warum bist du hier und was ist mit all den Städten und unserer Unterkunft geschehen?“
      „Baltamus“, stammelte Claude. „Er . . . er ist . . . er . . . hat uns verraten, Altair. Dich, mich und . . . eine handv“, Claude spuckte einmal aus. „Und eine handvoll anderer treuer . . . Ass . . . Assassinen.“ Claude versuchte sich etwas zu beruhigen. Altair starrte seinen Freund ungläubig an. „Baltamus ein Verräter? Aber wieso?“
      „Er wollte, dass du Altair . . . all die Herrscher aus dem Weg räumst da . . .m . . .damit er all die . . . St . . . Städte unterwerfen kann. Er ist völlig durchgedreht. Und nun . . . da du der einzige Assassine bist der noch am Leben und bei vol . . . vollen Kräften und Verstand ist musst du ihn aufhalten. Er ist mittlerweile bestimmt schon in Seili angekommen. Du . . . du musst . . . ihn aufhalten, Altair.“ Dies waren Claudes letzte Worte und Altair war den Tränen nahe. Sein Mentor ein Verräter? Sein bester und einziger Freund tot? All die anderen Assassinen Verräter? Er begrub seinen Freund uns sprach ein stilles Gebet. Gleich darauf machte er sich auf den Rückweg nach Seili um Baltamus Korens und seine Schar zur Rechenschaft zu ziehen. Außerdem würde er all die unterdrückten Völker befreien, dass schwor er Claude und auch sich selbst, egal wie viele Menschenleben sein Vorhaben noch kosten würde.

      Altair hatte auf einer Anhöhe, knapp dreihundert Meter vom Haupttor der Stadt Seili entfernt Stellung bezogen und richtete sich einen Plan zu recht. Mit etwas Glück waren die Assassinen ihrem Herrscher nicht freiwillig gefolgt, sondern standen unter einem bösen Zauber. Wenn dem so war, dann musste er lediglich Baltamus Korens töten und all die anderen Assassinen würden wieder zu selbstständig denkenden Menschen werden. Wenn sie ihrem Herrscher allerdings doch aus freien Stücken gefolgt sind, so würde es für Altair umso schwieriger werden mit dem Leben davonzukommen. Er verharrte bis zum Einbruch der Dunkelheit auf der Anhöhe und als diese zwei Stunden später schließlich hereinbrach, begann Altair sich der Stadt zu nähern. Sie war wohl schon unter Baltamus’ Kontrolle, denn die Wachposten waren allesamt Assassinen, allerdings hatten diese keine weißen Kutten mehr an, sondern rote. Altair war verwundert, dachte aber nicht weiter darüber nach. So sehr er diese Leute auch verabscheute, einen Assassinen zu töten, widersprach gegen den Ehrenkodex, den er nun leider brechen musste. Er konnte unmöglich an Baltamus herankommen, ohne vorher einige Assassinen aus dem Weg geräumt zu haben. Er würde einfach versuchen, so wenige Clan Mitglieder wie möglich zu töten, um zu Baltamus gelangen zu können. Wie ein Schatten so schnell und wie eine Katze so geschickt und leise, lief Altair auf die beiden Wachen zu und tötete sie mit einem kurzen Schwerthieb. Lautlos fielen die beiden beinahe gleichzeitig zu Boden. Altair versteckte ihre Leichen hinter einem nahegelegenen Baum und kletterte dann die Stadtmauer entlang. Oben angekommen, tötete er eine weitere, allerdings schlafende, Wache. Auch diesen Mord vollzog er äußerst lautlos. Eine Stunde lang schlich er auf Dächern und an Hausmauern entlang und versuchte den Assassinen aus dem Weg zu gehen. Schließlich konnte er unbemerkt in ein verlassenes Haus in der Nähe des Hauptplatzes eindringen und dort die Nacht verbringen. Am nächsten Morgen wurde er durch eine ihm sehr gut bekannte Stimme geweckt, welche vom Hauptplatz aus, zu ihm vordrang. Es war Baltamus Stimme, der vor seinen Schergen gerade eine Rede hielt. Altair schlich auf das Dach hinauf und blickte hinunter auf seinen einstigen Mentor. Er beschloss ihn aus der Ferne zu töten und dann abzuwarten, ob sich die anderen Assassinen veränderten oder nicht. Gerade zog er eines seiner Wurfmesser als er einen harten Schlag an den Hinterkopf abbekam und sofort sein Bewusstsein verlor.

      Altair erwachte, als eiskaltes Wasser in sein Gesicht gespritzt wurde. Sofort registrierte er, dass er mit den Armen an einem Pfahl gefesselt war und ihm gegenüber stand Baltamus Korens. Zornig versuchte Altair ihn zu treten, schaffte es jedoch nicht. Belustigt von dem Anblick seines früheren Schülers fing Baltamus lauthals an zu lachen.
      „Sei gegrüßt, mein Schüler“, begann er spöttisch. „Ihr habt lange gebraucht, um zu verstehen, was vor sich geht, aber Ihr habt es immerhin geschafft. Meine Glückwünsche sind Euch gewiss.“ Baltamus fing an um den Pfahl zu kreisen und wandte sich dann an die Assassinen und Krieger die ringsherum standen. „Meine Freunde. Dies ist Altair. Einst mein größter und bester Schüler. Ich wäre stolz gewesen ihm eines Tages meinen Rang und meine Stelle als Führer im Orden anbieten zu können, aber sein Hochmut, seine Sturheit und sein Drang alles zu hinterfragen, hat diesen Mann zu unserem Feind gemacht“, Baltamus hielt kurz inne. „Da er meinen Rang nun nicht mehr bekommen kann, wird nun mein neuer bester Schüler, die Ehre erhalten diesen Verräter seiner gerechten Strafe zuzuführen.“
      Baltamus sah sich um. „Claude!!“, schrie er. Altair sah verwirrt auf, als er seinen Freund, der in seinen eigenen Armen gestorben war, auf ihn zukommen sah. Claude lächelte ihn an. „Du fragst dich nun bestimmt was hier vor sich geht, nicht wahr?“ Es ist ganz einfach erklärt, wir haben dich mit einem Zauber getäuscht. Was du gesehen hast, war eine sterbende Illusion von mir, die dich hier her schicken sollte. Und natürlich haben wir alle deine Schritte verfolgt, teilweise sogar geleitet.“ Claude lächelte. „Jetzt sieh mich doch nicht so an, du bist doch derjenige der immer gesagt hat, je mehr Freunde man hat, desto mehr Menschen können einen verraten. Du hättest auf dich hören sollen, mein Freund. Bindet ihn los!“, schrie er. Sofort kamen zwei Assassinen hinzu und schnitten die Schnüre an Altairs Handgelenken ab. Dieser fiel zu Boden und grunzte Zornig, als er das selbstgefällige Lächeln seines ehemaligen Freundes sah. Dieser warf seinen Widersacher stumm ein Langschwert entgegen und der Kampf hatte begonnen. Claude versuchte auf Altairs rechte Schulter einzuschlagen, doch der schaffte es rechtzeitig sich abzurollen und seinerseits einen Hiebversuch anzubringen, welcher allerdings ebenfalls abgeblockt war. Wenigstens schaffte es Altair endlich aufzustehen und so entwickelte sich ein Kampf zwischen zwei Assassinen die sich in- und auswendig kannten. Baltamus Korens schien gedacht zu haben, dass Altair zu schwach wäre, um sich zu wehren, doch dieser machte seinem ehemaligen Mentor nicht den Gefallen und gab sich geschlagen. Er würde bis zum letzten Blutstropfen kämpfen und das Baltamus etwas anderes erwartet hatte, bewies dem Assassinen, dass dieser ihn eigentlich gar nicht wirklich kannte. Nun versuchte Claude die Knie Altairs zu erwischen, doch er wich geschickt aus und streifte mit seinem Schwert die rechte Wange seines Gegners. Dieser schrie wütend auf und hämmerte auf das Schwert Altairs ein. Aber wieder schaffte er es mit einer seitlichen Rolle den Schlägen zu entkommen und zerschmetterte mit seiner Klinge die Kniekehlen Claudes, welcher vor Schmerzen schrie. Ein Raunen ging durch die zuschauenden Assassinen, als Altair sich über Claude beugte und zum tödlichen Hieb ausholte. Doch plötzlich ließ er sein Schwert fallen und Blut rann aus seinen Mundwinkeln. Noch bevor er auf Claude fiel, robbte dieser sich zur Seite und Altair landete hart auf dem Steinboden des Hauptplatzes. Altair schnappte nach Luft, als er Schritte hinter sich wahrnahm. Eine dünne Hand griff nach dem Messer und zog es mit einer schnellen Bewegung aus dem Rücken. Der Assassine schrie auf und verlor gleich darauf noch mehr Blut. Die Person, die das Messer herausgezogen hatte, drehte Altair um und dieser brachte kein Wort heraus. Kastanienbraune Augen schauten ihn an und elendlanges braunes Haar hängte bis in sein Gesicht.
      „Marie“, stammelte er. „Bin ich im Himmel?“
      „Nein, mein Liebster“, erwiderte die Frau. „Aber bald wirst du dort oben eintreffen. Vorher möchte ich dir noch eine Geschichte erzählen: Genauso wenig wie Claude in deinen Armen gestorben ist, bin ich auch nicht in deinen Armen gestorben. In Seili sind wir uns allerdings wirklich begegnet. Nach meinem Tod“, Marie musste unwillkürlich lachen. „Nach meinem tragischen Ableben vor drei Jahren, habe ich Baltamus mit all den nötigen Informationen versorgt, die er brauchte um diesen Siegeszug zu feiern. Ich war es auch, die ihm die Menschen nannte, die du töten solltest. Ohne dich, Liebster wären wir nie so weit gekommen. Und nun nach drei Jahren, haben wir es endlich geschafft. Ich danke dir!“, Marie beugte sich vor und gab den bewegungsunfähigen Altair einen Kuss. „Aber . . . alles eine Lü . . . Lüge?! All . . .es war seit Jahren . . . geplant? Du . . .ha . .mich . . . nie geliebt?!“, stammelte er. „Du alter Charmeur“, erwiderte Marie. „Nein, du warst ein Teil des Plans und nun wird es Zeit für dich in den Himmel zu gehen. Möge Gott deiner Seele gnädig sein.“
      Marie ging festen Schrittes zu dem immer noch vor Schmerzen stöhnenden Claude, nahm sein Schwert und rammte es in Altairs Brust. Das letzte was Altair sah waren die dunklen Rauchwolken am Himmel und das letzte was er in seinem Leben hörte, waren die lachenden Stimmen von Marie und Baltamus. „Nie geliebt“, wiederholte er. „Ich war ein . . . Werkzeug, all die Jahre“, stammelte der sterbende Assassine, als sich seine Seele des nun überflüssig gewordenen Körpers entledigte und ins Himmelreich aufstieg, um Frieden vor dem dunklen Zeitalter, welches sich nun anbahnte, zu finden.
      Nicht weil es schwierig ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen ist es schwierig

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von Tony_Almeida88 ()

    • @Tony_Almeida88: Eine sehr schön geschriebene Geschichte. Auch wenn ich die Charaktere nicht kenne, zieht einen die Erzählung unwillkürlich in ihren Bann. Am Ende muß der Hauptheld noch im Sterben erkennen, daß er nur ein Werkzeug war ... ein Mittel zum Zweck. :13:

      Übrigens eine tolle Idee, ein Thema im Off-Topic-Bereich zu eröffnen, das sich als Sammelbecken für die unterschiedlichsten Geschichten und Fanfics außerhalb von 24 versteht. Ich hatte selbst schon einige Male mit diesem Gedanken gespielt, da in meinem Kopf seit langem mehrere Ideen zu Geschichten ohne Bezug zu 24 herumgeistern. Warum sollen nicht alle Schreiberlinge hier im Forum an dieser Stelle mal all ihre Geschichten einstellen, damit man sie gemeinsam lesen und diskutieren kann. Gerade das macht doch wohl für jeden von uns Schreibbegeisterten den Reiz am Schreiben aus: Menschen zu finden, die unsere Stories lesen und ihren Senf dazugeben. In diesem Sinne: Danke für das Topic und die erste Geschichte dazu! Ich hoffe sehr, auch andere "AutorInnen" fassen sich ein Herz und posten hier ihre kleinen und großen "Werke". Das ist ganz sicher eine weitere Bereicherung für unser Forum! :daumen:

      Und ich bin gewiß, daß ich in naher oder ferner Zukunft auch mal eine kleine Story von mir hier einstellen werde. Mal schauen, wann das Kribbeln in den Fingerchen mich übermannt ... :cool1:
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      Exklusiver Ort all meiner neuen Autor-(isierten) Hirngespinnste: SchreiberLink24.de
    • @ sven1421: freut mich sehr, dass dir sowohl die Geschichte als auch das Topic an sich gut findest :)
      Allerdings kannst du die Charaktere auch gar nicht kennen, da sie bis auf Altair frei erfunden sind. Und bei Altair hab ich eigentlich auch nur den Namen geklaut, somit ist eigentlich alles meiner Fantasie entsprungen - die Geschichte sowieso!

      Ich werde bei Gelegenheit natürlich wieder etwas veröffentlichen, freue mich aber auch wieder auf eine deiner Stories und natürlich auf alle die dass Bedürfnis haben uns an einer Geschichte teilhaben zu lassen.

      EDIT: So, ich hab jetzt einfach mal sven's Idee geklaut und auch ein Kurzgeschichten Topic eröffnet. Ich würde mich freuen, wenn mehr von euch den Verrat der Assassinen lesen würden und die nun folgende Geschichte. Diese Geschichte habe ich im Alter von vierzehn Jahren verfasst und wirkt deswegen vielleicht noch etwas kindlich, über eure Meinungen würde ich mich aber trotzdem freuen, ganz einfach auch deswegen, weil ich speziell zu dieser Story nur sehr wenig Feedback von meinen Verwandten und Freunden bekommen habe. (Brandneue Kurzgeschichten sind mittlerweile auch wieder in Arbeit und werden bei Interesse natürlich veröffentlicht)

      Die Traumwanderung

      „Muss ich da morgen wirklich hin gehen, Mami?“, fragte Rebecca flehend, doch das Kopfnicken ihrer Mutter zeigte ihr schon, dass die Antwort nicht so ausfallen würde, wie sie es gerne gehabt hätte. „Ach Kind, jetzt wehr dich doch nicht so dagegen. Es ist ein Vormittag im Naturhistorischen Museum, das kann doch wirklich nicht so schlimm sein.“ Naturhistorisches Museum schon alleine der Name war furchtbar und Rebecca vermutete, dass der Vormittag wohl eher die Länge einer ganzen Woche haben wird. Die Schule dauerte schon lange genug, aber dann noch ein Ausflug in ein Museum? Das würde ziemlich sicher in einer Katastrophe enden. Allerdings ließ sich Rebecca nicht so leicht abwimmeln: „Aber was wenn ---“, begann sie, doch ihre Mutter unterbrach sie sofort. „Becky Schätzchen kein aber. Du gehst morgen dahin und damit Schluss. Und jetzt schlaf mein Kind.“ Sie drückte ihr noch einen Kuss auf die Wange, verließ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. „Blöde Schule“, flüsterte Rebecca und versank mit dem Kopf trotzig in ihrem Kopfkissen. Kurz darauf schlief das kleine Mädchen auch schon tief und fest. Sie träumte von den Sommerferien, auf die sie noch vier Monate lang warten musste und auf welche sie sich schon sehr freute, weil sie mit ihren Eltern dann für zwei Wochen ans Meer flog. Nur sie, Mama und Papa, das würde bestimmt schön werden. Doch der Traum verging und machte Platz für kleine Ponys und starke Pferde die frei wie der Wind durch den Wald ritten. Einmal so ein stolzes Pferd reiten, etwas Schöneres kann es doch gar nicht geben. Doch schon bald verschwanden die Pferde im dichten Nebel am Waldesrand und an ihre Stelle trat das Gesicht eines alten Mannes, der sie mit einem schrillen aber sympathischen Hallo begrüßte. Rebecca erschrak sich ein wenig, dieser Traum kam ihr so real vor, aber sie schlief tief und fest, da war sie sich sicher. Kurz darauf war auch das Gesicht des alten Mannes verschwunden und vor ihrem geistigen Auge trat einzig und allein eine einsame Schwärze. Plötzlich spürte sie, dass sie etwas in die Rippen stieß und hörte die Worte: „Na los, wach endlich auf du kleines Geschöpf. Du bist doch nicht etwa tot, oder doch?“ Die Stimme kam ihr auf eine seltsame Art und Weise sehr vertraut vor und als sie sich erfolgreich dazu zwang die Augen zu öffnen, war ihr zum Schreien zumute, doch eine unsichtbare Macht hielt sie davon ab. Aus ihrem Mund strömte nur ein klägliches Krächzen. Als sie sich wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte, musterte sie das Wesen, das vor ihr stand von Kopf bis Fuß. Rebecca sah das Gesicht des alten Mannes aus ihrem Traum vor sich, welches liebevoll aber schelmisch zugleich lächelte und den Falten zufolge mindestens einhundert Jahre alt sein musste, so vermutete Rebecca. In seiner knochigen rechten Hand hielt er einen dicken Gehstock aus Zedernholz. Dieser Stock, so mutmaßte das kleine Mädchen, war wohl der Gegenstand den sie in die Rippen gestoßen bekommen hatte. Es war nicht mehr als ein anstoßen gewesen, aber für ein Mädchen im zarten Alter von neun Jahren, war es ein kräftiger Schlag und der tat gebührend weh. Der alte Mann hatte eine mittelalterlich aussehende graubraun gestreifte Weste und eine khakifarbene Stoffhose an. Über Geschmack lässt sich streiten, sagt Papi immer, dachte Rebecca. „Hallo“, sagte der alte Mann, in genau derselben Tonlage wie vorhin im Traum. „Hast du mich vorhin nur nicht gehört, meine kleine oder bist du ein unhöflicher Mensch? Weißt du unhöfliche Menschen sind heutzutage nicht gerne gesehen. Oder bist du gar taub? Und das in deinem zarten Alter, ach du armes Geschöpf“, belustigt von sich selbst legte er ein kleines Tänzchen hin und schwang dabei seinen Gehstock in der Luft herum. Rebecca hoffte, dass der alte Mann nicht gleich umfallen und eine Herzattacke erleiden würde. Andererseits war sie über den Sarkasmus und den schlechten Witz, welcher auf ihre Kosten ging, verärgert. „Wer sind sie?“, fragte das Mädchen so cool, wie es einer neunjährigen eben möglich war, die Begrüßung ließ sie bewusst weg. Der alte Mann unterbrach seine Tanzeinlage und setzte sich auf den Stuhl neben Rebeccas Bett. „Also doch unhöflich“, sagte er ernst, soweit dass mit seiner schrillen Stimme überhaupt möglich war. „Aber das werde ich dir schon austreiben“, fügte er lächelnd hinzu und Rebecca konnte für einen kurzen Augenblick mindestens zwei oder drei Goldzähne ausfindig machen. „Sie haben meine Frage nicht beantwortet“, sagte sie. „Bitte sagen Sie mir, wer Sie sind und was Sie von mir möchten“, das Mädchen hatte all ihren Mut zusammengenommen um diese Frage zu formulieren und wartete nun gespannt auf die Antwort des fremden Besuchers. „Siehst du mein Kind. Bitte ist ein sehr höfliches Wort und um nun auf deine Frage einzugehen: Mein Name ist Caro und ich bin ein Engel mit einer Mission“, Caro hielt inne um das gesagte ein bisschen einwirken zu lassen. „Ein echter Engel?“, fragte Rebecca etwas skeptisch. „Ja ein waschechter sogar“ erwiderte Caro grinsend. „Aber wo ist Ihr Heiligenschein und warum kann ich sie so gut sehen?“, Rebeccas Angst und Scheu machten jetzt für ihre Neugierde Platz. „Engel wie du sie kennst, sehen nur in Märchen so aus. Wirkliche Engel sehen meist, wie ganz normale alte Menschen aus, außer diejenigen die schon in jungen Jahren gestorben sind. Ich hatte das Privileg hundertundein Jahre alt zu werden, wie man unschwer erkennt und du vorhin richtig erraten hast.“, zwinkernd streichelte er dem kleinen Mädchen über die blonden Locken. Also kann er auch meine Gedanken lesen, dachte Rebecca. Oh je, was ist wenn er das jetzt auch gelesen hat? „Aber mehr erzähle ich dir ein andermal“, sagte Caro plötzlich. „Jetzt zurück zu meiner Mission. Mir ist aufgetragen worden dich mitzunehmen und vor Tagesanbruch wieder hier abzusetzen“ „Wo hin nehmen Sie mich denn mit, Caro?“, fragte das Mädchen. „Und muss ich wirklich vor Tagesanbruch wieder hier sein“
      „Ja, das musst du meine kleine“, antwortete Caro und erhob sich von dem Stuhl. „Aber wohin gehen wir denn jetzt?“, fragte Rebecca noch einmal. Caro drehte sich zu ihr herum, grinste schelmisch und sagte: „Wohin wir gehen? Auf eine kleine Wanderung!“ Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, schnippte er zweimal mit den Fingern und verschwand mit Rebecca in einem Blitzstrahl. Das leere Bett mit dem aufgewühlten Bettzeug blieb im dunklen Zimmer zurück. Doch, dass sollte nur bis zum Morgengrauen so sein.
      Als das grelle Licht, welches kurz nach ihrem Verschwinden entstand, sich endlich lichtete, versuchte Rebecca zaghaft die Augen zu öffnen. Nach dem dritten Versuch hatte sie es dann auch geschafft und war über das was sie sah einfach nur sprachlos. Das Mädchen und der Engel schienen hoch oben im Weltall zu schweben, denn um sie herum war es pechschwarz. Bis auf die grellen Punkte rundherum. Das mussten Sterne sein, vermutete Rebecca. Plötzlich blieb ihr Blick aber an einem Bild hängen, welches wie ein Kästchen in den vielen Comicheften die Rebecca so gerne las oder vorgelesen bekam, aussah. Das Verwunderliche daran war allerdings, dass sich die Charaktere in diesem Kästchen zu bewegen schienen und, was viel unglaublicher war, sie sich selbst beobachtete. Caro hatte den erstaunten Blick des Mädchens bemerkt und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Ja, Rebecca“, sagte er immer noch grinsend. „Das bist du. Weißt du wo du da gerade bist?“ „In der Schule“, antwortete Rebecca, noch immer verwirrt. „Was hat das zu bedeuten, Caro?“, fragte sie. „Sieh selbst, Schätzchen“; sagte der Engel nur und schnippte sogleich erneut mit den Fingern. Plötzlich war es als würde sich Rebecca im Inneren des Kästchens aufhalten. Sie konnte alles genau sehen und hören, sich jedoch selbst nicht rühren. Angst verspürte sie allerdings keine und so lauschte sie gespannt auf das Szenario, das sich vor ihr abspielte.
      „Ich habe die Hausaufgabe schon gemacht, Fr. Lehrerin“, sagte Rebecca, diejenige die im Kästchen war. „Und warum hast du sie dann nicht mit?“, fragte die Lehrerin. „Ja . . . wissen Sie, unser Hund, ja genau, der Hund hat sie aufgefressen“, Rebecca rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her. „Ach, papperlapapp. Dein Hund, wie? Ihr habt doch gar keinen Hund. Das weiß ich von deinem Vater, Kind. Und den muss ich jetzt leider schon wieder anrufen. Du wirst diese Klasse nicht schaffen, wenn du so weiter machst. Willst du das? Die Klasse wiederholen?“, ohne eine Antwort abzuwarten, sprengte die Lehrerin förmlich zur Türe hinaus. „Aber . . . das ist doch genau, dass was gestern in der Schule passiert ist“, stotterte die echte Rebecca. „Mhm“, antwortete Caro. „Und nebenbei bemerkt, die Ausrede mit dem Hund war auch nicht gerade die beste“, er zwinkerte ihr zu und bedeutete ihr, sich wieder auf das Geschehen zu konzentrieren.
      „Dein Vater war nicht erfreut über meinen Anruf, Becky“; sagte die Lehrerin, die vor kurzem wieder in das Klassenzimmer gekommen war und gerade einen Eintrag in Rebeccas Mitteilungsheft machte. Rebecca fragte sich, wozu sie das tat, schließlich hatte sie doch sowieso gerade zu Hause angerufen? Na ja, sie ist eben eine Lehrerin, dachte sich Rebecca. Danach ging der Unterricht eine Weile lang ohne größere Zwischenfälle weiter, doch dann näherte er sich dem Ende und der echten Rebecca wurde etwas flau im Magen, schließlich wusste sie was jetzt kommen würde und sie wollte aus irgendeinem Grund nicht, dass es der Engel sah, doch sie dachte sich, dass er es wohl ohnehin schon wissen würde. Caro konzentrierte sich grinsend auf das Geschehen unter ihnen. Verdammt, er hat wieder meine Gedanken gelesen, dachte das Mädchen. Mist. Und wenn er das nun auch wieder gelesen hat? Allerdings hatte sie keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn ihre eigene Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Aber Fr. Lehrerin“, begann sie. „Sie wissen doch genauso gut, wie die anderen und ich, dass meine Hausaufgaben wieder von meinem Hund gefressen werden. Also warum geben Sie uns überhaupt eine?“ Rebecca versuchte sich von der Standpauke die nun folgte weg zu drehen, doch eine unsichtbare Kraft, die von Caro, wie sie dachte, machte sie bewegungsunfähig. Zum Glück war es dann aber der Engel der das Wort an sie wandte und sie somit von dem Geschehen ablenkte. „Ein ganz schön großes Mundwerk hast du für dein Alter“, sagte er in seiner schrillsten Tonlage, was sehr schwer war, denn seine Stimme war ohnehin schon ziemlich schrill. „Sie waren in meinem Alter bestimmt genauso“, versetzte das Mädchen trotzig. „Nein ich war eher so wie der da“, sagte der Engel und deutete mit dem Zeigefinger wieder hinunter. Rebecca folgte dem Finger und sah wiederum sich selbst, wie sie einem Jungen mit großer Brille und schäbiger Kleidung eine Kopfnuss verpasste und mit ihren Freundinnen lauthals zu lachen begann, nur um gleich darauf von der Lehrerin geschnappt und weg geschleift zu werden. „Warum hast du das getan?“, fragte Caro. „Weil er uncool ist“, sagte Rebecca, mittlerweile schon etwas zornig. Die Fragen des Engels gingen ihr allmählich auf die Nerven. „Und was wäre, wenn das jemand mit dir täte?“, bohrte der Engel nach. „Ach richtig“, sagte er dann, ohne eine Antwort abzuwarten. „Du gehörst ja zu den coolen“, fuhr er mit unüberhörbarem Sarkasmus fort. Rebecca starrte trotzig ins Nichts. Caro sah sie noch eine Weile grinsend an, schnippte wiederum mit den Fingern und sie entfernten sich immer weiter von dem Kästchen, bis es schließlich ganz verschwunden war. „Und nun, wollen wir sehen, was du alles im Museum anstellen wirst.“ „Sie können auch meine Zukunft sehen?“, fragte Rebecca ungläubig. Ihr Zorn über die Fragen des Engels war so gut wie vergangen und machte ihrer Neugierde Platz. Caro lächelt schelmisch, so wie es Rebecca mittlerweile schon kannte, schnippte noch einmal mit den Fingern und ein neues Kästchen, welchem sie sich näherten, öffnete sich. Nun sah Rebecca und ihre Klasse und sich im Naturhistorischen Museum. Mit einem Grinsen stellte sie fest, dass sie während des gesamten Ausfluges nur Unsinn mit ihren Freundinnen trieb, den armen Jungen, welchem sie am Vortag eine Kopfnuss verpasst hatte, mobbte und eine Schelte nach der anderen einfuhr. „Dir gefällt was du siehst?“, fragte der Engel. „Ja“, antwortete Rebecca knapp. „Immerhin habe ich einen langweiligen Ausflug mit Hilfe meiner Freundinnen zu einem richtigen Abenteuer gemacht“, sagte sie stolz. Der Engel schnippte kopfschüttelnd mit den Fingern und blitzschnell fand sich das Mädchen inmitten eines weißen Raumes wieder. Sie saß auf einem weißen, gemütlichen Stuhl, ihr gegenüber saß der Engel. „Was passiert jetzt?“, fragte sie ein wenig verängstigt. Caro grinste. Allmählich fragte sie sich warum er andauernd grinste. Vielleicht war er ja einmal ein Clown, dachte sie und konnte sich ihrerseits ein Grinsen nicht verkneifen. „Ein Clown war ich nicht. Aber etwas Ähnliches“, sagte Caro zwinkernd an Rebecca gewandt. Schon wieder hat er meine Gedanken gelesen. Ich darf einfach nicht mehr denken, dann schalte ich seine Fähigkeit bestimmt ab, dachte Rebecca. „Jetzt“, sagte der Engel, die Gedanken des Mädchens ignorierend. „Zeige ich dir wie deine Eltern auf dein Verhalten in der Schule reagieren wenn du dich weiterhin so respektlos und uninteressiert verhältst“, kaum hatte er die Worte zu Ende gesprochen, schnellte auch schon ein Fernseher knapp vor Rebeccas Stuhl, aus dem Boden heraus und schaltete sich scheinbar von selbst an. Rebecca sah ihre Eltern auf dem Bildschirm und lauschte gespannt. „Das was du nun siehst, ereignet sich übrigens erst in einem Jahr“, flüsterte Caro immer noch grinsend.
      „Ich weiß einfach nicht mehr weiter mit Becky“, hörte sie ihre Mutter sagen. Ihr Vater saß resignierend neben ihr. „Hat ihre Lehrerin heute schon wieder angerufen?“, fragte er. „Allerdings. Und diesmal hat sie sogar einen Mitschüler die Treppen hinunter gestoßen und ist dafür für eine Woche vom Unterricht ausgeschlossen worden“, Mutter stand auf und ging zur Minibar, zog eine Flasche Schnaps hinaus und füllte die zwei Gläser die auf dem Tisch standen beinahe zur Gänze auf, nur um das ihre gleich wieder zu leeren, um erneut nachschenken zu können. Ihr Mann nahm ihr die Flasche aus der Hand und schloss sie in die Arme, woraufhin sie leise zu schluchzen begann. „Beruhig dich doch, mein Schatz“, sagte Vater, welcher selbst den Tränen nahe war. „Sie ist in einer sehr schwierigen Phase“, fuhr er fort. „Ich werde gleich morgen mit ihr reden und ihr klarmachen, dass es so nicht weitergehen kann. Außerdem werde ich dem Mädchen ihre Comichefte wegnehmen. Ich glaube die Dinger bringen sie sowieso nur auf dumme Gedanken und dann wird sie solange im Zimmer bleiben bis sie all ihre Hausaufgaben nachgeschrieben hat. Und den Urlaub den wir für heuer geplant haben werden wir auch platzen lassen und nicht auf ihre Überredungskünste hereinfallen, so wie letztes Jahr.“ Mutter löste sich aus der Umklammerung und sah ihren Mann mit verweinten Augen an. „Okay, tu das“, sagte sie nur. Gleich danach griff sie nach der Flasche und schenkte sich erneut nach.
      Langsam verschwand der Fernseher wieder im Boden und Rebecca starrte Caro ungläubig an. Auch er grinste nicht sondern erwiderte ernst aber mitfühlend ihren Blick. „Aber . . .“, begann sie. „Ich wollte doch nie, dass Mama oder Papa meinetwegen traurig sind. Und meine Comichefte bringen mich bestimmt nicht auf dumme Gedanken“, sagte sie. „Warum sind Mama und Papa so traurig?“, fragte sie an den Engel gewandt. „Weil du ein schlimmes und unakzeptables Verhalten an den Tag gelegt hast“, erwiderte dieser im mahnenden Tonfall. „Und sei froh, dass ich dir nicht gezeigt habe, wie sich der uncoole Junge in deiner Klasse fühlt, wenn er ganz alleine zu Hause ist“, fügte er hinzu. Rebecca war nun sehr traurig, wusste aber nicht so recht was sie sagen oder tun sollte. „Ich sehe du bist auf dem rechten Weg“, sagte Caro. „Aber erst die Hälfte hast du hinter dir. Komm lass uns weiterziehen“, sagte er, nun wieder grinsend. „Weiterziehen?“, fragte Rebecca. „Aber wohin denn noch?“
      „Lass dich überraschen, meine Kleine“, erwiderte er und schnippte sogleich in gewohnter Manier mit den Fingern. Der Raum begann sich schimmernd aufzulösen und es schien als würden sie sich immer weiter von ihm entfernen, doch es war genau umgekehrt. Der Raum entfernte sich von ihnen, bis er schließlich außer Sichtweite war und sich die Sterne um sie herum wieder auf ihre Plätze begaben. Caro ergriff als erstes das Wort. „Jetzt wirst du sehen, wie es wäre wenn du eine brave Schülerin wärst. Sieh genau hin!“, sagte er, schnippte mit den Fingern und blitzschnell öffnete sich ein weiteres Kästchen, welchem sie sich in einem angenehmen Tempo näherten. Wiederum sah Rebecca ihre Klasse und sich selbst im Naturhistorischen Museum. Sie lauschte und beobachtete angespannt. Rebecca bemerkte, dass sie ihre Freundinnen, die unbeirrt Blödsinn trieben einfach ignorierte und aufpasste was ihnen die Mitarbeiterin des Museums zu sagen hatte. Dadurch erkannte sie, dass man bei so einem Ausflug durchaus etwas lernen konnte: sie erfuhr einiges über Fossilien, Reptilien, Insekten und andere Lebewesen. Außerdem, davon war sie nun überzeugt, war die Natur an sich viel interessanter als sie bis jetzt dachte. Der Engel hatte wohl wieder ihre Gedanken gelesen, denn zufrieden schnippte er erneut mit den Fingern und das gewohnte Sternenbild umgab die beiden wieder. „Wow“, sagte Rebecca immer noch überwältigt von den vielen schönen Dingen, die sie gehört und gesehen hatte. „Soviel interessante Dinge. Wird das morgen alles wirklich so geschehen, wenn ich denn brav bin?“, fragte sie. Caro nickte grinsend. „Ja, meine kleine und nicht nur das. Deine Eltern werden sich keine Sorgen machen, dir deine Comichefte nicht wegnehmen und den Urlaub, auf den du dich jedes Jahr so sehr freust, nicht streichen. Aber das geht nicht wenn du nur diesen einen Tag brav sein wirst. Du musst schon stetig so sein“, Rebecca senkte etwas enttäuscht den Kopf. „Auch in der Schule?“, fragte sie. Wieder nickte der Engel. „Aber auch in der Schule gibt es tolle Sachen zu lernen, du wirst schon sehen. Natürlich nicht immer, aber da musst du durch. Übrigens: du wirst dich mit dem Jungen, dem du eine Kopfnuss verpasst hast, noch sehr gut anfreunden“, zwinkernd tätschelte er dem Mädchen das Haupt. „Aber . . . dann werden mich doch die anderen auch für uncool halten, oder?“, fragte das Mädchen, doch aus dem Grinsen des Engels hatte sie bereits erkannt, dass es gar nicht wichtig war, ob einen die anderen für cool oder uncool hielten. Wieder nickte der Engel aufmunternd und sagte: „Übrigens: die anderen Mädchen halten dich für sehr cool und werden es dir gleich tun. Und der junge wird sein Glück gar nicht fassen können, wenn er plötzlich eine Horde junger, cooler Mädchen zu seinen Freunden zählen kann. Rebecca grinste. „Aber nun wird es Zeit“, sagte Caro. „Der Tag erwacht und auf dich wartet ein lehrreicher Ausflug ins Museum. Meine Mission kann nun als erfüllt betrachtet werden.“
      Sogleich schnippte er noch einmal mit den Fingern und die glitzernden Sterne rund um Rebecca fingen an immer undeutlicher zu werden, bis sie schließlich ganz verschwunden waren. Wie zum Beginn der Reise, oder der Wanderung, so wie Caro es genannt hatte, wurde das Mädchen wieder von einem grellen, aber nicht bedrohlichen Licht umgeben und als sie die Augen wieder öffnete war sie wieder in ihrem Zimmer. Ein Blick auf die Uhr über ihrer Zimmertür, verriet ihr, dass sie in einer halben Stunde aufstehen müsste. Außerdem fand sie es ein wenig eigenartig, dass sie sich kein bisschen müde fühlte, wo sie doch die ganze Nacht unterwegs gewesen war. Grinsend stand sie auf und ging zu ihrem Kleiderschrank um sich anzuziehen und für die Schule fertig zu machen.
      „Ob ich sie heute wohl aus den Federn bekomme?“, fragte Mutter. „Aber ja“, antwortete Vater. „Wenn nicht, dann schleife ich sie mitsamt dem Bett ins Museum. Das Mädchen muss endlich lernen, dass es auch andere Dinge im Leben gibt, außer Unsinn treiben.“
      „Guten Morgen“, die Stimme Rebeccas ließ ihre Eltern auffahren. Erfreut über die erstaunten Blicke der beiden ging sie zum Kühlschrank und bereitete sich ihr Frühstück. „Warum bist du denn schon munter, Schatz?“, Mutter war es, die als erstes ihre Stimme wieder fand. „Na ja, ich geh’ doch heute mit meiner Klasse ins Museum und da möchte ich auf keinen Fall zu spät kommen“, antwortete Rebecca und ihr Vater verschluckte sich beinahe an seinen Cornflakes. „Was ist denn mit dir passiert? Hast du in der Nacht irgendetwas Bestimmtes getrieben, von dem du nicht willst, dass wir es herausbekommen?“, fragte er skeptisch. Rebecca hatte sich mittlerweile an den Tisch zu ihren Eltern gesetzt und nun ihrerseits genüsslich damit begonnen ihre Cornflakes zu essen. „Ja“, sagte sie schmatzend. „Aber nichts schlimmes“, fügte sie hinzu. „Also raus mit der Sprache“, sagte ihr Vater, ein bisschen verärgerter als er wirklich klingen wollte. „Wo warst du?“ „Wo ich war?“, fragte Rebecca grinsend. Sie versuchte dabei so auszusehen wie Caro bei ihrer ersten Begegnung, aber es gelang ihr nicht ganz und so glich ihr Gesicht jetzt mehr einer Fratze. „Auf einer Wanderung!“, sagte sie und schnippte vergnügt mit den Fingern. Als sie sah wie verdutzt sich ihre Eltern ansahen, fing sie lauthals zu lachen an, stand auf, drückte ihnen einen Abschiedskuss auf die Wangen und verließ das Haus um in die Schule zu gehen.
      Nicht weil es schwierig ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen ist es schwierig

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    • Tony_Almeida88 schrieb:

      So, ich hab jetzt einfach mal sven's Idee geklaut und auch ein Kurzgeschichten Topic eröffnet.
      Na, ob dieser Ideenklau ungestraft bleibt, darüber red ich noch mit unserem Inspektor! :grin_still: Ne, im Ernst, was soll ich sagen - außer WOW und Respekt! Eine rundum gelungene Geschichte, die noch dazu eindeutig das Prädikat "pädagogisch wertvoll" von mir bekommt. :daumen:

      Tony_Almeida88 schrieb:

      Diese Geschichte habe ich im Alter von vierzehn Jahren verfasst und wirkt deswegen vielleicht noch etwas kindlich, über eure Meinungen würde ich mich aber trotzdem freuen, ganz einfach auch deswegen, weil ich speziell zu dieser Story nur sehr wenig Feedback von meinen Verwandten und Freunden bekommen habe.
      Daß Du erst vierzehn warst, spürt man der Story so gar nicht ab. Und daß Du für diese wunderbare Geschichte seinerzeit nur so wenig Feedback bekamst, ist schon bedauerlich. Ich hoffe mal, hier in unserem Forum wird es deutlich mehr! Aber wir haben ja zum Glück ein paar lesebegeisterte User, auf die in der Beziehung eigentlich immer Verlaß ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß! :zwinker:

      Tony_Almeida88 schrieb:

      (Brandneue Kurzgeschichten sind mittlerweile auch wieder in Arbeit und werden bei Interesse natürlich veröffentlicht)
      Ich freu mich schon drauf! Ich "fürchte" mal, Du machst mich hier von Schreiber noch echt zum Leser! :cool1:

      BTW: Zu meiner Schulzeit war ich auch so ein "Junge" wie der in Deiner Geschichte und es sind noch etliche Jahre ins Land gezogen, bis ich das Selbstbewußtsein zusammengesammelt hatte, das ich heuer - ist neben Jänner (meinem Geburtsmonat) eines meiner Lieblingsworte im Österreichischen - mein eigen nennen darf. Aber schon damals hab ich in meiner Phantasie Geschichten erdacht und aufgeschrieben. Eine davon in etwa demselben Alter wie Du damals. Mal schauen, vllt geb ich die ja hier - als mein Erstlingswerk sozusagen - auch mal zum Besten?! Womit es dann beim Ideenklau wieder 1:1 unentschieden stünde, Phillip! :angel:
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      Exklusiver Ort all meiner neuen Autor-(isierten) Hirngespinnste: SchreiberLink24.de

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von sven1421 ()

    • Ich bin erst jetzt auf Deine Kurzgeschichten so richtig aufmerksam geworden Phillp.
      Die erste Geschichte ist sehr schön und auch traurig. :sad: Auf jeden Fall super geschrieben. :thumbs02:
      Bei der zweiten Geschichte muß ich sagen, Hut ab. :respekt: Der merkt man wirklich nicht an, dass Du erst 14 warst als Du sie geschrieben hast. Also ich verstehe auch nicht warum Du damals so wenig Feedback dafür bekommen hast. Mir hat sie auf jeden fall unheimlich gut gefallen. :clappingsmi3: :clappingsmi3: :clappingsmi3:
      Ich hoffe, dass wir hier noch mehr von Dir zu lesen bekommen. Und vielen lieben Dank fürs Schreiben. :danke:

      Gruß

      Saxi :)
      "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt ist ein Mensch"
    • Danke sven und saxi für die netten Kommentare - freut mich, wenn meine Geschichten gut ankommen. Und dass ich dich, Sven, zum Leser gemacht hat, tut mir auch überhaupt nicht leid, immerhin habe ich somit meine Schuld getilgt - warst ja auch du es der mich zum Lesen gebracht hat ;) Und beim Ideenklau kannst du ruhig ausgleichen, ich warte darauf . . .
      So jetzt gibts erst Mal wieder Nachschub. Es ist zwar noch nichts Neues (das kommt schon noch, keine Sorge!), aber eure Meinungen würden mich trotzdem interessieren. Auch diese Story ist schon etwas "älter" (um genau zu sein 3 Jahre) und um die Wahrheit zu sagen - mir gefällt sie selbst eigentlich nicht besonders. Aber genug: Sagt mir einfach eure Meinungen dazu.

      Der perfekte Coup

      Zwölf Uhr mittags. Es war ein milder Herbsttag im Oktober als Kommissar Braun durch die Polizeisperre vor der Bank Austria Filiale auf der Mariahilferstraße im sechsten Wiener Gemeindebezirk schritt und sich vor den uniformierten Polizisten aufplusterte. „Wer von Ihnen hat den Zwischenfall gemeldet?“, fragte er mit seiner tiefen Stimme, die eine gewisse Autorität erahnen ließ. „I-Ich, Herr Kommissar“, sagte ein glatzköpfiger Winzling, der wegen seines dicken Bauches nicht einmal seine eigenen Füße sehen konnte. Eduard Braun hasste uniformierte Polizisten. Obwohl er selbst einmal genauso angefangen hatte. Aber er hatte nie seine halbe Dienstzeit damit verbracht Donuts oder Schnitzelsemmeln zu essen und dick zu werden, im Gegenteil: er war sehr durchtrainiert und sportlich und ging jeden Morgen, bevor er seinen Dienst antritt fünf Kilometer joggen. Aber er wusste schon von Anfang an, dass er mehr wollte, als das und beim Anblick dieses Kerls wurde ihm beinahe übel. „Geiseln?“, fragte er trocken. Der uniformierte nickte. „Fünfunddreißig an der Zahl“, erwiderte er, während er sich einen Donut in den Mund stopfte. Kommissar Braun versuchte seinen Ekel zu verbergen. „Gibt es Forderungen? Hat man versucht den Geiselnehmer zu erreichen?“, Braun bemühte sich sachlich zu bleiben. Diesmal schüttelte der Glatzkopf sein Haupt. „Wir dachten, es sei besser auf die Kavallerie zu warten“, sagte er schmatzend. „ Außerdem sind es sechs Geiselnehmer und nicht nur einer“, fügte er hinzu. „Aha“, murmelte Braun nur und wandte sich von dem Polizisten ab, als er sein Team ankommen sah. Eduard Braun war nun schon seit zwölf Jahren bei der Kriminalpolizei und vor vier Jahren wurde er zum Abteilungsleiter befördert. In dieser Position setzte er ein Team aus seinen besten Männern zusammen, die viel Erfahrung mit Banküberfällen, Geiselnahmen, Morden und ähnlichen Dingen hatten. Sein Team übernahm in speziellen Ausnahmefällen sogar Aufträge der COBRA Spezialeinheit, wenn diese zu überlastet war. Häufig kam das allerdings nicht vor. Ihre Aufklärungsrate betrug einhundert Prozent. Noch nie ist ihnen jemand entwischt und dementsprechend stolz war Kommissar Braun auch auf seine Jungs. Braun ging dem ankommenden Wagen einige Schritte entgegen. Dieser hielt an und prompt sprangen drei Kollegen der Kriminalpolizei heraus. „Edi!“, rief der erste. „Was haben wir hier?“
      „Eine Geiselnahme. Fünfunddreißig Geiseln und sechs Geiselnehmer“, antwortete Braun. „Forderungen?“, fragte Paul Klinger, ein gut aussehender, sportlicher junger Mann. Mit seinen gerade einmal fünfundzwanzig Jahren war er das jüngste Teammitglied. An Selbstvertrauen oder Erfahrung fehlte es ihm aber mit Sicherheit nicht. „Wissen wir noch nicht. Ich werde in Kürze mit den Geiselnehmern Kontakt aufnehmen“, erwiderte der Kommissar. „Also gut, Jungs. Möbelt den Van mal wieder zu unserer Einsatzzentrale auf. Die Uniformierten lasst meine Sorge sein“, Braun drehte sich um und marschierte abermals zu dem dickbäuchigen Polizisten, welcher immer noch an seinen Donut nagte. Brauns Teammitglieder stiegen wieder in den Van und fingen an alles für die bevorstehenden Verhandlungen und einen etwaigen Zugriff vorzubereiten.

      „Haltet endlich eure verdammten Mäuler und bleibt unten“, John Barnes, ein amerikanischer Einwanderer und Bankräuber brüllte seine Geiseln an. Grunzend zog er an dem Strumpf den er sich über den Kopf gezogen hatte und fluchte dann als dieser sich nicht lockern ließ. Die Geiseln wimmerten und drückten ihre Körper so fest an den Boden, dass sich beinahe blaue Flecken bildeten. Barnes hatte sich mit den Geiseln und seinen fünf Komplizen im hintersten Eck der Mitarbeiterbüros verschanzt, um vor etwaigen Scharfschützen geschützt zu sein. In Amerika hatte er schon genug Banken ausgeraubt, um zu wissen wie die Polizei mit Bankräubern umgeht, mit denen man nicht verhandeln kann. Ein klingendes Telefon riss den Räuber aus seinen Gedanken. Mit einer Kopfbewegung deutete er einen seiner Kameraden, er solle auf die Meute aufpassen und Chef spielen, bis er wieder zurückkäme. John lief in das Foyer und nahm vom Telefon ab. „Ja“, sagte er etwas krächzend, weil er gleichzeitig den Strumpf vom Kopf nahm und an dem unbequemen grünen Overall, den sie alle trugen, herumzog „Spreche ich mit dem Geiselnehmer?“, fragte eine Stimme am anderen Ende der Leitung. Die Härte in dieser Stimme ließ Barnes einen Moment lang wanken. Nach wenigen Sekunden hatte er sich aber wieder unter Kontrolle und stieß eine Gegenfrage hervor. „Wer will das wissen?“
      „Mein Name ist Kommissar Braun. Ich bin der Chef der Kriminalpolizei hier in Wien und Ihr Verhandlungspartner in dieser Sache. Alle Anrufe die Sie von drinnen tätigen, werden automatisch auf mein Handy umgeleitet. Ich habe Ihre Frage beantwortet. Nun sind Sie an der Reihe. Spreche ich mit dem Geiselnehmer?“, die Frage war überflüssig, dass wusste Braun, aber er wusste auch, dass es gewisse Verhaltensregeln gab, die sogar er einhalten musste. Barnes zögerte einen Moment. „Ja“, sagte er dann kurz. Sein amerikanischer Akzent blieb Braun nicht verborgen, er ließ sich aber zunächst nichts anmerken. „Was wollen Sie?“, fragte er. „Zunächst wünsche ich mir nur, dass die Bankdirektorin her kommt. Rufen Sie in einer halben Stunde noch einmal an und dann gebe ich Ihnen meine genauen Forderungen durch. Sollten diese nicht schnellstens erfüllt werden, werde ich anfangen die Geiseln zu töten“, stieß John Barnes hervor.
      „Das wo . . .“, weiter kam Braun nicht, denn Barnes hatte das Gespräch inzwischen beendet und sich den Strumpf wieder über den Kopf gezogen. Als er an den Kassen und Computerarbeitsplätzen vorbei und wieder in die Mitarbeiterbüros ging, traf er seine Komplizen an, die gerade dabei waren, mit ihren Maschinengewehren die Geiseln am Boden zu halten. „Liam, Greg, Pete, Kelly, Steve!“, schrie er. „Bringt sie alle in das Foyer. Sofort! Und nehmt die Ausrüstung mit.“, grinsend nahm er sich erneut den viel zu engen Strumpf vom Kopf und marschierte allen voran zurück in das Foyer.

      „Du sollst ihn in einer halben Stunde noch mal anrufen?“, Paul Klinger ging unruhig auf und ab. „Was denkt er wer er ist?“
      „Jetzt beruhige dich doch erst einmal“, sagte Braun. „Ich werde ihn in dreißig Minuten noch einmal kontaktieren und dann werden wir ja sehen, was er will.“
      „Okay. Und was sollen wir in der Zwischenzeit machen?“
      „Schafft mir die Bankdirektorin her, dass ist bislang seine einzige Forderung. Warum auch immer.“
      Paul wollte gerade zu den anderen zurück in den Van steigen, als der Donut mampfende Uniformierte, diesmal mit einer Wurstsemmel bewaffnet, wieder auf den Plan trat.
      „Entschuldigung, Herr Kommissar“, sagte er schmatzend. Braun verzog das Gesicht und drehte sich um, um seinem Gegenüber in die Augen blicken zu können. „Ich kam nicht umhin Ihr Gespräch mit anzuhören. Aber Sie müssen sich nicht die Mühe machen und die Bankdirektorin, ausfindig machen. Ich kann Ihnen alle nötigen Kontaktdaten geben“, stolz biss er ein weiteres Mal von seiner Semmel ab.
      „Also gut“, sagte Braun. „Paul hol’ Claus.“ Schon war Kommissar Klinger verschwunden und einige Sekunden später trat ein dunkelhäutiger, breitschultriger Mann in einem grünen und viel zu engen T-Shirt mit der Aufschrift I’M THE BOSS, und blauen Jeans aus dem Wagen. Er nickte Braun fragend entgegen.
      „Lass dir von Oberwachmeister ähh . . .“
      „Becker!“, sagte der Glatzkopf schmatzend.
      „Becker“, sagte Braun. Lass dir von Oberwachmeister Becker die Kontaktdaten der Bankdirektorin geben, ruf’ sie an und sag’ ihr sie soll alles liegen und stehen lassen und auf der Stelle hierher kommen. Claus nickte und verschwand mit Becker in einem Polizeiwagen. Braun schaute auf sein Handy und sah, dass er bereits drei Anrufe in Abwesenheit hatte. Allesamt waren sie von seiner Frau Melanie. Er seufzte, steckte das Handy wieder in seine Jackentasche und schlenderte kurz hinüber in das Cafe auf der anderen Straßenseite um sich einen Espresso zu holen. Während er über die Straße ging dachte er darüber nach was ihn Melanie wohl noch zu sagen hatte, nachdem sie ihn mit ihrer Schwester erwischt hatte und sie Anfang der Woche aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war. Sicher war es ein Fehler gewesen mit ihrer Schwester ins Bett zu springen, aber ganz unschuldig an der Sache war sie schließlich auch nicht. Wäre sie weniger nervig und würde nicht so viele Fragen über seine Arbeit stellen, dann hätte er sie mit Sicherheit nie im Leben betrogen. Ganz tief in seinem Inneren, da war er sich ganz sicher, liebte er sie noch. Aber ihre Schwester war ganz einfach umkomplizierter und gab ihm zu der Zeit genau das was er brauchte. Komisch das er auch von ihr schon einige Tage lang nichts mehr gehört hatte.
      „Hallo? Mister?“, die Stimme des Kassiers aus dem Cafe riss den Kommissar aus seinen Gedanken. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass er schon im Cafe und an der Reihe war. „Einen Espresso, bitte“, sagte er abwesend. Braun bezahlte, nahm seinen Espresso und verließ das Cafe wieder, diesmal ohne an seine Frau oder sonst jemanden zu denken. Vielleicht lag das aber auch daran, dass es mittlerweile zu Regnen begonnen hatte. „Verdammt“, murmelte er. Schnell lief der Kommissar über die Straße und zu dem Van hinüber, an welchem Claus und die anderen Jungs schon auf ihn warteten.
      „Fräulein Ines Körber ist unterwegs“, sagte Claus.
      „Die Leiterin? Das ging schnell. Gute Arbeit.“
      „Erfreut war sie nicht gerade, dass sich eine Gruppe Geiselnehmer ausgerechnet in ihrer Bank verschanzt hat.“
      „Hast du etwas anderes erwartet?“, Michael, ein kleinwüchsiger Blondschopf stieß Claus lachend in die Rippen.
      „Wann wird sie hier sein?“, fragte Braun.
      „In ungefähr zehn Minuten.“
      „Alles klar, dann ruf’ ich jetzt noch einmal unseren neuen besten Freund an. Braun zog sein Handy heraus und wählte die Wahlwiederholungstaste. Kurze Zeit später hörte er auch schon die Stimme mit dem amerikanischen Akzent auf der anderen Seite der Leitung.
      „Also“, knurrte Braun. „Eine halbe Stunde ist vergangen. Was wollen Sie?“
      „Kommissar Braun“, sagte Barnes. „Ich möchte ein Fluchtauto, verstehen Sie? Ein Fluchtauto damit ich, John Barnes, mit meinen Kameraden und dem Geld fliehen kann. Als Braun den Namen hörte zuckte er unweigerlich zusammen. Nach einem kurzen Augenblick hatte er sich allerdings wieder gefasst.
      „Außerdem möchte ich mit der Leiterin persönlich sprechen.“
      „Sie glauben doch ni . . .“
      „Kommissar!“, unterbrach ihn Barnes. „Wenn meine Forderungen nicht innerhalb der nächsten zwei Stunden erfüllt werden, dann werde ich alle dreißig Minuten eine Geisel töten.“ Braun wollte noch etwas erwidern, kam aber nicht mehr dazu. Barnes hatte schon wieder aufgelegt.
      „Klang nicht gerade nach einem erfolgreichen Gespräch.“, eine sehr maskulin wirkende, aber auf eine andere Art und Weise doch erotische Stimme ließ den Wiener Kommissar herumfahren. Er war sehr überrascht als er einer Dame mit fünfundsechzig Jahren gegenüberstand.
      „Und Sie sind?“, fragte er.
      „Körber. Ines Körber“, erwiderte die Frau. Sie zog ihr ohnehin schon weit vorstehendes Kinn noch weiter hervor und musterte Braun von oben bis unten, welcher sich bei dem Anblick ein Lächeln nicht verkneifen konnte. „Ich bin die Direktorin“, fuhr Ines fort. „Sie sind der leitende Kommissar?“ Braun nickte. „Gut. Was verlangt er?“
      Eduard Braun schilderte der Bankdirektorin in kurzen Worten die Lage und die Forderungen der Amerikanischen Geiselnehmer.
      „Der Barnes?“, stieß Ines hervor. Braun bestätigte. Barnes war ein berühmter Seriendieb in Amerika, bis es dort schließlich zu heiß für ihn und seine Leute wurde und sie sich nach Europa ausdehnten. Nun waren sie in Wien gelandet und Braun hatte nicht vor sich diesen dicken Fisch durch die Lappen gehen zu lassen. „Was haben Sie vor und warum zum Teufel will er ausgerechnet mit mir sprechen?“, Ines hatte sich schnell wieder gefangen, ihre Nervosität kam Braun allerdings verdächtig vor.
      „Ich werde ihm einen Fluchtwagen organisieren, diesen aber mit einem Peilsender versehen, damit wir ihn verfolgen können. Das wird allerdings länger dauern, als er es gerne hätte. Vielleicht kann ich ihn ja etwas hinhalten.“ Ohne eine Antwort abzuwarten drehte sich Braun um und marschierte zum Van, um einige Vorbereitungen zu treffen. „Okay, Jungs.“, sagte er. „An die Arbeit.“ Als alle im Van verschwunden waren, schloss Braun die Tür und Ines Körber blieb alleine im mittlerweile triefenden Regen zurück.

      „Schneller!“, brüllte einer von Barnes Komplizen. Die Geiseln waren gerade dabei sich in genau dieselben grünen Overalls zu zwängen, die auch ihre Geiselnehmer trugen. Diese hatten sich mittlerweile der Kopfstrümpfe entledigt und sammelten sich um Barnes, als die Geiseln in ihre Overalls gezwängt und in ein winziges Büro gepfercht waren. „Weiter so wie besprochen, John?“, Barnes nickte. „Sie werden dass Fluchtauto wahrscheinlich mit einem Peilsender bestücken, aber das kann uns egal sein. Unsere Forderungen sollen uns sowieso nur etwas Zeit bringen und wenn sie einen Peilsender dran hängen, dann können sie die Frist ohnehin nicht einhalten und verschaffen uns somit noch mehr Zeit“, er zwinkerte seinen Komplizen zu und schaute dann auf seine Uhr. „Vierzehn Uhr dreißig“, murmelte er. „Eine halbe Stunde haben sie noch. Habt ihr schon den Tresor der Direktorin ausgeräumt?“ Steve bejahte.
      „Gut. Sehr gut. War das drinnen, von dem wir es erhofft hatten?“, wieder bejahte Steve. „Wie sieht’s mit unserem Fluchtweg aus?“, fragte Barnes. Kelly deutete mit beiden Daumen nach oben. Barnes nickte und deutete Steve ihm seine Tasche zu reichen, in welcher der Inhalt des Tresors der Direktorin verstaut war. Er sah hinein und zog eine Videokassette und ein Tonband heraus. Diese zwei Kassetten würden den österreichischen Medien, eine Menge Geld wert sein. Schließlich konnte man mit diesen Kassetten beweisen, dass Ines Körber, bereits über Jahre hinweg Geld veruntreute und sich sogar des Mordes oder zumindest der Beteiligung zum Mord an einen früheren Angestellten, der zufälligerweise der Vater des amerikanischen Bankräubers war, schuldig gemacht hatte. Und wenn das für eine Mordanklage nicht reichen würde, dann wird sie eben wegen Totschlags oder etwas ähnlichem angeklagt werden. Sie wird lange genug sitzen müssen, um im Bau zu verrecken, dachte Barnes. Endlich nach mehr als fünfzehn Jahren würde er nicht nur seine Rache bekommen, sondern auch das viele Geld, dass sie seinem Vater abgeknöpft hatte. Geld, dachte Barnes. Es geht doch immer nur ums Geld. Er verstaute die Beweismittel wieder, schaute auf die Uhr und marschierte zum Telefon, um auf Brauns Anruf zu warten.

      Gerade eben hatte Braun aufgelegt. „Verdammt!“, brüllte er.
      „Was ist passiert?“, fragte die Direktorin, die zuvor mit Barnes gesprochen hatte und um den Ernst der Lage genau informiert war. Die Polizei musste einfach erfolgreich sein, sonst würde sie den Rest ihres Lebens im Gefängnis verbringen müssen.
      „Dieser Mistkerl wird in wenigen Augenblicken die erste Geisel ermorden und von da an alle dreißig Minuten eine Weitere. Ines Körber, Braun und sein Team starrten klitschnass vom Regen, geistesabwesend in Richtung Bank. Plötzlich hörten sie ein ohrenbetäubendes Knallen, welches sie als Schuss identifizierten. Einen kurzen Moment später flog ein regungsloser Körper aus dem Fenster der Bank und all die Schaulustigen kommentierten die Szene mit wütendem Geschrei.
      „Becker!“, der Polizist kam mit einer Schnitzelsemmel in der Hand angelaufen. Allmählich fragte sich Braun was dieser Kerl den lieben langen Tag so trieb. Becker salutierte vor dem Kommissar, welcher seufzend auf die Schaulustigen deutete. „Sorgen Sie dafür, dass die Meute verschwindet. Oder bringen Sie sie zumindest dazu den Mund zu halten.“
      „Ay, Captain“, erwiderte dieser und stapfte zu einigen anderen Uniformierten, um mit ihnen gemeinsam, Brauns Auftrag auszuführen. Plötzlich klingelte dass Telefon und Braun nahm ab.
      „Die Leiche bleibt vorerst genau da wo sie ist“, ertönte Barnes Stimme. „Ich habe zwei Scharfschützen postiert, also halten Sie Ihre Jungs von dort fern, verstanden?“ Braun bedeutete Claus und Paul, welche sich gerade auf den Weg zur Leiche machen wollten, hier zu bleiben. „Verstanden“, sagte er dann an Barnes gerichtet. Sie wissen aber schon, dass Sie nun ein Mörder sind und wir nicht mehr mit Ihnen verhandeln werden.“
      „Wenn dem so ist“, erwiderte Barnes. „Dann haben Sie nun das Leben aller Geiseln auf dem Gewissen. Oder aber Sie hören mir zu, was ich zu sagen habe.“
      „Und das wäre?“, fragte Braun zornig.
      „Ich lasse fünfzehn meiner Geiseln frei und gebe Ihnen noch einmal neunzig Minuten Zeit meine letzte Forderung zu erfüllen. Sind sie einverstanden?“
      „Erst wenn ich die Geiseln sehe“, sagte Barnes.
      Kurz darauf hörte er ein Klicken in der Leitung und Barnes Stimme war verschwunden. Einige weitere Minuten sah er die Tür der Bank Austria Filiale auffliegen und fünfzehn Männer und Frauen in grünen Overalls herauslaufen. Sofort wurden die Geiseln in Gewahrsam genommen und verhört, um zu erfahren wie die Situation im Inneren der Bank aussah. Wegen des großen Durcheinanders vergaß Braun vollkommen, Ines nach dem Inhalt ihres Gesprächs mit Barnes zu fragen.

      Neunzig Minuten waren vergangen und bis jetzt hatte Braun nicht mehr mit dem Bankräuber gesprochen.
      „Wir sind bereit, Eduard“, sagte Paul Klinger.
      Braun nickte zustimmend. Sollte er wirklich stürmen? Von den frei gelassenen Geiseln wusste er, dass sowohl die Kriminellen als auch die Geiseln grüne Overalls trugen. Was wenn Geiseln sterben würden? Er würde dann wohl nicht nur seinen Job verlieren, sondern auch das Arschloch der Nation sein.
      „Okay. Trommle die Jungs zusammen. Ich kümmere mich um die Uniformierten. Ist die Verstärkung schon da?“
      „Ja. Soeben eingetroffen. Es kann also losgehen, alles wartet nur noch auf deinen Befehl.“
      „Oberwachtmeister Becker!“, rief Braun.
      Der dicke Polizist kam sofort angewatschelt. „Sie und Ihre Truppe müssen jetzt etwas in Deckung gehen. Wir stürmen das Gebäude und ich möchte, dass Sie auf alles schießen was herausgelaufen kommt. Aber töten Sie niemanden, es könnten Geiseln sein“, noch bevor Becker etwas erwidern konnte, ertönten unzählbar viele Schüsse aus der Bank und die Meute die sich angesammelt hatte, schrie wütend auf.
      „Sofort stürmen!“, rief Braun und knapp ein Dutzend Männer der Spezialeinheit stürmten die Bank. Sofort teilten sie sich in mehrere kleine Gruppen auf, um die Bank schneller durchsuchen zu können. Braun, Paul und Claus gingen in Richtung Mitarbeiterbüros. Sie verharrten als sie plötzlich ein leises Wimmern vernahmen. Blitzschnell trat Braun die Türe ein und machte sich auf ein tödliches Feuergefecht gefasst. Aber das einzige was seine Leute und er fanden waren die restlichen Geiseln. Gefesselt und geknebelt, aber unverletzt. Auch der Tote vor der Bank, outete sich als durchlöcherte Puppe Von den Geiselnehmern fehlte jede Spur. Außerdem war die Bank nun um zehn Millionen Euro ärmer.
      „Kommissar! Das müssen Sie sich ansehen.“, die Stimme eines Mitglieds der Spezialeinheit riss Braun aus seinen Gedanken. Der Polizist führte Braun in den Tresorraum. Dort fanden Sie einen einzigen aufgebrochenen Tresor. Das dieser Tresor, jener von Ines Körber war und was darin verstaut gewesen ist, sollten sie erst einige Tage später herausfinden. Aber sie fanden noch etwas. Etwas viel bedeutenderes: Einen riesengroßen Tunnel.
      „Die müssen schon vor Monaten angefangen haben, den hier zu graben“, stieß Braun atemlos hervor. „Findet heraus, wohin er führt. Wir sind die ganze Zeit über nur verarscht worden.“
      Einige Stunden später sollte sich herausstellen, dass der Tunnel bis an die Landesgrenze geführt und dort bereits ein Fluchtwagen auf die Diebe gewartet hatte. Sie hatten sich nur in der Bank verschanzt um den Tunnel fertig bauen und mit dem Geld abhauen zu können. Das war wenigstens eine Spur und Braun dachte nicht einmal im Entferntesten daran, zum ersten Mal in seinem Leben einen Fall als nicht gelöst bezeichnen zu müssen. Sofort machte er sich mit seinem Team auf den Weg, um der neuen Spur zu folgen.


      So, schön langsam gehen mir die "alten" Geschichten aus, also muss bald mal was Neues her . . . :)
      Nicht weil es schwierig ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen ist es schwierig
    • Also, ich weiß gar nicht, was Du hast., Phillip! Die Story ist doch gut geschrieben, hat dank dem Uniformierten Becker auch die nötige Portion Humor, die ich an Geschichten so mag, und - das kommt noch "belastend" hinzu - den gewissen Wiener Charme ... Ja, ich oute mich gern als Liebhaber der Ösi-Ermittler. Wozu hab I sonst denn jahrelang Kommissar Rex g'schaut?! :zwinker:
      Von daher bin ich auch echt froh, daß der Becker nach seinem Ausflug ins Ami-Klischee ("Donuts") auch noch auf die gute alte Wurschsemmel umgestiegen ist. Ich dacht schon, die würde wieder nur der Hund kriegen! :grin_still:
      Einziger Wermutstropfen: Ich hätt ja gern noch mehr über den Fortgang von Brauns Liason mit seiner Schwägerin erfahren, aber bei Kurzgeschichten bleiben nunmal viele Handlungsstränge offen. Bei mir ist das ja sogar bei "Langgeschichten" so, wie mein aktueller Kriminalist gerade mal wieder beweist. Also hab ich auch keinen Grund zur Beschwerde. :cool1:
      Im Gegenteil: Ich hab mich mal wieder ein Viertelstündchen gut unterhalten mit Deiner so ganz anderen Bankraub-Geschichte. Und das ist doch das beste Kompliment, daß man einem Autor machen kann, oder?! :daumen:
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    • Also Phillip, mir hat die Story auch gut gefallen. Verstehe ich gar nicht, dass sie Dir selbst nicht so besonders gefällt. :thumbs02: Ich muß sagen, dass ich auch eine Liebhaberin der Ösi-Ermittler bin. Natürlich habe auch ich alle Folgen Kommisar Rex geschaut und vor allem auch den Kottan. Den fand ich ja göttlich. Ich glaube im 3Sat läuft der ja gerade auch wieder. :thumbsup:
      Ich mag Österreich überhaupt sehr gerne. War an die 7 mal da unter anderem auch 1 mal in Wien. :03:

      Ja der Becker war ja wirklich auch nur am Mampfen. Ich hätte auch teilweise gerne gewußt wie es weitergeht aber wie Sven schon sagt, bleibt bei Kurzgeschichten nunmal einiges offen. ;)

      Auf jeden Fall habe ich Deine Story wieder gerne gelesen und freue mich schon wieder auf die Nächste. :freudentanz:

      Gruß

      Saxi :)
      "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt ist ein Mensch"