[FSK16] Inspektor Svensson: Die Fortsetzungs-Roman-Reihe

    • Dreht der Inspektor jetzt durch????

      Kurze Zusammenfassung:
      Lukas ist noch immer bewusstlos und bemerkt wie sich zwei Frauen unterhalten. Dabei handelt es sich anscheinend um Yelena und Claudia, die sich über Charles in der Vergangenheit unterhalten. Dann übermannen Lukas die Erinnerungen aus seiner turbulenten Vergangenheit und er wird von zwei merkwürdigen Gestalten heimgesucht (natürlich spielt sich dies alles im Unterbewusstsein ab). Dann schnellt er plötzlich hoch und ruft die Schwester.

      Wow, das war ja eine irrsinnige Fahrt durch das Unterbewusstsein unseres Inspektors. Doch was hat es mit der Queen zu tun????

      Der Part war wieder sehr übersinnlich und wirklich bildlich geschrieben :daumen:

      Man erlebt jede Szene hautnah mit und dein Schreibstil zieht einen in seinen Bann, sodass man nicht mehr aufhören kann.

      Freu mich schon auf eine Fortsetzung

      MfG

      M.V.V.M.
      Ich glaube das menschliche Bewusstsein ist ein tragischer Fehltritt der Evolution. ---- RUST Cohle
    • Wow, das ist wirklich ein Auf und Ab bei Lukas. Man könnte wirklich meinen, dass er jetzt völlig durchknallt. :eek:

      Ja das frage ich mich auch, was das mit der Queen zu tun hat. :gruebel: Na wie das wohl weitergeht?
      Ja das stimmt, dass einen das in den Bann zieht, dass man richtiggehend mittendrin dabei ist.:thumbs02:

      Ich freue mich auch schon wenns weitergeht :freudentanz: und dankeschön fürs Schreiben. :danke:

      Gruß

      Saxi :)
      "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt ist ein Mensch"
    • So, dann will ich mich auch mal wieder zu Wort melden...

      Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Lukas' Gedanken und Phantasien nun endgültig mit ihm durchgehen. Vielmehr hege ich die Vermutung, dass die verschiedenen Handlungsstränge nun langsam zusammenfließen und damit dann unweigerlich zur Queen führen (Nur kurz zur Erinnerung sei hier auf Charles Fall "im Auftrag ihrer Majestät" und auf eine geheimnisvolle Briefmarke hingewiesen... :08: ). Stellt sich nur die Frage, ob man Lukas trotz seiner Demenz und seines 36-Stunden-Aussetzers den nötigen Glauben schenken wird (...schließlich dürfte sein erster "Auftritt" nach seiner Bewusstlosigkeit auf sein Umfeld wohl doch eher etwas befremdlich wirken, oder? :zwinker: ). Mal sehen...

      Im Übrigen kann oder will (oder beides) auch ich immer noch nicht so recht glauben, dass Charles tatsächlich das Zeitliche gesegnet hat. Auch wenn inzwischen alle Indizien darauf hinweisen, bleibt da bei mir einfach ein Rest Skepsis (Woher das wohl kommt? :grin_still: ) und/oder vielleicht ist da auch einfach nur der Wunsch Vater meiner Gedanken?! (Wenn ich das hier jetzt mal so sagen darf, hätte ich mir für Charles' Abgang einfach ein "würdigeres" Ende – wenn überhaupt – gewünscht. Schließlich haben wir ihn ja letztendlich doch ins Herz geschlossen...).

      Nun, wir werden es aber sicherlich (bzw. hoffentlich!) bald erfahren. Ich bin jedenfalls auch schon gespannt...

      LG, Annie
    • M.V.V.M. schrieb:

      Kurze Zusammenfassung:
      Lukas ist noch immer bewusstlos und bemerkt wie sich zwei Frauen unterhalten. Dabei handelt es sich anscheinend um Yelena und Claudia, die sich über Charles in der Vergangenheit unterhalten. Dann übermannen Lukas die Erinnerungen aus seiner turbulenten Vergangenheit und er wird von zwei merkwürdigen Gestalten heimgesucht (natürlich spielt sich dies alles im Unterbewusstsein ab). Dann schnellt er plötzlich hoch und ruft die Schwester.
      Tja, die kann man nach einem Monat Schreibpause auch sicher wieder gut gebrauchen. Darum: Danke, M.V.V.M.! :wolke_7:

      Saxi schrieb:

      Wow, das ist wirklich ein Auf und Ab bei Lukas. Man könnte wirklich meinen, dass er jetzt völlig durchknallt. :eek:

      M.V.V.M. schrieb:

      Dreht der Inspektor jetzt durch????
      Tja, keine Demenz verläuft eben gradlinig! Gute Frage ... Klare Antwort: Mal schaun! :S

      M.V.V.M. schrieb:

      Wow, das war ja eine irrsinnige Fahrt durch das Unterbewusstsein unseres Inspektors. Doch was hat es mit der Queen zu tun????

      Saxi schrieb:

      Ja das frage ich mich auch, was das mit der Queen zu tun hat. :gruebel: Na wie das wohl weitergeht?
      Tja, da kann ich als Antwort erstmal gleich auf eine weitere liebgewordene Kommentatorin und ihr Spürnäschen für Svenssons Geschichten verweisen

      Annie03 schrieb:

      Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Lukas' Gedanken und Phantasien nun endgültig mit ihm durchgehen. Vielmehr hege ich die Vermutung, dass die verschiedenen Handlungsstränge nun langsam zusammenfließen und damit dann unweigerlich zur Queen führen (Nur kurz zur Erinnerung sei hier auf Charles Fall "im Auftrag ihrer Majestät" und auf eine geheimnisvolle Briefmarke hingewiesen... :08: ).
      Also besser hätt ichs jetzt eh nicht sagen können! Danke, Annie03! :cool1:

      Annie03 schrieb:

      Stellt sich nur die Frage, ob man Lukas trotz seiner Demenz und seines 36-Stunden-Aussetzers den nötigen Glauben schenken wird (...schließlich dürfte sein erster "Auftritt" nach seiner Bewusstlosigkeit auf sein Umfeld wohl doch eher etwas befremdlich wirken, oder? :zwinker: ). Mal sehen...
      Na, da gibt es ja vllt auch ein paar ganz treue Seelen, die trotz allem fest an unseren Luki glauben, oder?! :13:

      Annie03 schrieb:

      Im Übrigen kann oder will (oder beides) auch ich immer noch nicht so recht glauben, dass Charles tatsächlich das Zeitliche gesegnet hat. Auch wenn inzwischen alle Indizien darauf hinweisen, bleibt da bei mir einfach ein Rest Skepsis (Woher das wohl kommt? :grin_still: ) und/oder vielleicht ist da auch einfach nur der Wunsch Vater meiner Gedanken?! (Wenn ich das hier jetzt mal so sagen darf, hätte ich mir für Charles' Abgang einfach ein "würdigeres" Ende - wenn überhaupt - gewünscht. Schließlich haben wir ihn ja letztendlich doch ins Herz geschlossen...).
      Tja, der arme Charles! Ich versteh ja, daß er Euch ans Herz gewachsen ist. Grad bei der Entwicklung, die er zuletzt durchgemacht hat. Aber wenns am schönsten ist, dann sollte eben manchmal auch Schluß sein. Vllt ja sogar mit dem Leben eines Charakters! :crying2:

      M.V.V.M. schrieb:

      Der Part war wieder sehr übersinnlich und wirklich bildlich geschrieben :daumen:
      Man erlebt jede Szene hautnah mit und dein Schreibstil zieht einen in seinen Bann, sodass man nicht mehr aufhören kann.

      Saxi schrieb:

      Ja das stimmt, dass einen das in den Bann zieht, dass man richtiggehend mittendrin dabei ist.:thumbs02:
      Vielen Dank für Euer Lob! :daumen: :daumen: :daumen:

      M.V.V.M. schrieb:

      Freu mich schon auf eine Fortsetzung

      Saxi schrieb:

      Ich freue mich auch schon wenns weitergeht :freudentanz: und dankeschön fürs Schreiben. :danke:

      Annie03 schrieb:

      Nun, wir werden es aber sicherlich (bzw. hoffentlich!) bald erfahren. Ich bin jedenfalls auch schon gespannt...
      Na, dann wolln wir jetzt aber auch endlich mal wieder ... :thumbsup:

      EPISODE 15: Kostbare Erinnerung [Teil 2]

      Immer deutlicher wurde jener Ausruf, der sich - aus Lukas' Kehle entspringend - lauthals Gehör zu verschaffen suchte, mit jeder der daraufhin noch folgenden unzähligen Wiederholungen. Und dennoch dauerte es nach dem Zeitempfinden Svenssons eine halbe Ewigkeit, bis die Zimmertür vor seinen Augen ruckartig aufgestoßen wurde. Dabei kreuzte in ihrem Rahmen zugleich schemenhaft die recht eindrucksvolle Silhouette eines breitschultrigen Mannsbildes auf, dessen Stimme - die dem sichtlich erschrockenen Lukas eigenartigerweise recht vertraut und vertrauenserweckend erschien - sanft raunte: "Aber, aber, mein Freund! Warum denn gleich nach der Königin schreien, täte es vielleicht nicht auch erst einmal eine etwas weniger blaublütige Pflegekraft oder aber ein Anwärter auf den Posten des Premierministers?! Und überhaupt: So wie Sie rumbrüllen, werden Sie am Ende mit Ihrem Geschrei noch Tote auferwecken!". Ein breites Grinsen huschte dazu über das Gesicht des langsam an Svenssons Bett herantretenden Mannes, während sich die verängstigte Mine des Ex-Inspektors nunmehr deutlich versteinerte. Sein königlicher Ruf verhallte und wurde nach einer Minute völliger Stille im Raum ersetzt von einem zaghaften: "Sind das wirklich Sie oder täuschen mich meine Sinne? Sie sind es doch, oder?! So sprechen Sie doch endlich!". Der breitschultrige Mann strich sich über die leicht zerzauste Haartracht, dann räusperte er sich kurz und kam schließlich Svenssons zuletzt geäußerter Aufforderung nach: "Aber natürlich bin ich es! Leibhaftig und in voller Lebensgröße. Ihr Ex-Partner Charles. Charles Wannabe". Ungläubig griff Svenssons zitternde rechte Hand nach dem Handrücken des vor ihm Stehenden und kniff dann mit den zusammengepreßten Nägeln von Daumen und Zeigenfinger recht unsanft zu. Der vermeintliche Ex-Partner des Ex-Inspektors zog mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Hand zurück und raunte: "Autsch! Was soll denn das, Lukas? Ich weiß ja, daß Sie bei ihren Mitmenschen gern mal einen bleibenden Eindruck hinterlassen, aber doch bitteschön nicht so!". Lukas Svensson aber erwiderte unverständig kopfschüttelnd: "Aber da war doch so ein Leichenwagen mit einem Blechsarg und zwei Männern in schwarzen Anzügen. Und die sprachen vom Heim, einem unvollständigen Zehzettel und einem hohen Tier bei der Polizei namens Charles?! Und da dachte ich ...". Prustendes Gelächter entströmte dem Gesicht des sich kräftig auf beide Schenkel klopfenden In-die-Hand-Gekniffenen: "Und da dachten Sie ernsthaft, der Tote in der Blechwanne sei ich?!". Das Lachen verstummte, und deutlich nachdenklicher ergänzte der Breitschultrige: "Obwohl, so abwägig ist der Gedanke nun auch wieder nicht. Schließlich hätte ich in jener Nacht um ein Haar tatsächlich das Zeitliche gesegnet. Dieser Teufelsbraten Derrik Crawler hatte ja seine Waffe schon auf mich gerichtet, während ich völlig wehrlos am Boden im Zimmer meiner Ex-Frau Janet lag und mit einem Blick ins kalte, unheilbringende Mündungsrohr mein letztes Stündlein gekommen sah. Zum Glück traf in diesem Moment ein ganz in der Nähe abrufbereit stationierter CI7-Einsatztrupp ein, dessen leitender Beamter meinen Angreifer mit einem gezielten Schuß unschädlich machte. Crawler verlor kurzzeitig das Bewußtsein und fiel dabei rücklings auf das Krankenbett Janets. Tja, was soll man da noch sagen?! Noch nicht mal in bewußtlosen Zustand kann der dreckige Lump die Finger von ihrem komatösen Leib lassen. Ich hab mir den Dreckskerl dann jedenfalls kurzerhand über die Schultern geworfen und ihn nach draußen getragen, wo unser junger Freund John Wayne Powerich als hinzugerufener Beamter des Yard ihn sogleich in Empfang nahm. Und jetzt, wo ich das zweifelhafte Vergnügen hatte, diesen Verbrecher Crawler in vollem Umfang am Hals gehabt zu haben, weiß ich übrigens auch, warum ihn die Jungs bei der Antiterroreinheit stets als Schweren Jungen bezeichneten. Entweder seine Eisenhand wiegt einen halben Zentner oder der Terrorzwerg hat während seiner kriminellen Laufbahn an Fettmasse nochmal deutlich zugelegt. Aber egal, für die nächsten Jahrzehnte hat er bei Wasser und Brot hinter den stählernen Gardinen Ihres Heimatlandes erstmal jede Menge Zeit zum Abspecken". Hier unterbrach Lukas Svensson die Ansprache seines Gegenüber fürs erste, indem er empört ausrief: "Menschenskind, wie oft soll ich Ihnen das denn nun noch sagen, Wannabe?! Ich bin kein gebürtiger Schwede, sondern der Herkunft nach ein ostdeutscher Preuße! Äh, nein, ich meine natürlich ... ein deutscher Ostpreuße". Milde lächelnd winkte Charles Wannabe ab: "Hab's ja längst kapiert, alter Knabe! Und was nun die Sache mit dem toten Polizisten Charles angeht, das kann ich auch aufklären. Als ich nämlich zu jener mitternächtlichen Stunde den bewußtlosen Wurm Crawler am Haupteingang vor dem Heim ablieferte, nahmen zeitgleich zwei Beamte eines Bestattungsunternehmens aus der Kühlkammer des heimeigenen Leichenkellers den vor wenigen Tagen entschlafenen Heimbewohner und Ex-Polizeibeamten Charlie Siebert aus Zimmer 613 in Empfang. Ich hatte den Ärmsten vor ein paar Tagen beim Besuch seiner Frau in seinem Zimmer an zahllosen Schläuchen dahinvegetierend liegen sehen. Kein schöner Anblick, diese finale Phase einer Demenzerkrankung! Wenn ich daran denke, daß ...". Wannabes Redefluß stockte abrupt, und sein Blick wanderte verstohlen in Richtung seines alten Freundes Lukas, der immer noch leicht zitternd - einen Deckbettzipfel fest mit seinen etwas knochigen Händen umklammert - mit angezogenen Knien und weitaufgerissenen, dunkelumrandeten Augen im obersten Eck seines Bettes hockte. Eine kleine Träne verdrückte sich dabei aus Charles' linkem Auge, lief an seiner rasch erblassenden Wange herunter und tropfte schlußendlich, von Lukas gänzlich unbemerkt, zu Boden. Wannabe aber senkte noch in selber Sekunde sein Haupt, stieß einen leisen Stoßseufzer aus und raunte leise: "Mein Gott, laß doch bitte diesen Kelch an ihm vorbeigehen!". Dazu ergriffen seine Hände die zitternden Finger des Ex-Inspektors und umklammerten sie für einen Augenblick ganz fest.

      Eine wwitere Person war derweil im Svenssonzimmer eingetroffen. Ein richtiger Kerl in den besten Jahren - in Bluejeans und Cowboystiefeln, hellblauem Poloshirt und schwarzer Wildlederjacke mit einem pechschwarzen Stetson auf dem Kopf. Er trug einen Tablet PC in Händen, auf dessem Touchscreen seine Finger die ganze Zeit über eine Art wilden Tanz vollführten. Auch die Augen an seinem leichtgesenkt gehaltenen Kopf klebten ununterbrochen am Bildschirm seines handlichen Computers, während er recht lässig ausrief: "Howdy Partners! Cee-Man, ich hab mir die von Ihnen angeforderte Akte dieses gemeinsam mit Cypher in Flammen aufgegangenen Jünglings besorgt. War dank der Videoaufzeichnung von der Überwachungskamera des Krematoriumsflurs gar kein Hit. Die Leuchtschrift über dem Verbrennungsofen zeigte doch vor Beginn der Kremation die dem Laien merkwürdig anmutende Zeichenfolge HELL0666 an, nicht wahr?! Vom Leiter des Krematoriums erfuhr ich, daß das Ganze eine Art Code ist, die die Identität des Einzuäschernden jederzeit eindeutig klärt. HELL steht dabei für die ersten vier Buchstaben des Nachnamens des Toten. Und 0666 ist die Identitätsnummer, die sich zusätzlich auch auf einem - dem Sarg beigelegten - Schamottstein befindet. Unsere Nummer 666 gehört dabei laut den Kremationsunterlagen zu einem schwedischen Botschaftersöhnchen namens Rodyn Hellsaand". Und einen weiteren lässigen Fingerdruck auf dem polierten Display ausführend, ergänzte der Hutträger: "Eine Kopie der Polizeiakte wird als PDF-File in diesem Moment via Bluetooth und einer eigens dafür entwickelten PDF-PDA-App an Ihren Westentaschencomputer gesendet, Charlie!". Charles Wannabe, der Lukas' Finger inzwischen wieder losgelassen hatte, schüttelte schmunzelnd seinen Kopf: "Jay Double-U Pee, ich bin echt beeindruckt! Ich hatte nämlich schon gedacht, unser alter Freund Lukas hätte Ihnen schon längst eingetrichtert, daß man Akten stets unbedingt schwarz auf weiß ausgedruckt vor sich haben muß, da auf die ganze moderne Technik ja eh kein Verlaß ist". Der Angesprochene nickte und zog dabei zugleich einen dicken Stapel sorgfältig zusammengehefteter Papiere unter seinem Tablet PC hervor: "Hat er auch! Nur geh ich nebenbei auch gern ein wenig mit der Zeit und fahr dann halt lieber zweigleisig!". Zugleich winkte er eifrig mit dem 24-seitigen Aktenpamflet vor Wannabes Augen herum und ergänzte: "By De Way kann man im Angesichte dessen hier wohl echt nicht sagen, daß das verbrannte Botschafterbübchen ein unbeschriebenes Blatt war. Der nordische Blondschopf mit Diplomatenstatus war wohl auch so einer dieser pervertierten Freizeitsatanisten, die nach ihrem vorzeitigen Schulabgang gern mal in ihr kleines Schwarzes schlüpfen und in dunklen Friedhofsecken des Nachts alten armen Ziegenböcken die anale Jungfräulichkeit raubten. In seinem Abschiedsbrief, den seine Eltern neben der Luxusbadewanne fanden, über deren Rand auch sein pulsaderdurchtrennter Arm lag, schrieb er am Ende recht mysteriös: 'Mit meinem freiwilligen Gang in die totale Finsternis tue ich die Botschaft meines Meisters kund ... RODYN HELLSAAND, LUKAS 4-5&6'. Ob sich das Lukas wohl indirekt auf meinen zukünftigen Schwiegervater beziehen soll?!". Powerich überlegte kurz, während seine Augen die zugeschickte Datei auf seinem, zuvor eilends aus der Hosentasche hervorgezogenen Pocket PC nebenher noch einmal selbst überflogen, dann meinte er: "Wenn dem so ist, dann sollte man das RODYN HELLSAAND LUKAS durchaus als ernstzunehmende, wenn auch leicht verschlüsselte Drohung ansehen ... ROT IN HELL, SAINT LUKAS! Und das sich daran anschließende 4,5,6 könnte dann unter Umständen so eine Art diabolischer Countdown sein". Lukas Svensson, der der Unterhaltung zwischen Wannabe und dem ihm gänzlich unbekannt erscheinenden Cowboy neben ihm bislang stumm beigewohnt hatte, erhob nun sowohl seinen rechten Zeigefinger als auch die etwas heiser gewordene Stimme, mit der er aufgeregt bat: "Hören Sie, Wannabe, reichen Sie mir mal die Bibel vom Nachtschränkchen!". Charles starrte einen Moment lang verblüfft zu seinem Expartner herüber, dann aber tat er wie ihm geheißen. Lukas' Finger durchwühlten einige Sekunden aufgeregt die dargereichte Heilige Schrift, bis sie an einer ganz bestimmten Stelle des Neuen Testaments innehielten, wozu Svensson gedankenverloren anmerkte: "Lukas-Evangelium Kapitel 4 Vers 5 und 6: 'Und der Teufel führte ihn hoch hinauf und zeigte ihm alle Reiche der Welt in einem Augenblick und sprach zu ihm: Alle diese Macht will ich dir geben und ihre Herrlichkeit, denn sie ist mir übergeben und ich gebe sie, wem ich will'. Nein, Wannabe, das ist keine Drohung, das ist ein Versprechen". Und sich seines vorherigen Traumerlebnisses entsinnend, ergänzte der Ex-Inspektor rasch: "Ein teuflisches Versprechen, das in einer Art Albtraum mit ein einer höllischen Einladung an mich einherging. Eine, der ich vielleicht schon allein deshalb nachkommen sollte, um mich so auch endlich einmal meiner dunklen Seite zu stellen, bevor ich im Lichte himmlischer Unendlichkeit auf ewig meinen Seelenfrieden finden kann ... Aber Moment mal, da war doch noch etwas ganz anderes in meinem Traum!". Svensson dachte angestrengt nach, dann raunte er: "Sonniges Lächeln, blumige Lichtgestalt, kerniger Mund, großer Keramikfuß mit rechteckigem kleinen Papierschnipsel an der Unterseite ... und ein himmelblauer Ozean ... Himmelblau wie die blaue Mauritius. Aber ja, natürlich die Marke! Darum wollte ich die Königin sprechen! Sie gehört ihr!". Charles Wannabe nickte traurig: "Stimmt, teurer Freund, die blaue Mauritius auf dem Brief, den Sie von Ihrem verstorbenen Onkel Fritz aus Berlin bekommen haben, entstammte dem Besitz Ihrer Majestät Queen Elizabeth II. Sie gelangte über einen ihrer Diener, der sie vor einem räuberischen Diebstahlversuch in Sicherheit zu bringen versuchte, nach Berlin. Der Diener wie auch Ihr Onkel mußten wegen der kostbaren Marke ihr Leben lassen, und auch Sie und Ihre Yelena befanden sich wegen ihr kurzzeitig in äußerster Lebensgefahr. Dennoch war am Ende alles ganz umsonst. Das Überwachungsvideo aus dem Krematorium beweist nämlich leider auch zweifelsfrei, daß Cypher während seiner Kremation den besagten Brief bei sich trug. Der Brief ist mit Lou Cypher verbrannt, und mit diesem Ungeheuer auch die ungeheuer wertvolle Briefmarke". Völlig entfesselt begannen Lukas' Hände bei diesen Worten Wannabes durch die Luft zu wirbeln, wozu er gänzlich aufgebracht stotterte: "Brief ja ... Marke nein ... David ... Stern ... Fälschung ... Kopierstift ... Sonne ... Blume ... Topf ... Mauritius!". Dann sank der aufgebrachte Ex-Inspektor völlig erschöpft in sich zusammen und schlief auf der Stelle fest ein.

      Der Cowboyhut trat derweil an Charles Wannabe heran und raunte: "Oh je, jetzt ist er völlig durchgedreht! Naja, kein Wunder! Der Schock und die Krankheit! Das ist einfach zuviel für einen alten Mann wie ihn! Da verliert man dann schnell den Verstand!". Wannabe aber schüttelte nur mitleidig den Kopf und sprach mit fester Stimme: "Johnnieboy, Sie kennen unseren Freund Svensson noch nicht so lang und so gut wie ich. Sonst wüßten Sie, daß an dem, was er sagt, am Ende stets noch immer etwas Wahres dran war, so unglaublich und unwahrscheinlich es anfangs auch geklungen haben mag.Und darum glaub ich auch weiterhin ganz fest an ihn und seine göttliche Gabe, in jeder noch so vertrackten Situation auf seine eigene unkonventionelle Art zur rechten Zeit die nötigen Hinweise zu finden und daraus dann genau die richtigen Schlüsse zu ziehen. Also, was kann er nur gemeint haben? In seinen Ausführungen eben traten doch zweimal kurz hintereinander die Worte Sonne und Blume auf, wenn ich mich recht entsinne, nicht wahr?!". Der cowboybehütete John Wayne Powerich strich sich mit dem ausgesteckten Zeigefinger mehrmals auffällig unter der Nase entlang: "Yippie, ich hab's! Lisa und ich haben ihm doch diese Topfpflanze geschenkt, aus der er dann einige der Sonnenblumenkerne herausgepult hat, wobei eine Art lächelndes Gesicht entstand, mit dem er sich immer wieder unterhielt. Da auf seinem Nachttisch steht das Teil ja". Die beiden Männeraugenpaare blickten zeitgleich auf Sunny Flower II., die dort auf Svenssons Nachtschränkchen - über ihren blauen Keramiktopf herausragend - in aller Seelenruhe trohnte. Charles Wannabe aber war mit nur einem einzigen großen Schritt sogleich bei der liebevoll verunstalteten Topfpflanze, wobei er mit zitternden Händen aufgeregt deren blauen Keramiktopf in die Lüfte erhob und einen Blick darunter warf. Dort aber klebte ein kleines Folientütchen, aus dem ein unscheinbarer blauer rechteckiger Papierschnipsel hervorschien, welcher bei näherer Betrachtung das Antlitz der ehemaligen Queen Victoria und dazu ringsum ganz am Rande in schneeweißen Lettern die Aufschrift "Post Office - Postage - Mauritius - Two Pence" trug ...

      [Wird fortgesetzt]
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      Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von sven1421 ()

    • Yeah, endlich wieder ein Lebenszeichen von Svensson! :yay: Wenn ich am Rande allerdings mal kurz anmerken darf? - Ein Monat Schreibpause für Dich, Sven, ABER über zwei Monate Leseauszeit für uns! :motz: Aber ich will mal nicht nachtragend sein, dass Du uns quasi am langen Arm hast verdursten und verhungern lassen, dass Du uns sooo lange auf die Folter gespannt hast, dass wir schon befürchten mussten, nie zu erfahren, was aus Svensson & Co. geworden ist... :03:

      Aber nun genug gespaßt und apropos "Lebenszeichen": Ich habs gewusst, ich habs gewusst, ich habs gewusst... Charles lebt und erfreut sich bester Gesundheit! Und was noch besser ist: Auf ihn und seine Spürnase ist immer noch Verlass. Ich hatte mich nämlich schon gefragt, wen Du mit den "ganz treuen Seelen" gemeint hast, die "trotz allem fest an unseren Luki glauben". Da ich Charles ohnehin für untot gehalten habe, hätte ich da ja eigentlich auch gleich drauf kommen können. :zwinker: Allerdings frage ich mich nun so im Nachhinein, wie das Gespräch, das Yelena und Claudia kurz zuvor geführt haben, einzuordnen ist? War das nur einmal mehr einer von Lukas' Alpträumen? Oder ein weiterer kurzer Moment der Verwirrtheit aufgrund seiner Demenz? Oder wohlmöglich eine böse Prophezeiung für die Zukunft? :eek:

      Nein, ich überleg jetzt gar nicht weiter, sondern erfreu mich einfach an den aktuellen Geschehnissen! Und da kann es keinesfalls schaden, dass Charles nach wie vor an Lukas' Seite steht, denn dessen Schwiegersohn in spe hat ja leider noch nicht ganz raus, wann man den vermeintlichen Hirngespinsten seines zukünftigen Schwiegervaters besser Glauben schenken sollte. ;) Und da die Blaue Mauritius nun wieder aufgetaucht ist, vermute ich mal, dass wir uns bald in den heiligen Hallen des Buckingham Palastes auf einen Tee bei der Queen wiederfinden werden. Das wird sicher interessant...

      Aber bitte lass uns nicht wieder so lange warten, Sven! Ich bin nämlich schon wieder mordsmäßig gespannt, wie es weitergeht. Aber bitte nicht zu wörtlich nehmen... Oder vielleicht doch? :dev:


      LG, Annie


      PS: Die Stelle, an der Charles sich ausmalt, dass Lukas ähnlich enden könnte wie Charlie Siebert, ist übrigens echt traurig! :crying2: Ich schließe mich ihm daher gerne an: Möge Lukas ein "würdigeres" Ende vergönnt sein!
    • Jaaaa es geht endlich weiter mit Lukas. :yahoo:

      Annie hatte mal wieder recht, es war doch nicht unser Charles. :thumbs02: Ja ich bin auch ganz froh, dass Charles immer noch Lukas zur Seite steht. :thumbsup:
      Also das Versteck für die Blaue Mauritius war ja wirklich raffiniert. Da hätte ich nicht im Entferntesten daran gedacht. :32: Ich bin auch mal gespannt ob wir uns wirklich in den heiligen Hallen des Buckingham Palastes wiederfinden werden.

      Ich freue mich schon auf den nächsten Teil :freudentanz: und lieben Dank fürs Schreiben. :danke:

      Gruß

      Saxi :)
      "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt ist ein Mensch"
    • Saxi schrieb:

      Jaaaa es geht endlich weiter mit Lukas. :yahoo:

      Annie03 schrieb:

      Yeah, endlich wieder ein Lebenszeichen von Svensson! :yay: Wenn ich am Rande allerdings mal kurz anmerken darf? - Ein Monat Schreibpause für Dich, Sven, ABER über zwei Monate Leseauszeit für uns! :motz: Aber ich will mal nicht nachtragend sein, dass Du uns quasi am langen Arm hast verdursten und verhungern lassen, dass Du uns sooo lange auf die Folter gespannt hast, dass wir schon befürchten mussten, nie zu erfahren, was aus Svensson & Co. geworden ist... :03:
      Dank James Bond 007 weiß man ja: Sag niemals NIE! Und keine Sorge: Es ist schon schwer genug, Svensson in nun schon deutlich absehbarer Zeit einmal von uns gehen lassen zu müssen, da werd ich ihn und seine Lebens-Geschichte sicher nicht ganz sang- und klanglos in der Versenkung verschwinden lassen. :crying2:

      Annie03 schrieb:

      Aber nun genug gespaßt und apropos "Lebenszeichen": Ich habs gewusst, ich habs gewusst, ich habs gewusst... Charles lebt und erfreut sich bester Gesundheit! Und was noch besser ist: Auf ihn und seine Spürnase ist immer noch Verlass. Ich hatte mich nämlich schon gefragt, wen Du mit den "ganz treuen Seelen" gemeint hast, die "trotz allem fest an unseren Luki glauben". Da ich Charles ohnehin für untot gehalten habe, hätte ich da ja eigentlich auch gleich drauf kommen können. :zwinker:

      Saxi schrieb:

      Annie hatte mal wieder recht, es war doch nicht unser Charles. :thumbs02: Ja ich bin auch ganz froh, dass Charles immer noch Lukas zur Seite steht. :thumbsup:
      Ja, was wäre meine kleine Geschichte ohne den wandelbaren Wannabe, auf den u.U. in Kürze auch noch einiges an deutlichem Wandel zukommen dürfte ... :cool1:

      Annie03 schrieb:

      Allerdings frage ich mich nun so im Nachhinein, wie das Gespräch, das Yelena und Claudia kurz zuvor geführt haben, einzuordnen ist? War das nur einmal mehr einer von Lukas' Alpträumen? Oder ein weiterer kurzer Moment der Verwirrtheit aufgrund seiner Demenz? Oder wohlmöglich eine böse Prophezeiung für die Zukunft? :eek:
      Nun ja, das wirst Du ganz gewiß schon im sich anschließenden dritten Teil von Episode 15 erfahren. Versprochen! :angel:

      Annie03 schrieb:

      Nein, ich überleg jetzt gar nicht weiter, sondern erfreu mich einfach an den aktuellen Geschehnissen! Und da kann es keinesfalls schaden, dass Charles nach wie vor an Lukas' Seite steht, denn dessen Schwiegersohn in spe hat ja leider noch nicht ganz raus, wann man den vermeintlichen Hirngespinsten seines zukünftigen Schwiegervaters besser Glauben schenken sollte. ;)
      Naja, der gute Jay Double You ist ja noch ein Frischling im Svensson-Universum. Der lernt das schon noch, wirst sehen! :zwinker:

      Saxi schrieb:

      Also das Versteck für die Blaue Mauritius war ja wirklich raffiniert. Da hätte ich nicht im Entferntesten daran gedacht. :32:
      Tja, Svensson hat nunmal echt was übrig für sein blümerantes Sonnenscheinchen. Sogar ein kleines blaublütiges Schätzchen im Wert von rund 1 Mio Euro, daß er ihr nicht nur zu Füßen legt sondern auch unters Topfkissen sozusagen. :grin_still:

      Annie03 schrieb:

      Und da die Blaue Mauritius nun wieder aufgetaucht ist, vermute ich mal, dass wir uns bald in den heiligen Hallen des Buckingham Palastes auf einen Tee bei der Queen wiederfinden werden. Das wird sicher interessant...

      Saxi schrieb:

      Ich bin auch mal gespannt ob wir uns wirklich in den heiligen Hallen des Buckingham Palastes wiederfinden werden.
      Vllt kommt es aber ja auch anders rum?! Denn wenn der Luki nicht zum Bucky kommen kann, kommt eventuell ja auch der Bucky zum Luki?! :huh:

      Annie03 schrieb:

      Die Stelle, an der Charles sich ausmalt, dass Lukas ähnlich enden könnte wie Charlie Siebert, ist übrigens echt traurig! :crying2: Ich schließe mich ihm daher gerne an: Möge Lukas ein "würdigeres" Ende vergönnt sein!
      Mal schaun, was sich da machen läßt ... gut 5 Teile hab ich ja noch Zeit ... :cool1:

      Annie03 schrieb:

      Aber bitte lass uns nicht wieder so lange warten, Sven! Ich bin nämlich schon wieder mordsmäßig gespannt, wie es weitergeht. Aber bitte nicht zu wörtlich nehmen... Oder vielleicht doch? :dev:
      Ok, den MORD laß ich erstmal weg. Aber Ihr könnt ja stattdessen Eure Zeit schonmal mit Lesen TOT-schlagen! :grin_still:

      Saxi schrieb:

      Ich freue mich schon auf den nächsten Teil :freudentanz: und lieben Dank fürs Schreiben. :danke:
      Bitteschön, und hier kommt das Teilchen schon ... frisch aus dem hauseigenen schindlerschen Teilchen-Beschleuniger ... :80:

      EPISODE 15: Kostbare Erinnerung [Teil 3]

      Wie ein kleines Kind beim Auspacken seiner Weihnachtsgeschenke strahlte Charles Wannabe über das ganze Gesicht, als er den kleinen Folienbeutel vom Topfboden langsam abzog und ihn dabei vorsichtig öffnete. Er stellte Sunny Flower II samt ihrem töpfernen Keramikthron auf der Nachttischplatte ab, zog mit der dadurch freigewordenen Hand das unmittelbar darunter befindliche Schubfach auf und holte mit geübtem Zweifingergriff aus einem kleinen Lederetui einen Nasenhaarentferner hervor, den er sogleich als Pinzette mißbrauchte und damit die Blaue Mauritius nun Stück um Stück aus ihrer leicht zu durchschauenden Folienhaft befreite. Mit prüfendem Blick betrachtete er die wertgeschätzte Markengeisel von allen Seiten, dann stellte er zufrieden lächelnd fest: "Völlig unversehrt und in einem 1A-Zustand, das teure Fundstück!". Sanft, ja geradezu liebevoll, ließ er den blaublütigen Markenartikel anschließend wieder in seine schlichte Folienhülle zurückgleiten, übergab den neben ihm stehenden Powerich das Tütchen und meinte andächtig: "Ihnen, mein Bester, kommt nun die wichtige Aufgabe zu, dieses edle Gut unbeschadet in den Buckingham Palace zu bringen, wo es dann endlich wieder in den Besitz seiner rechtmäßigen Eigentümerin übergehen kann. Ich hingegen werde Sie unterdess dort schon einmal telefonisch avisieren". Der zukünftige Svensson-Schwiegersohn aber staunte nicht schlecht: "Sie vertrauen mir die Blaue Mauritius aus dem Hause unseres Kronjuwels Lizzy II an. Der unscheinbare alte Fetzen ist doch sicher ein paar ordentliche Pfund schwer, oder?!". Wannabe schüttelte, während er sich seine Baumwollhandschuhe langsam wieder von den Fingern streifte, gedankenversunken den Kopf: "Ach, diese Jugend! Redet von Ihrer Majestät, der ehrwürdigen Königin, wie von einem Popidol und von einem ihrer wertvollsten Schätzchen wie von einem übergewichtigen Sumoringer. Ein paar ordentliche Pfunde?! Eine ungebrauchte Blaue Mauritius von ähnlicher Qualität brachte bei Versteigerungen seinem Vorbesitzer schon mal gut und gern mehr als 1 Million Euro ein, also umgerechnet knapp 864000 Britische Pfund". John Wayne stieß leise einen anerkennenden Pfiff durch die kleine Zahnlücke seiner unteren Gebißreihe aus: "864 Riesen auf so einem hauchdünnen Papierzwerg. Angesichts dieser Wertschätzung werd ich meiner Rosi aber jetzt gleich ordentlich die Sporen geben müssen". Ein paar zusätzliche Fältchen zeichneten sich bei dieser Bemerkung auf Charles Wannabes eh schon recht zerfurchter Stirn ab, worauf er auch sogleich beim - inzwischen schon im Aufbruch begriffenen - Leiter der Mordkommission nachhakte: "Ihre Rosi?! Gibt es da etwa etwas, worüber ich mir als bester Freund vom Vater der Braut Sorgen machen sollte?!". Powerich aber zwinkerte ihm nur milde lächelnd zu: "Mitnichten, Partner! Meine heißgeliebte Rosi ist ja gar kein Frauenzimmer und erst recht kein Seitensprung. Obwohl man, wenn sie einem zu nahe kommt, doch schnell mal zum Seitenspringer werden könnte. Rosi ist nämlich ein kleines Eselchen aus Draht, das unten am Haupteingang angelehnt schon sehnsüchig auf meine Wiederkehr wartet. Und seinen femininen Namen verdankt mein Gefährt der Tatsache, daß ich schon als kleiner Kau-Boy ein glühender Verehrer von Don Quixote in seinem unerschütterlichen Kampf gegen die übermächtig erscheinenden Windmühlen war. Angesichts dessen sollte an meinem zehnten Geburtstag auch mein erstes eigenes Fahrrad mit Stützrädern den Namen seiner alten Schindmähre auf den querstangigen Leib gepinselt bekommen. Voller Eifer strich Klein Johnny also in leuchtendstem Paule-Panther-Rosarot die ersten vier Buchstaben des Pferdenamens aufs unionjackgefärbte Stangenrohr, bis ich zu meinem Entsetzen bemerkte, daß ich damit auch schon am Ende der Fahnenstange angelangt war. Und so kam es eben dazu, daß ich mein Fahrrad fortan kurzerhand Rosi nannte - und mit ihm auch all seine zahllosen, meist irgendwann im hauptstädtischen Verkehrsdschungelkrieg komplett geschrotteten Nachfolgemodelle". Ahnungsvoll tippte sich Charles Wannabe zu seiner Rechten an die nun schon wieder etwas faltenlosere Stirn: "Ach, dann ist das gänzlich ungesicherte, in schimmeligem Weiß angestrichene stählerne Roß mit den beiden ledernen Satteltaschen und den Steigbügeln über der Querlatte und dem langen künstlichen Pferdehaarschweif am Gepäckträger wohl Ihr besagtes Geh-Pferd?!". Powerich nickte eifrig und präsentierte dem Fragesteller dazu seine breite, stolzgeschwellte Brust: "Ganz recht, Adlerauge Charlie! Ein Fahrradschloß hab ich noch nie besessen, bin ja schließlich auch gar nicht der Typ für einen Schloßherrn. Zu einem richtigen Zossen fehlen meiner Rosi hingegen wohl nur noch die Zügel. Aber auf die verzichte ich gern, denn im rasanten Verkehr der Großstadt mag ich es doch eher zügellos! In diesem Sinne: Bis die Tage!". Sprachs und war mit einigen kurzen Sätzen seiner Sieben-Meilen-Cowboyboots der noch immer offenstehenden Zimmertür entsprungen. Auf dem Flur aber hielt der Dahineilende noch einmal kurz inne und rief: "Cee Double You, soll ich Ihnen vielleicht noch rasch die Telefonnummer vom Buckingham Palace mittels meiner neuen Yellow Pages App aus meinem Tablet PC hervorzaubern?!". Aus dem Svenssonzimmer aber verkündete Charles Wannabes tiefes Organ raunend: "Danke vielmals, ist aber nicht nötig! Ich habe dank meiner inzwischen weitreichenden Kontakte zum Königshaus in meinem Smartphone sogar schon die Direktdurchwahl zu Ihrer Majestät, Queen Elizabeth II, abgespeichert. Sie wissen schon: Das ist die, die sie als Lizzy II zu betiteln pflegen!". Draußen wie drinnen wurde daraufhin je ein grinsendes Haupt geschüttelt, wobei der nun bereits wieder raschen Schrittes in Richtung Fahrstuhl enteilende Powerich lauthals ausrief: "So long, Sie spätfeudales Königskind!". Der zurückgebliebene Wannabe hingegen tönte umgehend zurück: "Gott schütze England, Ihre Majestät und im besten Fall sogar einen wie Dich, Du oller grünschnäbliger Prolet!".

      Ein paar Sekunden verstrichen, dann holte Charles Wannabe das goldige Smartphone aus seiner Anzugjackentasche hervor. Seine Fingerspitzen hüpften eifrig über den Touchscreen und entlockten ihm dabei den Telefonbucheintrag "HM Queen Elizabeth II". Er stubste den darunterliegenden "Call"-Button einmal sachte an, dann führte das Handy an sein Ohr, wobei er am Ausbleiben jeglichen Rufzeichens zu seinem Erstaunen feststellte, daß er hier im Raum scheinbar momentan kein Netz hatte. Und so warf er noch einen flüchtigen Blick auf den vor ihm leise schnarchenden Ex-Inspektor, verließ dann leisen Fußes das Zimmer und schloß dessen Türe vorsichtig hinter sich. Auf dem Flur aber begab er sich mit dem Telefon am Ohr raschen Schriittes in den Aufenthaltsraum neben der Teeküche, wo er nun endlich das langersehnte Freizeichen zu hören bekam. Wenige Sekunden später aber ertönte schon die freundliche Stimme einer älteren Dame: "Ja bitte, Sie wünschen?!". Charles räusperte sich einmal kurz, während sein angespannter Körper in diesem Moment innerlich einen leichten Hofknicks vollführte, dann sprach er mit feierlichem Klang in seiner Stimme: "Eure Majestät, Ich darf Euch untertänigst verkünden, daß die verlorengelaubte Briefmarke aus dem Besitz des britischen Königshauses dank meines ehrenwerten Freundes und langjährigen Yardinspektors Lukas Svensson nun doch wieder völlig unbeschadet aufgetaucht ist. Sie befindet sich mittels eines äußerst zuverlässigen und in meinen Augen über alle Zweifel erhabenen Fahrradkuriers namens John Wayne Powerich, seines Zeichens amtierender Leiter der Mordkommission von Scotland Yard, auf direktem Weg zu Ihnen in den Buckingham Palace". Am anderen Ende des Leitung war es einen Moment lang andächtig still, dann aber verkündete die königliche Stimme: "Mein sehr geehrter Charles, das ist ja einfach unglaublich, was Sie mir da berichten. Ich kann es ehrlich gesagt kaum erwarten, Ihren Boten in Kürze hier bei mir im Palast zu empfangen. Und es ist mir ein tiefes innerliches Bedürfnis, mich auch bei Ihnen und bei unserem Freund, Mister Svensson, persönlich zu bedanken. Ja, es wäre mir sogar eine große Ehre, den ehrenwerten Lukas Svensson bezüglich seiner Verdienste für unser Land am morgigen Tage in einer öffentlichen Zeremonie zum Ritter der Krone zu schlagen und ihn damit als Sir in den britischen Adelsstand zu erheben. Richten Sie ihm bitte die besten Grüße und den unumschränkten Dank des gesamten Königshauses und auch der gesamten Nation aus! Habe die Ehre, Charles! Ach ja, und wenn ich noch irgend etwas für Sie tun kann, dann scheuen Sie sich nicht, es mir mitzuteilen!". Wieder vollzog Wannabe innerlich eine tiefe Verbeugung, wozu er geradezu euphorisch verlautbarte: "Gott schütze Sie, Eure Majestät! Sie und alle Ihre Untertanen!". Bei diesen Worten schweifte sein Blick eher zufällig in Richtung des angrenzenden Aufenthaltsraums, in dem auf den zahlreichen Holzstühlen an den kleinen Tischen eine größere Anzahl von Heimbewohnern schlafend oder leise vor sich her murmelnd vor dem nebenher laufenden Fernsehgerät hockte. Kleine unscheinbare Tränchen fluteten Charles Wannabes Augen, während er flüsternd ins Telefon hineinhauchte: "Eure Majestät, ich glaube, da gäbe es schon etwas, was Sie tun könnten! Wenn Sie mal eben einen Stift und ein Blatt Papier zur Hand hätten ...".

      Noch während Wannabe mit der Königin telefonierte, öffnete sich - von ihm gänzlich unbemerkt - ein paar Meter entfernt in seinem Rücken die Tür des größeren Fahrstuhls. Heraus traten Yelena Svensson und an ihrer Seite der Hausarzt der Svenssons, der seiner Patientin in diesem Moment erklärte: "Ich habe jetzt die Auswertung der gestrigen Untersuchungsergebnisse und Blutwerte von Ihnen und Ihrem Gatten erhalten. Und ich mache mir ehrlich gesagt große Sorgen, Misses Svensson!". Yelena schaute den Doktor mit großen, entsetzen Augen an: "Was Sie meinen damit?! Mein geliebtes Luki haben etwa ernstes Problem mit Gesundheit?!". Der Mediziner aber schüttelte nur eifrig den Kopf: "Nein, meine Liebe, nicht Ihr Mann ist es, dessen gesundheitlicher Zustand mir Sorgen macht, sondern vielmehr Sie! Die Sauerstoffsättigung in Ihrem Blut ist viel zu gering. Und Ihre komplette Lunge weist äußerlich eine Art seltener Verschwartung auf, ursächlich wohl von einer früheren Überdosierung des inzwischen weltweit verbotenen Betäubungsmittels Airethin herrührend. In der medizinschen Fachsprache wird ihr Leiden nach dem ersten Menschen, bei dem es nachweislich auftrat, auch als Hellmuth-Krause_syndrom bezeichnet. Die millimeterdicke Schwarte um ihre Lungenflügel herum führt dabei immer wieder zu Problemen beim Luftholen und besonders nachts unter Umständen sogar zu recht bedrohlichen Atemaussetzern. Lebensbedrohlich aber könnte es in dem Moment werden, da sich die Verschwartung mit einem Male ruckartig von der Lunge löst. Die Lunge würde den damit einhergehenden kurzzeitigen Stabilitätsverlust dann vermutlich dadurch zu kompensieren versuchen, daß sie sämtliche ihrer Bläschen weit über das normale Maß hinweg mit Sauerstoff auffüllt. In der Folge könnten die Lungenbläschen allesamt zerplatzen, und die Lunge würde vollkommen in sich zusammenfallen. Das aber hätte dann den unmittelbaren Tod zur Folge". Yelena Svensson aber winkte unbeeindruckt ab: "Ich das kennen! Ihr Menschen mit weißes Kittel immer gleich aufmalen, was man auch nennen Wurst-Käse-Szenarium!". Der Arzt an ihrer Seite sah sie eindringlich an: "Was Sie meinen, ist ein Worst-Case-Scenario. Und in Ihrem momentanen Zustand kann der schlimmste Fall leider schneller eintreten, als es uns Beiden lieb wäre. Ganz im Ernst, Misses Svensson: Wenn Sie sich nicht ab sofort deutlich schonen, dann sehe ich bedauerlicherweise rabenschwarz für Sie. Natürlich kann und werde ich Ihnen für den Notfall ein recht effektives Atemspray verschreiben, das Sie bitte stets bei sich führen. Aber ohne ein Ruhigertreten von Ihrer Seite wird auch das am Ende nicht viel auszurichten vermögen. Ich hoffe, wir haben uns da jetzt richtig verstanden?!". Ein wenig bedrückt wirkend, senkte sich Yelenas Haupt, während sie kleinlaut bemerkte: "Natürlich, ich das haben verstanden! Aber wie ich mich sollen schonen, wenn mein geliebtes krankes Luki mich jetzt brauchen noch viel mehr als vorher jemals?!". Der Doktor zu ihrer Rechten zögerte einen Augenblick, dann antwortete er: "Sie müssen die Pflege Ihres Mannes hier im Heim eben mehr in die Hände der Schwestern und Pfleger legen und sich stattdessen erst einmal vorrangig selbst pflegen. Wollen Sie das bitte - auch im Interesse Ihres Mannes, aber vor allem auch in ihrem eigenen Interesse - tun?!". Yelenas gesenkter Kopf nickte schwach, wozu sie leise raunte: "Ja, ich es zumindest wollen versuchen!". Der Mann im weißen Kittel gab sich mit dieser hablherzig einsichtigen Auskunft fürs Erste zufrieden und streckte seiner Patientin mit einem verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr dabei gleichzeitig die Hand entgegen: "Es wird Zeit für mich, Misses Svensson. In der Klinik wartet nämlich noch eine künstliche Befruchtung auf mich. Wir sehen uns dann übermorgen wieder, wenn ich Ihren Lukas wieder einmal etwas genauer unter die Lupe nehme. Und Sie vermeiden mir bis dahin nach Möglichkeit jede Anstrengung und jeglichen Streß! Also, bis dann!". Mit diesen Worten machte er auf dem Hacken kehrt und ging dann bedächtigen Schrittes zum Lift zurück. Yelena aber erhob ihr leichtbetrübtes Haupt wieder und wischte sich einmal kräftig mit dem Handrücken über die glasig gewordenen Äuglein. Dazu setzte sie ein bemüht strahlendes Lächeln auf und lief dann mit forschem Schritt erwartungsvoll auf ihr Zimmer zu.

      Beim Eintritt ins Innere des Raumes bemerkte sie sofort das zaghafte Blinzeln in den Augen ihres im äußersten oberen Betteck zusammengekauerten Ehegatten. Ohne lange nachzudenken, lief sie freudestrahlend auf ihn zu, hüfte zu ihm auf die Bettdecke und schlang beide Arme um seinen Hals. Dazu bedeckte sie sein ein wenig zuckendes Gesicht mit sanften Küssen und hauchte schluchzend: "Oh, mein liebes kleines Luki! Daß Du endlich wieder sein wach! Ich Dich haben so sehr vermißt! Und ich Dich müssen erzählen tausend neues Dinge ...". Lukas Svensson aber ergriff ihr zartes Köpfchen fest mit beiden Händen und drückte es einige Zentimeter von dem seinen weg. Dann sah er ihr minutenlang mit unbewegter Mine tief in die Augen und sprach schließlich: "Du bist es, nicht wahr?! Du bist meine Frau. Yelena Svensson, geborene Zladkaja. Aber ja doch, ich erinnere mich! Jetzt erinnere ich mich ja wieder! Ich hatte gerade den schwierigen Fall eines mysteriösen Mordes zu bearbeiten, in den unter anderem auch zwei Frauen und ein Zug verstrickt waren. Und Du, Du warst bei uns im Yard als Reinigungskraft angestellt. Wir haben den Tag und die Nacht meines zehnjährigen Yardjubiläums zusammen verbracht. Einen traumhaften Tag und eine unvergeßliche Nacht, der noch viele folgten. Wir wollten sogar heiraten, als ich in Rente ging. Aber dann warst Du weg! Verschollen! Und ich, ich hab Dich gesucht mit meinen Jungs, von denen einer ein Judas war. Mit ihnen zusammen hab ich erst Dich und dann auch noch einen ganz anderen Schatz gefunden. Und dann haben wir uns endlich getraut, uns zu trauen. Für immer und ewig, Mann und Frau! Ich hab mit Charles Wannabe eine Detektei eröffnet und gemeinsam den Fall eines verschwundenen Heiligen gelöst, wobei mein ehemaliger Erzrivale Charles selbst vom Saulus zum Paulus wurde. Doch auch dem Leibhaftigen haben wir dabei Auge in Auge gegenüber gestanden - der in der Gestalt eines gewissen Lou Cypher daherkam. Ich brachte ihn mobiltelefonisch zu Fall, und er versuchte anschließend, uns dafür das Leben zu nehmen. Das Leben und eine äußerst wertvolle Briefmarke aus dem Besitz der Königin von England. Beides aber hab ich vor ihm retten können. Vor ihm, jenem menschenverachtenden Teufel, der nach dem grausamen Mord an meinem Freund Jack Holmes vor meinen Augen in einem kleinen Krematorium ganz in der Nähe unseres Pflegeheims in Flammen aufgehend zur Hölle fuhr. Mein Gott, und ich hatte das alles schon ganz vergessen! Lou Cypher und seine Teufelsbrut, Jack Holmes, Charles Wannabe und Dich ... ja, sogar Dich, mein Liebling! Um Himmels willen, was ist denn nur los mit mir?! Wie um alles in der Welt konnte ich nur jemals vergessen, daß Du meine Frau bist - das Beste, was mir auf Erden je passiert ist, die Liebe meines Lebens, die unangefochtene Königin meines Herzens und das wohltuende Balsam für meine leidgeprüfte Seele". Heulendes Elend überkam Lukas, und sein kummervolles Haupt sank langsam hernieder und verbarg sich dabei wie von selbst zwischen jener wohlgeformten hügeligen Landschaft, die Yelenas weiche Brust unter dem kuschligwarmen Stoff ihres Wollpullis bildete. Derart liebvoll innig ineinander verstrickt, verharrte das Svenssonpaar einige kostbare Momente, bis nach einem noch recht zaghaftem Klopfen die Zimmertür aufsprang und Charles Wannabe eintrat. Er erblickte die Liebenden, und seine Wangen röteten sich ein wenig. Rasch suchten seine Augen den Bodenkontakt, während er leise zu stammeln begann: "Tschuldigung, ich ... also ich ... ich wollte nicht ... nicht stören! ... Aber die ... also die ... nun ja, Ihre ... unsere ... Majestät ... die Erste Frau im Staate ... Queen Elizabeth die Zweite ... Sie ... sie hält Einzug ... schon morgen ... hier im Heim ... also nur zu Besuch ... so als Gast, nicht zum hier Wohnen, versteht sich! ... Und Sie schlägt Sie ... äh Dich, Lukas ... also zum Ritter, Sir ... Ach, was red ich denn für Schwachsinn!". Charles atmete einmal ganz tief ein und aus, dann sprach er: "Also, Ihre Majestät erhebt Dich aufgrund Deines markigen Fundes am morgigen Tag hier vor Ort in den Adelsstand. Dazu wird es untem im Großen Speisesaal neben dem Foyer ein festliches Bankett geben. Der oberste königliche Zeremonienmeister klärt gerade alles dafür Erforderliche telefonisch mit der Einrichtungsleitung ab. Na, was sagst Du dazu, alter Knabe?!". Lukas, dessen Kopf sich längst wieder von seiner sanften Lagerstatt an Yelenas Busen erhoben hatte, sah Wannabe mit funkelnden Augen an, und erklärte: "Die englische Königin kommt hierher zu mir, um mich zu ehren?! Und aus dem gebürtigen Kraut Svensson wird auf seine alten Tage noch ein waschechter britischer Sir! Alter Schwede, da bin ich echt sprachlos!". Yelena aber, die zunächst nur erstaunt vor ihm auf der Bettdecke gehockt hatte, strich ihm liebevoll mehrmals über beide Wangenknochen und seufzte: "Du das längst haben verdient, für alles, was Du haben getan hinweg über vieles Jahre für Deine Land und sein Menschen. So, wie haben gutes altes Charlie verdient, bald zu sein neues Premiere-Minister von Großes Britanien und mit Claudia und kleines Ceddy zu ziehen ein in berühmte Haus in Downing Straße mit Nummer 10". Noch etwas ungläubig schaute Lukas zu seinem Expartner hinüber, der aber lächelte ihm zu und nickte: "Ja, mein Freund, das stimmt! Die bislang als Premier amtierende Kate Winslet-Keating wird sich in den kommenden Monaten aus privaten und gesundheitlichen Gründen gänzlich aus der Politik zurückziehen. Und ich gelte schon jetzt überall unter der Hand als aussichtsreichster Kandidat für ihre Nachfolge. Mitglied des britischen Unterhauses bin ich ja schon seit meiner Zeit als Antiterrorchef. Und die Mehrheit der Abgeordneten steht wohl gerade seit meines weihnachtlichen Sinneswandels vor einigen Jahren auch längst hinter mir und meinen Ansichten. Ist halt alles nur momentan noch nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt, Du verstehst?!".

      Einen Moment lang wirkte Lukas Svensson äußerst nachdenklich, ja teilweise sogar irgendwie bestürzt, dann erklärte er: "Ja, ich versteh schon! Und mach Dir keine Sorgen, Dein kleines Geheimnis ist bei mir bestens aufgehoben. Wie ich mich kenne, hab ich es dank meines kranken Hirns spätestens übermorgen eh schon wieder vergessen. Und gratulieren kann und werde ich Dir natürlich dann auch erst, wenn es offiziell ist, Mister Premierminister, Sir. Aber Dir ganz fest die Daumen drücken, das tu ich jetzt schon! Denn es gibt meines Erachtens nach niemanden, der dieses Amt würdevoller bekleiden könnte als Du, mein Freund! Und weißt Du was?! Auch wenn Du mich jetzt sicher für gänzlich verrückt geworden hälst: Ich glaube, ich habe Dich vor einiger Zeit in einer Art merkwürdigem Traum sogar schon einmal - wenn auch unter etwas anderen Umständen - in jenem Amt gesehen". Damit winkte Svensson seinen Freund Charles ein wenig dichter zu sich heran, und leise flüsternd ergänzte er rasch: "Ich kann Dir zwar nicht sagen warum aber hüte Dich bitte stets vor dem möglicherweise recht explosiven neunten Tag des zwölften Monats eines jeden Jahres in Deinem zukünftigen Amtssitz!". Wannabe aber raunte dankbar zurück: "Ich vertraue, wie stets, Deinem weisen Gespür für traumatische Vorahnungen und werde Deinen - zugegebenermaßen recht mysteriösen - Ratschlag berücksichtigen! Danke, mein Freund, hab Dank für alles!". Minutenlang schüttelte Charles Wannabe daraufhin mit immer feuchter werdeneden Augen zeitgleich die Hände der beiden Svenssons, dann löste er sich schlagartig von Beiden und verabschiedete sich mit den Worten: "Ihr müßt mich jetzt schon entschuldigen, aber meine Claudi und ich haben noch soviel zu tun. Die Planung unseres eventuell bald bevorstehenden Umzugs und die Übergabe unserer Detektei an unseren Juniorpartner Timmy. Die Formalitäten der Scheidung von Janet und die endgültige Adoption von Mike L. Naja, wie dem auch sei, wir sehen uns ja dann morgen beim Besuch der Königin und am kommenden Gründonnerstag zum gemeinsamen Abendessen. Versprochen! In diesem Sinne, Euch noch einen schönen Abend!". Damit verließ er in raschem Tempo das Zimmer und über das Treppenhaus anschließend auch das Heim. Unten vorm Haupteingang aber warteten schon ein ziemlich außer Puste geratener und vom unverhofften Zusammentreffen mit der Queen sichtlich beeindruckter John Wayne Powerich nebst seinem Drahtesel und Charles First Lady Claudia, mit der er gemeinsam nun seinen nigelnagelneuen himmelblauen Minivan mit den wolkenweiß getönten Panzerglasscheiben bestieg und der langsam untergehenden Sonne entgegenfuhr, in Richtung seines unter Umständen schon in nächster Zeit zu räumenden Wohnsitzes ...

      [Wird fortgesetzt]
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    • So bin wieder da und finde bereits ein neues Update vor, noch bevor ich das andere kommentieren konnte :smile_wink:

      Aber dafür folgt jetzt eine kurze Zusammenfassung zum aktuellen Geschehen:
      Charles Wannabe lebt und ist wohlauf. Yelena ist doch nicht so gesund wie man zu meinen glaubt und Lukas wird von der Queen im Heim zum Ritter geschlagen und in den Adelsstand gehoben.

      Der Schreibstil war ja wieder mehr als nur detailliert. Man lehnt sich zurück ein bisschen Musik von Hans Zimmer und schon ist man in der Welt von Lukas Svensson. Man sieht alles wie in einem Film vor sich.

      Das waren wieder aufschlussreiche und doch auch besorgniserregend (Yelenas gesundheitlicher Zustand)

      Bin schon gespannt wie das weitergeht, danke für diese tolle Story

      MfG

      M.V.V.M.
      Ich glaube das menschliche Bewusstsein ist ein tragischer Fehltritt der Evolution. ---- RUST Cohle
    • M.V.V.M. schrieb:

      So bin wieder da und finde bereits ein neues Update vor, noch bevor ich das andere kommentieren konnte :smile_wink:
      Tja, so ist das mit dem "Live"-Schreiben. Da haut man einfach in die Tasten, wenn bei einem das Kribbeln in den Fingerchen und das Ideen-Spinnen im Kopf überhand nimmt. Mal vergehen Wochen und Monate, mal nur Tage und Stunden. Nichts desto trotz: Schön, Dich wieder bei uns im Svensson-Universum begrüßen zu können, M.V.V.M.! :daumen:

      M.V.V.M. schrieb:

      Aber dafür folgt jetzt eine kurze Zusammenfassung zum aktuellen Geschehen:
      Charles Wannabe lebt und ist wohlauf. Yelena ist doch nicht so gesund wie man zu meinen glaubt und Lukas wird von der Queen im Heim zum Ritter geschlagen und in den Adelsstand gehoben.
      Ich danke Dir einmal mehr für die auf den Punkt gebrachte Kurzfassung meiner ellenlangen Schreibarbeit! :cool1:

      M.V.V.M. schrieb:

      Der Schreibstil war ja wieder mehr als nur detailliert. Man lehnt sich zurück ein bisschen Musik von Hans Zimmer und schon ist man in der Welt von Lukas Svensson. Man sieht alles wie in einem Film vor sich.
      Ich erkenne immer wieder, wie wir uns im multimedialen Les- bzw. Schreiberlebnis ähneln. Auch bei mir spielt passende Hintergrundmusik beim Verfassen meiner Geschichten eine ganz entscheidende Rolle, versetzt sie einen doch immer in die entsprechende Stimmungslage. :wolke_7:

      M.V.V.M. schrieb:

      Das waren wieder aufschlussreiche und doch auch besorgniserregend (Yelenas gesundheitlicher Zustand)
      Allerdings, so langsam wird es eng für die Vetreter meines Hauptcasts. Und bei weitem nicht alle werden die noch folgenden 6 Episoden unbeschadet für Leib und Leben überstehen. :crying2:

      M.V.V.M. schrieb:

      Bin schon gespannt wie das weitergeht, danke für diese tolle Story
      War mir wie immer ein Vergnügen. Aber bvor es in Bälde weitergeht mit dem Einzug der Königin ins Himmelstürchen-Heim, noch ein paar kleine Bemerkungen in eigener Sache. :angel:

      Ihr Lieben! Seit nunmehr 2 Jahren wird dies für Euch, die treuen Svenssonfans, und mich die erste Adventszeit ohne einen Svensson-Adventskalender. Stattdessen wird es vielmehr für Euch hier und da den einen oder anderen Episodenteil der aktuellen Geschichte geben, die ja weiterhin ihrer Vollendung entgegenschreitet. Für mich eröffnet sich damit zugleich die Gelegenheit, mal in eine ganz neue Rolle zu schlüpfen - die des entspannten Lesers. Und so öffne ich in diesem Jahr ab dem morgigen Tag selbst fleißig ein paar Kalender-Türchen, und zwar die meines ersten Adventskalender-Romans "24 Antworten". Mit dem Abstand von 2 Jahren werde ich mein Machwerk dabei wohl noch einmal ganz neu entdecken, und vllt geb ich am Ende zum Fest sogar im entsprechenden Topic nochmal ein Feedback als Leser. Wer bis dato die Svensson-Adventsgeschichte noch nicht gelesen hatte, ist dabei gern herzlich eingeladen, es mir gleich zu tun. Dürfte wie bei einem 24-Staffel-Marathon sicher durchaus sehr spannend und interessant sein. :daumen:

      Nebenher laufen natürlich parallel auch meine anderen Projekte weiter ... mein Klostertagebuch "Stilleben mit Glocke", eine kleine Auftragsarbeit für ein besonderes Projekt einer lieben Freundin und der Start in mein 40+ Jahr 2012 auf Facebook unter dem vielsagenden Titel "Celebrate Your Midlife Crisis". Und auch sonst wird 2012 ein echt spannendes Jahr, bringt es doch - wenn alles nach Plan läuft und die Inkas am Ende Unrecht behalten - von meiner Seite ein Wiedersehen mit den Brüdern Krause und Frank Bauer als dem unebkannten Opfer 3000 sowie ein paar reichbebilderte Nachwanderungs-etappen auf den Spuren Theo Fontanes durch das Brandenburgische ... Doch genug der Zukunftsmusik ... :huh:

      Ich wünsche an dieser Stelle vielmehr allen Svensson-Fans der vergangenen Jahre und auch denen, die es im Laufe der kommenden Wochen und Monate noch werden, eine schöne und besinnliche Adventszeit!


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    • Wow, da hat sich ja wieder einiges ereignet. :eek:

      Zuerst mal das gesundheitliche Problem von Yelena und dann wird Lukas noch von der Queen zum Ritter geschlagen. Da steht ja das ganze Heim Kopf. :11:
      Na auf den nächsten Teil bin ich aber mehr als gespannt. Wenn dann die Queen kommt. :thumbs02:

      Ja das stimmt, ich sehe es auch bei jedem Teil immer wie in einem Film vor mir. Das ist echt wahnsinn, wie Du das immer beschreibst. Und auch ich bin schon sehr gespannt wie es weitergeht. :thumbsup:

      Ach das ist ja einerseits sehr schade, dass es diesmal keinen Svensson-Adventskalender von Dir gibt. Aber andererseits auch verständlich, dass Du mal langsamer machst. Es ist ja nicht so, dass wir gar nichts von Dir zu lesen bekämen. Das ist schade, dass ich an Dein Facebook-Projekt nich rankomme. Ich bin nicht bei Facebook und habe auch nicht vor mich dort anzumelden. Aber das hätte nich schön interssiert. Na was solls. Auf jeden Fall hast Du genug Geschichten an denen Du weiterschreiben kannst. Und das ist ja auch super. :thumbs02:

      Auch ich möchte allen eine schöne und besinnliche Adventszeit wünschen.

      So und nun freue ich mich schon wenns weitergeht :freudentanz: und dankeschön fürs Schreiben. :danke:

      Gruß

      Saxi :)
      "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt ist ein Mensch"
    • So, wird Zeit für mich auch hier bei unserm Lukas und Co. mal wieder aufzuholen und nachzulesen.
      Danke Sven, für das immer wieder so faszinierende Geschriebene! Bist du sicher, dass es nur noch 6 Folgen sind?? Mir kommt es immer noch vor wie eine unendliche Geschichte, die einfach nicht aufhören kann und will (und soll...). :25:

      Was facebook angeht, geht es mir wie Saxi - aber ich zelebriere dann einfach meine eigene Midlife Krise. :cheesy_grin:

      Auch wenn ich nur ungerne auf den Svenschen Adventskalender verzichte, verstehe ich dich voll und ganz und so schließe ich mich euch an und wünsche auch allen Mitlesern eine schöne Adventszeit und vorallem dann und wann ruhige Momente für den Blick auf das Wesentliche an Weihnachten - "Christ ist geboren!"

      liebe Grüße
      claudia
      Weihnachten: "Euch ist heute der Retter geboren, Christus der Herr." die Bibel in Lukas 2,11
    • Wie schön, dass das Kribbeln in Deinen Fingern diesmal wieder so schnell zurückgekehrt ist, Sven! ;) Und Deine "kostbare Erinnerung" ist in der Tat überaus ereignisreich. :daumen:

      Ich frage mich jetzt mal nicht, wie die Queen mal "so eben" ihren sicherlich minutiös geplanten Tagesablauf für den bevorstehenden Ritterschlag Lukas' über den Haufen werfen konnte, denn dafür ist die Aussicht auf ihren hoheitlichen Besuch viel zu schön! :03: Und ich hege mal die leise Hoffnung, dass sie ihren Gatten im Schlepptau haben wird, der der Sache sicherlich den einen oder anderen schwarzhumorigen Augenblick bescheren könnte. :dev:

      Auf jeden Fall ist es schon enorm, was Deine Hauptcharaktere gerade für einen Aufstieg vollführen. Lukas wird auf seine alten Tage zu Sir (!) Svensson und der gute Charles hat beste Chancen, bald Premierminister zu sein. Na, wenn das mal keine guten Aussichten auf die verbliebenen Episoden sind!

      Einzig Yelenas Gesundheitszustand trübt die bevorstehenden Ereignisse etwas. Aber auch hierfür hast Du sicher schon bald eine Erklärung parat. Habe da auch schon so eine Vermutung, aber die ist mir im Augenblick etwas zu "traurig-schön" und so möchte ich sie vorläufig lieber erst mal für mich behalten.

      Ich freue mich fürs Erste nun lieber erst mal auf den "Auftritt" der Queen... :)


      Liebe adventliche Grüße,
      Annie
    • Saxi schrieb:

      Wow, da hat sich ja wieder einiges ereignet. :eek:
      Stimmt, und das wird es auch in der Folge immer dann tun, wennin einer meiner Geschichtsepisoden Lukas als Hauptheld agiert.

      Saxi schrieb:

      Zuerst mal das gesundheitliche Problem von Yelena und dann wird Lukas noch von der Queen zum Ritter geschlagen. Da steht ja das ganze Heim Kopf. :11:
      Genau, die überschlagen sich da förmlich.

      Saxi schrieb:

      Na auf den nächsten Teil bin ich aber mehr als gespannt. Wenn dann die Queen kommt. :thumbs02:
      Das wird mein Weihnachtsgeschenk an meine Leser, hier nachzulesen am ersten oder zweiten Feiertag.

      Saxi schrieb:

      Ja das stimmt, ich sehe es auch bei jedem Teil immer wie in einem Film vor mir. Das ist echt wahnsinn, wie Du das immer beschreibst. Und auch ich bin schon sehr gespannt wie es weitergeht. :thumbsup:
      Nun ja, wie gesagt, noch ein kleinwenig Geduld. Vorfreude ist ja bekanntlich eh die schönste Freude.

      Saxi schrieb:

      Ach das ist ja einerseits sehr schade, dass es diesmal keinen Svensson-Adventskalender von Dir gibt. Aber andererseits auch verständlich, dass Du mal langsamer machst. Es ist ja nicht so, dass wir gar nichts von Dir zu lesen bekämen.
      Stimmt, gleich im Anschluß zum Beispiel mal wieder ein neuer Eintrag in Lukas' Flitterwochentagebuch.

      Saxi schrieb:

      Das ist schade, dass ich an Dein Facebook-Projekt nich rankomme. Ich bin nicht bei Facebook und habe auch nicht vor mich dort anzumelden. Aber das hätte nich schön interssiert. Na was solls. Auf jeden Fall hast Du genug Geschichten an denen Du weiterschreiben kannst. Und das ist ja auch super. :thumbs02:
      Ok, ich denke mal, das Facebook-Problem hat sich inzwischen erledigt.

      Saxi schrieb:

      So und nun freue ich mich schon wenns weitergeht :freudentanz: und dankeschön fürs Schreiben. :danke:
      Na, dann laß uns mal loslegen!

      claudia312 schrieb:

      Danke Sven, für das immer wieder so faszinierende Geschriebene! Bist du sicher, dass es nur noch 6 Folgen sind?? Mir kommt es immer noch vor wie eine unendliche Geschichte, die einfach nicht aufhören kann und will (und soll...). :25:
      Keine Sorge, der Abschied ist noch nicht das Ende, sondern wie auch im Leben sogar eher erst der Anfang.

      claudia312 schrieb:

      Auch wenn ich nur ungerne auf den Svenschen Adventskalender verzichte, verstehe ich dich voll und ganz
      Tja, diesnen Advent gibts ihn ja wieder, zum einen in Form eines 24-teiligen Klostertagebuchs, aber eben auch mit nur 4 brandneuen Adventsepisoden aus der Flitterwochen-Weltreise.

      Annie03 schrieb:

      Wie schön, dass das Kribbeln in Deinen Fingern diesmal wieder so schnell zurückgekehrt ist, Sven! ;) Und Deine "kostbare Erinnerung" ist in der Tat überaus ereignisreich. :daumen:
      Ja, es kribbelt eben immer mal wieder, auch heute ...

      Annie03 schrieb:

      Ich frage mich jetzt mal nicht, wie die Queen mal "so eben" ihren sicherlich minutiös geplanten Tagesablauf für den bevorstehenden Ritterschlag Lukas' über den Haufen werfen konnte, denn dafür ist die Aussicht auf ihren hoheitlichen Besuch viel zu schön! :03: Und ich hege mal die leise Hoffnung, dass sie ihren Gatten im Schlepptau haben wird, der der Sache sicherlich den einen oder anderen schwarzhumorigen Augenblick bescheren könnte. :dev:
      Aber holla, natürlich ist der Queengemahl mit von der Partie. Und seinen schwarzen blaublütigen Humor hat er auch nicht zuhaus gelassen, soviel versprech ich jetzt schon mal.

      Annie03 schrieb:

      Auf jeden Fall ist es schon enorm, was Deine Hauptcharaktere gerade für einen Aufstieg vollführen. Lukas wird auf seine alten Tage zu Sir (!) Svensson und der gute Charles hat beste Chancen, bald Premierminister zu sein. Na, wenn das mal keine guten Aussichten auf die verbliebenen Episoden sind!
      Ja, es geht momentan an allen Fronten steil aufwärts mit der Karriere und dem Ansehen.

      Annie03 schrieb:

      Einzig Yelenas Gesundheitszustand trübt die bevorstehenden Ereignisse etwas. Aber auch hierfür hast Du sicher schon bald eine Erklärung parat. Habe da auch schon so eine Vermutung, aber die ist mir im Augenblick etwas zu "traurig-schön" und so möchte ich sie vorläufig lieber erst mal für mich behalten.
      Ok, ich glaub, ich weiß, was Du meinst ... Sollte man in naher Zukunft Yelena etwa Gurken mit Schlagsahne essen sehn?! Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht ... und wenn doch, dann würd ichs eh nicht verraten!

      Annie03 schrieb:

      Ich freue mich fürs Erste nun lieber erst mal auf den "Auftritt" der Queen... :)
      Ok, zum einen hatten wir den mittlerweile andersweitig bereits, zum andern läßt er noch bis zum Weihnachtsfest auf sich warten. Also was liegt näher, als inzwischen mal ein paar Jahre zurück zu gehen & ein ganz anderes FEST zu besuchen ...

      Ladies & Gentlemen, nach etwas längerer Pause geht es nunmehr weiter mit der Flitterwochen-Welt-Tournee des frischgebackenen Ehepaares Yelena und Lukas Svensson, die wir zuvor im Herbst des Jahres 2009 im Kämmerlein einer kleinen Pension am Rande der Hauptstadt des bayrischen Freistaats München zurückließen, das Ihnen der weibliche Familienvorstand der gerade erst kennengelernten ortsansässigen Familie Käsler als Übernachtungsmöglichkeit besorgt hatte. Wie es am Tag danach weitergeht mit unseren Frischvermählten und ihrer erweiterten Gastfamilie, das erleben wir in der kommenden wie auch bereits in dieser Folge, in welcher man sich gemeinsam zum Aufbruch zu einem ereignisreichen Oktoberfest-Wiesn-Besuch rüstet ... Viel Vergnügen! :thumbup:

      INSPEKTOR SVENSSON: FLITTERWOCHEN-TAGEBUCH
      Eintrag 7


      25. September 2009. München - Tag 2. Vierter Akt.

      Morgens gegen 7.30 Uhr wurde ich von einem leisen Pochen geweckt, welches keineswegs - wie ich zuerst annahm - dem Klopfen des Herzens in der sich an meine kahle Stirn liebevoll anschmiegenden Brust meiner geliebten Yelena entstammte. Es handelte sich vielmehr um ein rasch immer ungestümer werdendes Hämmern gegen die massive hölzerne Zimmertür unserer lauschigen Pensionskammer, zu welchem sich von draußen alsbald auch die vertraute Stimme Frau Käslers gesellte: "Schlafts Ihr vielleicht no?! Na dann aber nix wie fix naus aus de Federn mit Euch! Mir ham heit vui vor und warten vorn am Ecktisch an der Rezi scho mit am zünftgen Frühstück auf Eich! Auf geht’s! Gemma, gemma!". Derartig motiviert entsprangen ich und meine - neben mir ebenfalls langsam ihre Äuglein aufschlagende und sogleich meinen trockenen Lippen mit einem feuchten Busserl der ihrigen bedeckende - Yelena binnen weniger Sekunden unserem rustikalen Nachtlager, begaben uns in Windeseile ins Bad und dort unter die bestenfalls als lauwarm zu bezeichnende Dusche. Herrlich erfrischend prasselte der kühle Schauer aus dem Duschkopf auf uns hernieder, unter dem sich unsere leicht bibbernden nackten Körper wie von selbst immer näher aneinanderschmiegten, um sich von den emsigen Fingern des jeweils anderen erst eingehend abseifen und anschließend mit den - auf einem Holzschemel nahe des Waschbeckens - bereitliegenden Handtüchern auch ausgiebig trockenrubbeln zu lassen. Zuletzt schlüpften wir noch in unsere Kleider und begaben uns zügigen Schrittes zum Eingangsbereich der Pension "Liesl", wo wir schon von Frau Käsler und ihrer Tochter Sandra sowie unserer gemeinsamen Bekannten Anne-Marie Septus erwartet und aufs herzlichste begrüßt wurden. Gemeinsam nahmen wir alle fünf am reichlich gedeckten Frühstückstisch im Eck hinter der Außentür platz und konnten uns am Angebot der Speisen erst einmal gar nicht sattsehen. Vier verschiedene Wurstsorten, dazu Käseaufschnitt und Marmelade, Butter und Margarine, Weißkäse, Weißbrot, Graubrot, Schwarzbrot, Mohnhörnchen und Brötchen. Letztere verbreiteten einen nicht minder herrlichen frischen Duft wie der dampfende, aus frisch gemahlenen Bohnen gebrühte Kaffee, mit dem im selben Atemzug die fesche Wirtin vom "Liesl" erschien. Luise - so hieß die junge Frau mit der krausen feuerroten Löwenmähne, deren strahlendes Outfit aus einem schwarz-roten Trachtengewand bestand, welches an der Taille von einem gürtelähnlichen goldenen Band umwunden wurde, das vorn zu einer Schleife zusammengebunden war - schenkte den Käslers und Anne-Marie ohne Umschweife ein. Dann schaute sie zu Yelena und mir und fragte: "Darfs für die Herrschaften auch ein Kaffee sein, oder präferieren sie auch beim Breakfast auch eher eine Teatime?!". Ich schmunzelte: "Nein, Fräulein Luise, Kaffee ist uns schon recht". Und meine bessere Hälfte ergänzte lächelnd: "Und wenn ich wollten Tee trinken, dann ich würden wählen Schwarzes Tee mit viel weißes Milch!". Die Liesl-Wirtin begann herzhaft zu lachen ... so herzhaft, daß sogar der üppig vorhandene Vorbau im weit ausgeschnittenen Dekolleté ihres Kleides direkt vor meinen Augen recht zügellos auf und ab zu hüpfen begann. Seltsamerweise gelang es mir zunächst nicht, meinen Blick von diesem unerwarteten Schauspiel abzuwenden, was wohl an einer spontan auftretenden Versteifung im Bereich meines Nackens gelegen haben dürfte. Erst als mir meine Gattin von der Seite her ein wenig unsanft gegens Schienbein trat. löste sich besagte Versteifung urplötzlich wieder. Etwas verlegen schaute ich schulterzuckend zu Yelena herüber, die aber zwinkerte mir nur kopfschüttelnd zu, beugte sich mit erhobenem Zeigefinger zu mir herüber und raunte mir ins linke Ohr: "Altes Schlawiner, ich genau haben gesehen, wo Du starren hin bei junges Frau von Liesl. Und ich fürchten, daß ich mich sehen gezwungen, zu unternehmen dagegen etwas ganz schnell". Anschließend rückte sie ein wenig von mir ab und drehte ihren Kopf zur anderen Seite, wo sie für mehrere Minuten geradezu verschwörerisch mit Frau Käsler zu tuscheln begann. Letztere schaute dabei mit versteinert wirkender Miene immer wieder zu mir herüber und nickte mehrere Male stumm. Am Ende aber verkündete sie lauthals: "Is scho recht, so macha mir des! Und I woas a schon wo mir des ganz gschwind über de Bühn bringa kenna. Aber z'erst a moi wird ausgiebig gebruncht. Und dann kummas mit, Frau Yeli, Sie und Ihr oider Schürzenjäger da drüben! An guadn Appetit allerseits wünsch I!". Die Damen am Tisch ließen es sich daraufhin vorzüglich munden, scherzten und tuschelten untereinander. Nur mir wollte das Frühstück jetzt nicht mehr so recht schmecken, malte ich mir beim endlosen Herumkauen auf jedem einzelnen Bissen meines Käsebrötchens doch schon in den düstersten Bildern aus, was die mich umringenden, fünf nunmehr scheinbar gemeinschaftlich unter einer Decke steckenden Frauenzimmer hier in der Pension wohl mit mir als auf frischer Tat ertapptem Teilzeitspanner vorhaben mochte.

      Und so verließ ich, mit einem gleich im doppeltem Sinne flauen Gefühl im Magen, als einziges Mannsbild - allein unter Frauen - eine knappe halbe Stunde später die Pension. Vor mir Frau Käsler, und bei ihr untergehakt meine Yelena, die mich kaum noch eines Blickes zu würdigen schien. Hinter mir die junge Käslerin mit Frau Anne-Marie zu ihrer Rechten, die scheinbar dazu angetreten waren, mir den rückwärtigen Fluchtweg zu verstellen. Gemeinsam stiegen wir in einen Bus, der uns in die Münchner Innenstadt chauffierte. Am Karlsplatz verließen wir jenes öffentliche Verkehrsmittel wieder und schlenderten wortlos in bewährter Formation durch ein paar Straßen und Gassen, wobei linkerhand irgendwann die Polizeiinspektion 1 auftauchte, bei deren Anblick ich schon einer Anzeige als vermeintlicher Ehebrecher entgegensah. Die mich umgebende Frauenriege aber ließ jene Dienststelle völlig ungeachtet links liegen und lief mit mir noch ein paar hundert Meter weiter, bis sie wie aus heiterem Himmel vor einem großen erhabenen Backsteinbau Halt machte. Frau Käsler aber verkündete sogleich: "So, da samma oiso am gwünschten Ziel anglangt, die Herrschaften!". Vorsichtig wanderten meine Augen, denen ich den ganzen Schlamassel hier zu verdanken hatte, die kalte, kahle Steinwand hinauf, bis sie erschrocken an einem schon recht verblichenen gräulichen Schriftzug hängen blieben ... Königlich-bayrisches Amtsgericht. Um Himmels willen, Yelena wollte also die Scheidung! Womöglich gab es die hier im schon von jeher streng katholisch geprägten Freistaat bei der Schwere meines sittlichen Vergehens sogar im Eilverfahren! Für den Bruchteil einer Sekunde überlegte ich noch, vor meiner Frau auf die Knie zu fallen und sie um Vergebung anzuflehen, doch da hatte mich die weibliche Nachhut bereits mit sich ins Gebäudeinnere geschoben, wo man sich über das etwas düstere und leichtangestaubte Treppenhaus sogleich den Abstieg ins Untergeschoß antrat. Oh je, der Keller also! Hier würde ich dann wohl im Vorfeld und während meines vermutlich kurzen Prozesses als moralischer Schwerstverbrecher in Ketten gelegt bei Wasser und Brot dahinvegetieren. Und spätestens in dieser Sekunde bereute ich es, mir beim vorangegangenen Frühstück nicht wenigstens noch einmal so richtig den Bauch vollgeschlagen und mich statt an dem aufreizenden Ausschnitt der Pensionswirtin nicht lieber am Anblick meines angetrauten Eheweibs sattgesehen zu haben. Mit einem tiefen Stoßseufzer und fest zusammengekniffenen Augen ging ich, weiterhin fest umringt von meiner vierköpfigen Damenmannschaft, Schritt um Schritt voran, bis es angesichts des breiten Rückens der vor mir einmal mehr abrupt stehengebliebenen Frau Käsler nicht mehr weiterging. Und wieder tuschelte es eifrig direkt vor mir. Ohne die Augen noch einmal zu öffnen, ließ ich mich auf den Boden sinken und schluchzte: "Liebste Yel, tu mir das bitte nicht an! Ich verspreche Dir, nie mehr auch nur einen eizigen Blick auf den Ausschnitt einer Frau zu werfen!". Breites Kichern und unbändiges Lachen von allen Seiten überflutete sogleich meine Gehörgänge, wozu Sandra Käsler losprustete: "Das wäre aber, glaub ich, gerade jetzt und hier sehr sehr schade, Mister Svensson!". Rasch riß ich die Augen auf und erkannte im Licht mehrerer auf mich ausgerichteter Bodenscheinwerfer zunächst nur die schemenhaften Umrisse dreier mich umgebender weiblicher Gestalten. Erst als sich meine Augen nach ein paar Sekunden den stark veränderten Lichtverhältnissen angepaßt hatten, erkannte ich in jenen Umrissen die beiden Käslers und Frau Septus wieder, und fragte etwas kleinlaut: "Wo ist meine Frau? Und wo sind wir hier überhaupt?". Anne-Marie Septus reichte mir ihre Hand und half mir wieder auf die Beine, wobei sie in ruhigem Tonfall erklärte: "Nur Geduld! Sie werden noch früh genug Ihr blaues Wundes erleben, Lukas!". Nervös trat ich von einem Fuß auf den andern und flehte den flotten bajuwarischen Damendreier immer wieder an, mich doch bitte aufzuklären, worum es hier denn eigentlich ginge. Die drei Münchnerinnen aber blieben eisern und stumm. Etwa 5 Minuten mochten wohl vergangen sein, von denen mir jede einzelne wie eine Stunde erschien, dann trat aus dem Schatten der Umgebung eine weitere Gestalt heran. Schritt um Schritt stolzierte sie auf uns zu, wobei die sie langsam erfassenden Lichtkegel der Scheinwerfer mehr und mehr von ihrem Äußeren preiszugeben begannen ...

      Es handelte sich zweifellos um eine Frau, wie der zuerst sichtbar werdende, in unzählige Falten gelegte Rocksaum in himmlischem Hellblau unschwer erkennen ließ. Der vermeintliche Rock aber war gar kein Rock, sondern ging nahtlos in ein weit ausgeschnittenes gleichfarbiges Oberteil über, welches im Mittelteil mehrfach über Kreuz geschnürt war mit einem weißen Zierband, daß am unteren Ende zu einer Schleife gebunden war. Darunter trug jene fesch angezogene Dame, deren Gesichtszüge für Lukas bislang noch immer im Dunkeln blieben, ein strahlendweißes, schulterfreies gehäkeltes Top, das seinem Namen alle Ehre machte, denn es sah echt top aus. Erst recht an dieser hellhäutigen Schönheit, deren ausladende Oberweite es geradezu einladend zur Geltung brachte. Verdammt, ich tat es tatsächlich schon wieder! ... Ich gaffte einer gutgebauten Frau direkt in den Ausschnitt. Doch diesmal war ich schlauer und senkte meinen Blick noch in selber Sekunde demütig und reumütig zu Boden. Umso erstaunter war ich, als ich direkt vor mir eine wohlvertraute Stimme vernahm, die enttäuscht bemerkte: "Warum Du denn jetzt schauen weg, Luki? Dir etwa nicht gefallen, was Du sehen?!". Mit weiterhin gesenktem Blick murmelte ich leise: "Doch, doch! Aber ich hab Dir während Deiner Abwesenheit versprochen, daß ich nie wieder irgendeiner dahergelaufen kommenden Frau aufs üppige Dekolleté starren werde, geliebte Yelena". Wieder kicherte es hinter mir, und Sandra Käsler bemerkte: "Nun, in dem Fall dürfen Sie schon mal seelenruhig eine Ausnahme machen, denke ich! Der von ihnen soeben ins Visier genommene weibliche Vorbau gehört nämlich, so man das Ehegelübde einmal wörtlich nehmen mag, eh schon Ihnen!". In diesem Augenblick verstand ich, daß es keine andere als meine Yelena war, die da so aufreizend im feschen Dirndl vor mir erschienen war. Und im selben Moment fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen, so groß und so schwer wie in Mühlenstein. Erleichtert sprang ich auf, warf meine Arme um sie, wodurch ich sie ganz fest an mich preßte, und verteilte mit meinen gespitzten Lippen leidenschaftliche Küsse über ihr gesamtes strahlendes Gesicht. Erst nach einer Minute trennten sich unsere Leiber wieder voneinander, wozu wir alle beide etwas verlegen, nahezu gleichzeitig sanft erröteten. Frau Käsler aber winkte nur mild ab: "Nur koa falsche Scheu net, mir warn doch alle a mol jung, gell?! Ach ja, schee is, wenn ma verliabt is!". Ein kleiner Seufzer enteilte ihrer Brust, den sie allerdings geschickt übertönte, indem sie nahezu zeitgleich ausrief: "Nun muß sich der edle Herr aber vom Äußern her auch seiner schmucken Braut anpassen, net wahr?! Also gschwind, zum Herrn Verkäufer Seppl Hosn und a schicke Krachlederne ausgsucht. Gemma, gemma, aufi!". Mit diesen Worten trieb Frau Käsler mich aus dem Scheinwerferlichtkreis hinaus, dessen etwas dunkler gehaltene Umgebung sich rasch als ein zum Trachtengeschäft umgebautes Kellergewölbe entpuppte, in dem stangenweise und ständerweise alle nur erdenklichen Arten von Dirndln und Lederhosn aufgehängt waren. Ich schaute mich ausgiebig um und ergriff schließlich eine braune XL-Wildbocklederhose, die hinten am Gesäß stellenweise derart nachpoliert worden war, daß sie auf den ersten Blick wie ein schon recht abgetragenes Modell anmutete. Dazu wählte ich noch einen farblich passenden Träger mit einem mittels Stickerei verzierten Quersteg. Der Ladeninhaber, der mir die ganze Zeit über nicht von der Seite gewichen war, nickte mir sichtlich zufrieden und wies mir eine der Umkleiden im hinteren Eck des Kellers zu, wo ich mich in Windeseile meiner Jeans entledigte und ebenso rasch in die Lederhosen einstieg. Und während ich mich noch eingehend im Wandspiegel betrachtete, wurde seitlich von mir der Vorhang zur Umkleide aufgezogen, von wo aus mir Seppl Hosn's ausgestreckte Hand noch ein weißes Seidenhemd mit einer auffälligen Metallknopfleiste hineinreichte. Dazu nuschelte er: "Des tragt ma fei so dazua, host mi!". Da sich mir der Sinn seiner Bemerkung nicht gleich vollständig zu erschließen vermochte, zuckte ich zunächst mit den schon im Entblößen begriffenen Schultern. Der weltoffene Verkäufer aber kratzte sich daraufhin nachdenklich am deutlich ausgeprägten Doppelkinn und erklärte: "Dätt kärriet männ tu sä Ledertrausers, ju anderständ?!". Nun ja, ehrlich gesagt, I understood nothing at all, aber ich nickte sicherheitshalber und streifte mir zugleich das dargereichte Hemd über. Noch einmal beschaute ich mich damit von allen Seiten im Spiegel, dann trat ich voller Stolz aus der Kabine heraus und begab mich forschen Schrittes zur erwartungsvollen Damenriege. Yelenas Augen begannen bei meinem Anblick zu strahlen, Sandra Käsler klatschte begeistert Beifall, und Anne-Marie Septus flüsterte mit einer Träne im Auge: "Fesch, genau wie mein Herrmann früher! Ach ja, mein liebes gutes Herrmännchen!". Nur Frau Käsler mahnte scheinbar völlig unbeeindruckt von soviel zur Schau getragener bauchansätzig ausgeprägter, wadelnbehaarter Männlichkeit in wohlvertrauter Art und Weise zur Eile: "Aufi, gemma! Oder glaubens der Herr vielleicht, de Wiesn wart nur auf Eana!" ...

      [Wird fortgesetzt]

      EDIT: Der obige Text ist in der nunmehr vorliegenden, leicht überarbeiteten Version im dialektischen Sinne auch vollständig bayern-kompatibel. Vielen lieben Dank an Saxi für Ihre tatkräftige Unterstützung dabei! :daumen:
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    • Suuuuuper, es geht endlich wieder weiter mit dem Flitterwochen-Tagebuch. :yahoo:

      Also ich habe mich köstlich amüsiert. :totlach: Der arme Lukas dachte schon weisgott was ihm alles passiert. Erst kommen sie an der Polizeiinspektion 1 vorbei und dann ist der Laden noch im Königlich bayerischen Amtsgericht untergebracht. Fand ich übrigens klasse, dass Du die zwei Serien da verbraten hast. Habe ich immer sehr gerne gesehen. :thumbs02: Übrigens Dein Bayrisch ist gar nicht schlecht für einen Randberliner. ;)
      Und dann wurden die Beiden noch fesch hergerichtet für ihre Tour über die Wiesn. :thumbs02: Na ich bin mal gespannt wie das auf dem Oktoberfest weitergeht. :thumbsup:

      Und deshalb freue ich mich schon auf den nächsten Teil :freudentanz: und lieben Dank fürs Schreiben. :danke:

      Gruß

      Saxi :)
      "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt ist ein Mensch"
    • Saxi schrieb:

      Suuuuuper, es geht endlich wieder weiter mit dem Flitterwochen-Tagebuch. :yahoo:
      Ja, Zeit wird's!

      Saxi schrieb:

      Also ich habe mich köstlich amüsiert. :totlach: Der arme Lukas dachte schon weisgott was ihm alles passiert.
      Stimmt, da hat er nochmal Glück gehabt. Und was das Amüsieren angeht: Das Ganze hat auch beim Ausdenken und Schriftlich-Niederlegen riesig Spaß gemacht!

      Saxi schrieb:

      Erst kommen sie an der Polizeiinspektion 1 vorbei und dann ist der Laden noch im Königlich bayerischen Amtsgericht untergebracht. Fand ich übrigens klasse, dass Du die zwei Serien da verbraten hast. Habe ich immer sehr gerne gesehen. :thumbs02:
      Ging mir seinerzeit nicht anders, darum ja auch meine kleine vorübergehende Hommage.

      Saxi schrieb:

      Übrigens Dein Bayrisch ist gar nicht schlecht für einen Randberliner. ;)
      Und dank der nachträglichen Unterstützung eines echten bayrischen Urgesteins hält das Ganze in der Zweitfassung jetzt auch einer nachhaltigen Prüfung durch eingefleischte Freistaatler stand ... Danke Dir nochmals ganz herzlich! :04:

      Saxi schrieb:

      Und dann wurden die Beiden noch fesch hergerichtet für ihre Tour über die Wiesn. :thumbs02: Na ich bin mal gespannt wie das auf dem Oktoberfest weitergeht. :thumbsup:
      Na, das werden wir ja bald erleben, denk ich mal! :zwinker:

      Saxi schrieb:

      Und deshalb freue ich mich schon auf den nächsten Teil :freudentanz: und lieben Dank fürs Schreiben. :danke:
      Aber bittesehr, die Dame, immer wieder gern! :thanks:

      EDIT: Gleich im Doppelpack findet hier nun der Flitterwochenaufenthalt in der bayrischen Hauptstadt seinen turbulenten Abschluß, bei dem unsere Frischvermählten samt ihrem Münchner Anhang auf vielfältigste Art und Weise einen Höhepunkt nach dem andern erleben.

      INSPEKTOR SVENSSON: FLITTERWOCHEN-TAGEBUCH
      Eintrag 8


      25. September 2009. München - Tag 2. Fünfter Akt.

      Im öffentlichen Münchner Untergrund bahnten wir uns im Folgenden unter der ortskundigen Führung der Käslers den Weg zur Station "Theresienwiese", wo uns nach erfolgreichem Wiederaufstieg über einige Treppenstufen bei der Rückkehr ans Tageslicht bereits eine deutlich zu vernehmende, zünftige Blasmusik-Geräuschkulisse empfing. Ihrem Ursprung gingen wir nach und durchschritten binnen weniger Minuten einen großen, grünen Torbogen, auf dem das schwarzgelb ummantelte Münchner Kindl aus dem Stadtwappen seine weitgeöffneten Arme gleichsam schützend wie segnend über uns ausbreitete. Und ein direkt darunter angebrachtes großes weißblaues Schild verkündete einladend: "Willkommen zum Oktoberfest".

      Auf dem dahinterliegenden geradezu riesig anmutenden Festgelände herrschte unterdessen emsige Betriebsamkeit. Dichtgedrängt bewegte sich zwischen den zahlreichen, am Rande der breiten Wege aufgestellten Buden und Zelten ein zigtausendköpfiges buntgemischtes Menschenvölkchen unermüdlich kreuz und quer von einer festlichen Attraktion zur nächsten. Das Ganze erinnerte mich dabei allein vom Gewusel her unweigerlich an einen Ameisenhaufen, in dessen geschäftiges Treiben nun auch wir - angespornt einerseits von Annemarie Septus' aufmunterndem Augenzwinkern und zum andern vom ungestümen Drängeln ständig nachrückender Gäste - langsam einzutauchen begannen. Meine Yelena und ich aber behielten uns dabei fest an der Hand wie auch im Auge, damit wir einander im Menschengetümmel letztendlich nicht doch noch verlieren würden. Derart untrennbar miteinander verbunden folgten wir nunmehr der rüstigen Annemarie - im Schlepptau Mutter und Tochter Käsler, die in meinen Augen ihrer junggebliebenen Art und dem Aussehen nach übrigens auch gut und gern als die Käslerzwillinge hätten durchgehen können. Unsere fesche Frontfrau erläuterte uns dabei - tapfer gegen den hohen Geräuschpegel der Blasmusik und der uns umgebenden Leute ankämpfend - in ein paar kurzen Sätzen die Entstehungsgeschichte des Münchner Oktoberfests: "Die Theresienwiese, auf der wir uns hier befinden, wurde seinerzeit nach der Gemahlin des bayerischen Kronprinzen und späteren Königs Ludwig I., Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen, benannt. Zum Abschluß der tagelang andauernden Hochzeitsfeierlichkeiten zu Ehren des jungen Prinzenpaares wurde nämlich am 17. Oktober 1810 hier vor Ort ein großes Pferderennen veranstaltet, wobei der Kutscher Franz Baumgartner als Sieger hervorging. Aus der Entscheidung, das Rennen in den folgenden Jahren zu wiederholen, entstand dann die Tradition unseres heutigen Oktoberfestes. Im Jahre 1811 gesellte sich dabei zum Pferderennen noch ein Landwirtschaftsfest dazu, und 1818 wurden auf der Wiesn erste Schaukeln und Karussells aufgestellt. Ab 1896 gab es hier dann auch bereits die ersten großen Bierzelte". Und aus dem Hintergrund ergänzte Frau Käsler senior: "Jo mei, und nächstes Jahr feiert de Wiesn dann scho ihr 200jährigs".

      Aufmerksam lauschten Yelena und ich den Ausführungen der einheimischen Damenriege, während wir unsere staunenden Blicke zugleich ohne Unterlaß von rechts nach links schweifen ließen, wo sich kleine Buden und große Fahrgeschäfte unaufhörlich abwechselten. In Höhe eines Büdchens klatschte mit einem Male Sandra Käslers Hand unvermittelt und ausgesprochen geräuschvoll auf meine nunmehr krachledern umhüllte linke Gesäßhälfte. Yelena wie auch ich selbst ließen nahezu zeitgleich unsere Köpfe nach hinten schnellen und schauten dort in ein leicht gerötet zu Boden blickendes und dabei dennoch irgendwie verschmitzt lächelndes Frauengesicht, dessen Besitzerin mit weit ausgestrecktem rechten Arm kleinlaut erklärte: "Entschuldigt bitte, aber ich bin nur der Anweisung auf dem Schild da gefolgt". Erneut rissen Yelena und ich unsere Häupter fast im selben Moment herum und starrten auf eine hoch aufragende Eisenschienenkonstruktion, an deren oberen Ende ein kleine Tafel schwarz auf weiß verkündete: "Hau den Lukas!". An der Stelle aber, wo jenes Schienengestell samt dem daran beweglich angebrachten Metallkörper den Erdboden berührte, stand ein breitschultriger Lederhosenträger mit einem großen, schweren Eisenhammer in der Hand und lud uns ein: "Kommens nur, die Herrschaften, und laßts uns schaun, wer von eich zwoa zum stärkern G'schlecht g'hörn tuat". Nun, da ließen weder Yelena noch ich uns zweimal bitten. Wir traten ein paar Schritte näher zu dem jungen Mann heran, der gegen vorherige Entrichtung dreier Fünfzigcentstücke sein großes Gerät auch sofort meiner Gattin entgegensteckte und sprach: "Lädies först!". Ein wenig zögerlich nahm Yelena den Hammer entgegen und holte nach kurzer Anleitung zu dessen fachgerechter Handhabung extraweit aus, um dann mit voller Wucht auf das kreisrunde Plättchen in Bodennähe einzuschlagen. Der bislang ruhig im Schienenstrang lagernde Metallkörper sauste senkrecht nach oben und schlug dabei auf dem Höhepunkt seines raketenartigen Aufstiegs an die am oberen Ende befestigte Kuhglocke, welche in mehrfach lieblich verzücktem Bimmeln erschaudernd auf die intensive Berührung durch den stählernen Körper ihres stürmischen Besuchers reagierte. Der aber hatte seinen kurzen Höhenflug längst wieder beendet und war unumwunden zum Fußende des Schienenstrangs zurückgekehrt, wo sein geschäftiger Streckenwächter gerade anerkennend den rechten Daumen hochriß und dazu in Richtung Yelena verlautbarte: "Reschpekt, Madl! Des host fei sauber hin griagt! Schau mer moi, ob der Herr G'mahl des a so guat hi bringt!". Mit diesen Worten überreichte er mir den Hammer, den ihm meine nun über beide Bäckchen strahlende Yelena gerade erst zurücküberantwortet hatte. Auch ich holte daraufhin aus und ließ den gußeisernen Hammerkopf durch die Luft auf das dafür vorgesehenen Metallplättchen niederrauschen. Erneut schickte sich der dabei vom behämmerten Plättchen angestoßene Metallkörper zur himmlischen Auffahrt an, bremste aber im oberen Drittel plötzlich ab und kehrte von dortaus unverrichteter Dinge um. Ein Schulterzucken meinerseits begleitete den eisernen Verweigerer auf seinem raschen Abstieg, wozu dessen kräftiggebauter Besitzer tröstend anmerkte: "Jo mei, zum Glöckner hots hoit desmoi net g'reicht. Aber wer braucht scho an Buckel, wenn er a so a fesches Frauenzimmer abschleppa ko, gell?!". Ich bekräftigte meine Zustimmung zu seiner weisen Feststellung kurzerhand mit einem Busserl - dessen dankbarer Empfänger freilich nicht er, sondern meine Yelena war. Dem Hammermann selber drückte ich im Anschluß mit einem abschließenden extrakräftigen Handedruck neben der sowieso fälligen Einsfünfzig noch einen Extra-Euro Trinkgeld in die Hand. Dann zogen wir weiter.

      Wieder ging es an unzähligen Schaubuden, einer Achterbahn, einem Autoscooter und sogar an einem Riesenrad vorbei, bis schließlich eine kleine unscheinbare Holzbude samt zweigeteilten weinroten Samtvorhang mit einem Male Yelenas ungeteilte Aufmerksamkeit erweckte. Geradezu wie ein kleines Kind gebärdete sie sich, als sie mich immer wieder am Ärmel meiner Trachtenjacke zu ziehen begann und dazu ganz aufgeregt losstammelte: "Luki, Luki! Du schnell gucken! Kukla Petruschka!". Ein wenig entgeistert schaute ich erst zu ihr, dann aber nur umso begeisterter in ihre Blickrichtung. Und sogleich erwachte auch in mir altem Manne das Kind, welches lautstark ausrief: "Oh ja! Wie schön! Ein Puppentheater!". Wir zwei Kindsköpfe müssen die Käslers nebst Annemarie in diesem Moment wohl mit derart großen leuchtenden Kulleraugen angeschaut haben, wie es Sechsjährige zu tun pflegen, wenn sie ihre Eltern um einen riesengroßen Gefallen bitten wollen, denn nachdem sich ihre kurzfristig aufgetretene verblüffte Erstarrung gelöst hatte, streichelte Frau Septus uns Beiden zärtlich über die Haare und flüsterte: "Schon gut, ihr Zwei! Wir verweilen noch ein wenig, damit wir uns das ganze Theater hier einmal aus der Nähe betrachten können". Daß auch ihre Augen dabei ein wenig zu strahlen begannen, ist allerdings wohl nur mir aufgefallen.

      Es dauerte im weiteren Verlauf keine Minute, dann wurde der samtige Vorhang langsam aufgezogen. Von unten her tauchte sogleich eine holzköpfige Handpuppe mit dem Gesicht eines kleinen Buben auf und sprach, an sein zahlreich versammeltes Publikum gerichtet: "Grias Gott, liabe Leit! Ich bin der Seppl! Und ich möcht Euch heute von meiner Reise ins himmlische Paradies berichten, wo meine liebste Gretl lebt, seit sie hier unten verschieden ist". Im linken oberen Eck der Bühne kam im selben Moment ein Wattewölkchen an zwei dünnen Fäden hereingeflattert, auf dem eine weitere Püppi mit blonden Zöpfen im langen weißen Kleidchen hockte, zu der die Sepplfigur nun sehnsuchtsvoll aufschaute und seufzte. Erst als die personenbezogene Wolke wieder von der Bildfläche entschwebte, senkte sich der Blick des bübischen Holzkopfs wieder, und mit trauriger Stimme verlautbarte er: "Bis ich die Gretl freilich wieder auf den ... äh, in den ... Arm nehmen kann, das wird noch ein recht schauriger und strapaziöser Höllentrip werden, liabe Leit, das sag ich Euch! Und weil man so eine lange Reise nicht gern allein unternimmt, möcht auch ich dabei einen Begleiter an meiner Seite haben. Einen alten Freund, der mir schon in so mancher schweren Stunde mit Rat und Tat beistand und den weder Tod noch Teufel schrecken ... den Kasperl. Ich hab ihn mir auch schon vorgestern postalisch hierher beordert, aber bis jetzt ist er noch immer nicht aufgetaucht. Wo er nur bleibt?! Was meint Ihr: Ob wir ihn mal rufen sollten?!". Noch recht zaghaft beantworteten einzelne Stimmen aus dem Publikum diese Frage mit einem "Ja!". Der Seppl aber schüttelte nur müde sein hölzernes Haupt: "Nein, nein! Wenn Ihr so leise ruft, kann selbst ich Euch ja kaum hören, geschweige denn der Kasperl. Aber ich bin mir sicher, wenn wir das nochmal probieren und Ihr jetzt alle mitmacht, dann geht das noch viel viel lauter! Nicht wahr?!". Wieder ertönte ein "Ja!" - doch diesmal schon deutlich mehrstimmiger und dabei auch sehr viel lautstärker. Sichtlich zufrieden nickte der Seppl in seinem Bühnenbudenkasten: "So is recht, liabe Leit! Nun können wir gemeinsam den Kasperl herbeirufen. Oans, zwoa, drei ... Kaaasperlll!". Dutzendfach ertönte - gleichsam einem musikalisch vom Klassiker "In München steht ein Hofbräuhaus" untermalten Echo - aus den Reihen der Zuschauerschaft zeitversetzt der Ruf: "Kaaaasperllll!", worauf nach der dritten oder vierten Wiederholung direkt neben der Sepplfigur dann auch der zipfelbemützte Kopf eines langnäsigen Holzkaspers auftauchte, welcher ausrief: "Warum schreit Ihr denn so? Ich bin doch nicht taub! Was wollt Ihr denn überhaupt zu solch unchristlich früher Stunde von mir?". Die Beantwortung dieser, ganz sicher nicht in einem Wort zu klärenden Frage übernahm dabei kurzerhand stellvertretend der Seppl: "Aber Kasperl, Du solltest mich doch zu meiner Gretl begleiten, hast Du meinen Brief denn nicht bekommen?!". Die fingerkuppengroße Stoffhand des Kaspers kratzte sich kurz am überlackierten Kopfholz, dann zauberte sie aus dem verdeckten Bretteruntergrund einen großen Papierumschlag hervor, und ihr Besitzer erwiderte: "Meinst Du etwa den?! Freilich, den hat mir der Postbote schon gestern zugestellt. Aber ich hatte leider nichts zur Hand, um ihn aufzureißen und zu lesen, was drin steht". Unwirrsch entrieß der Seppl dem Kasperl den ungeöffneten Brief und zog ihn dabei auffällig langsam an dessen Hakennase entlang, um ihn dann für einen Moment erst im Untergrund ab- und von dort anschließend aufgerissen wieder auftauchen zu lassen. Die weiche Kasperlhand aber strich sich derweil wiederholt über die eigene Hakennase, wozu der Kasper leise vor sich her jammerte: "Autsch! Mein Riechkolben ist doch kein Brieföffner!". Die Zuschauermenge aber tobte schadenfroh. Und der Seppl?! Der entnahm dem geöffneten Briefumschlag das inliegende Blatt Papier, hielt es sich vors Gesicht und las laut vor: "Hallo Kasperl, alter Knabe! Nur eine Bitt ich an Dich habe. Möchte meine Gretel wiedersehn, und will dazu auf Reisen gehn. Dich hätt ich gerne mit dabei, drum in zwei Tagen bei mir sei! Laß mich nicht dastehn wie ein Depp, das wünscht sich sehr Dein Spezi Sepp". Wieder ertönte ringsum schallendes Gelächter, während der Kasperl den Seppl mit versteinerter Holzmine sichtlich gerührt in die zweifingrigen Arme schloß. Was folgte, war ein spannender Ausflug in die finstere Tiefe der ewigen Finsternis, wo die dort zusammengescharten Hexen, Zauberer und Räuber unter der Regentschaft des Teufels von früh bis spät unaussprechliche Qualen zu erleiden hatten. Vom tiefsten Punkt der Hölle aus erfolgte dann aber Gott sei Dank der zügige Wiederaufstieg an die Erdoberfläche. Und von dortaus erklommen Kasper und Sepp den Berg der Läuterung, in dessen reinigendem Fegefeuer sündige Seelen wie der Wachtmeister und die Großmutter ihre früheren Verfehlungen einfach hinwegfegen lassen konnten. Den Gipfel jenes seligmachenden Berges aber krönte dann das himmlische Paradies, an dessen Schwelle der Kasper seinen überglücklichen Freund Sepp in die weitgeöffneten Arme Gretels übergeben durfte. Und während man die zwei Wiedervereinigten auf der links oben erneut aufgetauchten Wattewolke zärtlich miteinander schmusen sehen konnte, tauchte oberhalb der unteren Bretterwand nochmals der Kasper auf und beschloß jenes großartige Bühnenstück reimend mit den Worten: "Was hier begann als 'ne Tragödie, es wird zur göttlichen Komödie. Der Sepp, der Gretl Treue schwor, auf Erden sie zu früh verlor. Doch ließ den Glauben er nie schwinden, daß er sie einst würd' wiederfinden. Und war die Suche auch nicht leicht, hat sie am End' ihr Ziel erreicht. Auf Wolke Sieben schwebt der Bengel - mit Gretl, die dort lebt als Engel. Im Paradiese eins-zwei-fix, ist sie nun seine Beatrix. Wo Sepp, nach jenem Happy End, sie nur noch ihren Dante nennt. Und die Moral von der Geschicht: Gib niemals auf die Hoffnung nicht!". Tosender Beifall begleitete hierauf den endgültigen Abgang des Kaspers, dem die langsame Schließung des Samtvorhangs folgte. Yelena und ich aber sahen uns vor unserem Fortschreiten über die Wiesn noch einmal ganz tief in die angesichts jener anrührenden Liebesgeschichte wäßrig gewordenen Augen und bekräftigten dabei einhellig leise flüsternd: "Niemals nicht!".

      Weiter bahnten sich unsere Füße gemeinsam mit denen unserer dreiköpfigen Damenbegleitung einen Weg durch die Menschenmassen. Wieder ließen wir dabei zahlreiche Buden und Fahrgeschäfte links liegen, bis Annemarie Septus direkt vor uns mit einem Male abrupt Halt machte, sich lächelnd zu uns umschaute und dabei ausrief: "Das da drüben ist, glaube ich, genau das Richtige für Euch zwei Verrückte!". Ihr rechter Arm wies nach links, wo ein meterhoher Schuppen auf Rädern langsam hin und her zu schwanken schien. Yelena schaute nach ganz oben und fragte schließlich: "Warum dieses Wackelbude da sich denn nennen Freudenhaus?!". Annemarie schmunzelte, und auch ich mußte unweigerlich loslachen. Oh ja, auch dafür liebte ich meine Yelena so sehr - für diese kleinen ungewollt komischen und zweideutigen Versprecher, die in ihrer russischen Abstammung begründet lagen. Beinahe hätte sie sich angesichts unserer geplanten Hochzeit dazu durchgerungen, jene zauberhaften Sprachfehler in einem Abendschulkurs durch strenges Büffeln von Vokabeln und grammatikalischen Regeln abzulegen. Aber dann war sie aufgrund der dramatischen Zuspitzung der Ereignisse am Vorabend unseres ursprünglichen Hochzeitstermins wieder von ihrem Plan abgekommen. Und das war in meinen Augen auch ganz gut so. Liebte ich sie doch auch wegen jener kleinen Schwäche, die sie so einmalig und unverwechselbar machte. Annemarie Septus hatte ihr unterdess schon erläutert, daß es sich hier nicht um eine Einrichtung zur Ausübung des sogenannten ältesten Gewerbes der Welt handelte, sondern um das "Lach+Freu-Haus", ein knallbuntes doppelstöckiges Sammelsurium verschiedenartigster feucht-fröhlicher Jahrmarktsattraktionen. Ergänzend an uns Beide gerichtet, erklärte sie weiter: "Seht ihr das Gemälde dort inmitten der Hauswand. Wer die beiden Schweinderl sind, die darauf unter dem Tischtuch hervorluken, weiß ich freilich nicht, aber vielleicht nennen wir das etwas grimmig dreinschauende große einfach Frederick und das kleine grinsende Piggeldy. Die menschliche Tischgesellschaft hingegen setzt sich ausnahmslos aus bekannten Vertretern der lokalen Prominenz zusammen. Neben dem Fernsehkoch Alfons Schuhbeck links am Grill wären da beispielsweise der rothaarige Kobold Pumuckl zu nennen, welcher mit verschränkten Armen rechts auf dem Tisch steht, desweiteren der blondgelockte Showmaster Thomas Gottschalk, Volksmusikus Hansi Hinterseer, der farbige Stimmungsschlagerbarde Roberto Blanco sowie der bereits verstorbene exzentrische Münchner Modemacher Rudolf Moshammer nebst seiner Hundedame Daisy ...". Aufgeregt wie ein Schulmädchen schnippste Yelena mit ihren Fingern, und ergänzte sogleich mit sichtlich stolzgeschwellter Brust: "Und an linkes Stirn von Tisch sitzen Bumms-Bumms-Becker Boris, ja?!". Auch der nunmehr zweite, ungewollt leichtfrivole und - wenn man dem in der Journalie verbreiteten Klatsch und Tratsch über den einst so begnadeten jungen deutschen Tennisprofi Glauben schenken mochte - noch nicht einmal so abwegige Schenkelklopfer meiner Angetrauten sorgte bei Annemarie und mir wieder für kurzzeitige Belustigung.

      Noch immer wie zwei Honigkuchenpferde über die ganze Gesichtsbreite schmunzelnd lösten Frau Septus und ich im Anschluß drei Eintrittskarten für die uns zu Füßen liegende Schaubude. Die zwei Käslerdamen zogen es vor, vor jenem vielversprechenden "Bauwerk" auf uns zu warten, wo sie allerdings - auf einer Bank mit intervallmäßig vibrierendem Sitzpolster - durchaus auch ihren Spaß zu haben schienen. Beim anschließenden Betreten des zur Anlage gehörenden Vorgartens ließ ich nicht nur Frau Annemarie, sondern auch meiner Yelena gern den Vortritt. Zum einen natürlich, weil man das als Gentleman nunmal einfach so macht, und zum andern, weil ich meiner geliebten Frau und ihrer durchaus immer wieder reizvollen Rückansicht eben gern hinterherschaue. Last but not least aber erhoffte ich mir im Stillen natürlich auch, so aus sicherer Entfernung all die versteckten kleinen Extras des hiesigen Parcours vorab ergründen zu können. So kam ich dann auch gleich zu Beginn in den Genuß, unmittelbar vor mir zwei grazile weibliche Wesen recht geschickt über die in kleineren Abständen senkrecht aufgestellten Imitationen abgesägter und knapp über die bewegte Wasseroberfläche eines künstlich angelegten Grabens herausragender Baumstämme balancieren zu sehen. Dabei galt es beim Hüpfen von Baumstumpf zu Baumstumpf, nicht nur die Balance zu halten, sondern auch diversen kleineren Wasserfontänen auszuweichen, welche hier und da den Weg kreuzten. Yelena gelang all das, wie ich voller Bewunderung anerkennend bemerken darf, mit der Anmut und Eleganz einer Primaballerina. Ja, meine große Liebe schwebte in meinen Augen geradezu übers Wasser, während ich mich in der Nachfolge eher bewegte wie ein Ewigstrauchelnder, dem auf dem schmalen Grat des rechten Weges jeder einzelne Schritt zu einem Fehltritt zu verkommen drohte. Dennoch erreichte am Ende auch ich mit viel Mühe trockenen Fußes das jenseitige Ufer ... um von dortaus in entgegengesetzter Richtung ein wenig versetzt nochmals den Kunstbach zu überschhreiten, allerdings diesmal über eine Brücke aus schmalen zylindrischen Rollen, die einem beim Darüberhinweggleiten durchs Schuhwerk hindurch noch eine kleine kostenlose Fußmassage bescherten. Am anderen Ufer erwarteten mich dann sowohl meine sichtlich begeisterte Frau als auch die Eingangstür zum eigentlichen Spaßhaus. Dessen Innenraum bildete im Erdgeschoß zunächst einmal ein großes Spiegellabyrinth, welches durch Aufsetzen einer zuvor an der Kasse gleich miterstandenen sogenannten Gaudibrille und der damit einhergehenden diversen Lichtbrechungen nur noch undurchschaubarer wurde. Um hier letzten Endes aufgrund der unzähligen Irrwege nicht völlig verlorenzugehen, klammerte ich mich mit beiden Händen kurzerhand an die den Rocksaum Yelenas und überließ ihr die Führung. Sicher, auch auf diese weise Art dauerte es einige Zeit, bis wir einen Ausweg gefunden hatten. Aber alles, was für mich zählte, war, daß wir Zwei einmal mehr gemeinsam ans Ziel gekommen waren. Auf der sogenannten Gaudistiege, bei der sich die in der Mitte halbierte Treppe in ihrem ständigen Auf und Ab im wahrsten Sinne auf Schritt und Tritt gegeneinander bewegte, gelangten wir mit etwas Mühe ins Obergeschoß, wo uns dann auf engem Raum der ohrenbetäubende Krach eines von der Decke herabhängenden unaufhörlich scheppernden Kuhglockenlabyrinths nebst Besenkarussell und beweglich aufgestellten, hin und her schwankenden Holzleitern empfing. Hier hindurch galt es, sich mutig den Weg zu bahnen, ebenso wie durch die anschließenden drehbaren Heuballenimitationsrollen und den von dortaus über den Balkon erreichbaren Gebälkirrgarten. Mittels Bücken und Unterlaufen, Klettern und Übersteigen sowie dem Verrenken des gesamten Körpers auf eigenartigste Art hatten Yelena und ich auch hier schließlich alle kreuz und quer angebrachten hölzernen Hindernisbalken ruhig und gelassen hinter sich gelassen, um uns dann in einem Rutsch über ein schlauchförmiges Metallrutscherl ins Erdgeschoß quasi vom Dachboden auf den Boden der Tatsachen zurückbefördern zu lassen. Dort erwartete uns nun die sogenannte Waschküche, welche aus einem Labyrinth unzähliger dicht an dicht aufgehängter kunterbunter LED-Licht-Stabröhren bestand. Auch hier bot einem die aufgesetzte Gaudibrille noch eine zusätzlich verschärfte Lichtshow. Die aber bereitete uns damit schonmal auf das vor, was uns draußen auf dem Hof nach einer weiteren Bachüberquerung über die verrückte, hin und her schaukelnde Hängebrücke erwartete ... die sogenannte Almdisko. In ihren engen Räumlichkeiten vereinte sie eine große Ansammlung verschiedener Drehscheiben und Schiebeböden, die einen beim Darüberschreiten geradezu in alle Richtungen hin und her schleuderten. Auf manchen von ihnen kam ich mir wie früher beim Polizeidienst im Yard vor, denn auch da trat man zeitweilig
      auf der Stelle, stellenweise ging es nur schleppend voran oder aber man drehte sich immer wieder irgendwie im Kreis. Am Ende aber ging dort wie hier stets alles in eine komplett andere Richtung, als man zunächst vermutet hatte. Und gerade die unerwartete Wendung brachte den Fall oftmals erst ins Rollen und damit letztendlich den wahren Täter zu Fall.

      Hier im "Lach+Freu-Haus" hätte unterdess auch mich eine längst ins Rollen gekommene Sache im Anschluß beinahe noch zu Fall gebracht. Waren Yelena und ich doch mittlerweile am in höchsten Tönen gelobten Highlight des Etablissements angelangt - der größten rollenden Tonne der Welt. Böse Zungen könnten jetzt natürlich behaupten, die Bezeichnung "größte rollende Tonne der Welt" stehe am ehesten vielleicht mir selber zu, sollte ich bei meiner Körperfülle an einem Abhang versehentlich einmal ins Wanken geraten und dann selbigen unverhofft hinunter zu kullern beginnen. Tatsächlich aber waren vor Ort zwei hintereinander rollend gelagerte, sich in entgegengesetzter Richtung drehende Hohlzylinder mit je zwei Meter Durchmesser und einer Gesamtlänge von 14 Metern gemeint. Während sich sowohl die inzwischen wieder zu uns gestoßene Annemarie Septus als auch meine Yelena beim Anblick jenes Monstrums für das weitaus ungefährlichere Außen-Vorbei-Gehen entschieden, entschloß ich mich mutig für die Augen-zu-und-durch-Taktik. Beim ersten Tonnenabschnitt klappte es damit auch noch erstaunlich gut, dann aber kam ich beim Überwechseln in den zweiten Zylinder aus dem Tritt und wurde fortan 700 unendlich lange Zentimeter lang wie in der Trommel einer Waschmaschine ununterbrochen hin und her geschleudert. Gewiß holte ich mir dabei den einen oder anderen blauen Fleck am Leib, aber nichts desto trotz muß es für den Zuschauer wohl auch ein lustiger Anblick gewesen sein, wie ich dem lauten Gelächter aller Außenstehenden entnahm. In Gedanken malte ich mir nun auch selbst lebhaft aus, welch komische Figur mein beleibter Körper bei der Schaukelei im Tonneninnern machen würde, und mußte unweigerlich mitlachen. Ja, ich konnte einfach gar nicht mehr aufhören damit. Ein Zustand, der sogar dann noch anhielt, als mich die Drehtonne schon ausgespuckt hatte und ich wieder auf eigenen - wenn auch noch etwas wackligen - Beinen stand. Man muß eben auch mal über sich selbst lachen können. Wer dazu nicht in der Lage ist, nun ja, der tut mir ehrlich leid! Nachdem mir meine Yelena mit einem Taschentuch liebevoll sämtliche Lachtränchen aus dem Gesicht gewischt hatte, beschlossen wir unseren Rundgang nach dem Verlassen des Spaßhauses mit einem rollenden Hinweggleiten über die letzte Brücke des künstlichen Bacherls samt seinen Wasserspielen. Am Ausgang erwartete uns dann noch das Durchschreiten eines überdimensionalen Hulahuppreifens, welcher sich unermüdlich drehte und dabei ringsum mit weißblauen Bändchen geschmückt war, gefolgt von einem letzten kleinen einstufigen Treppenabsatz. Der allerdings hatte es dann noch einmal in sich, machte er doch aus meiner unmittelbar vor mir luafenden Yelena dank einer versteckt eingebauten Druckluftdüse kurzzeitig eine zweite Marilyn Monroe, indem er den Rock ihres Dirndls für den Bruchteil einer Sekunde in die Höhe jagte. Sichtlich überrascht drückten Yelenas Hände den weißblauen Rocksaum umgehend wieder nach unten, während sie in ihrer Gesamtheit zugleich juchzend einen kleinen Hüpfer nach vorn machte. Entgeistert blickte sie sich um, dann aber mußte sie lachen. Und ihr unvergleichlich bezauberndes Lachen ließ dabei ihr ganzes Gesicht hell erstrahlen. Keine Frage: Das Schild des bäuerlichen Pappkameraden, welcher von Zeit zu Zeit wasserspeiend am Bacherl stand, hatte in unseren Augen durchaus das gehalten, was es versprach, indem es jedem Besucher des "Lach+Freu-Hauses" von vornherein erklärte: "Des is a Gaudi". Und so schwärmten wir auch den Käslers von all den lustigen Eindrücken unseres "Hausbesuchs" vor, während wir mit ihnen gemeinsam unter der bewährten Führung von Annemarie Septus unseren Wiesnrundgang fortsetzten.

      Irgendwann landeten wir dabei an einer Schießbude, deren stimmgewaltige Inhaberin Yelena und mir schon von weitem zurief: "Hey, sie da! Ja, sie, das junge Glück mit den drei generationsübergreifenden Brautjungfern! Möchten der Herr für seine Herzensdame nicht mal ein paar Rosen schießen? Zehn Schuß nur fünf Euro". Ich nickte stumm. Warum eigentlich nicht?! Zumal einem, sofern man mit jedem Schuß traf, bei zehn Treffern als Hauptpreis ein großer brauner Teddy winkte mit runden schwarzen Knopfaugen. Schließlich hatte ich seinerzeit auf dem Schießstand im Keller des Yard stets ganz passable Ergebnisse erzielt. Und so reichte ich der Schießbudendame einen Fünfer aus der Geldbörse, welche ich um den Hals zu hängen hatte, und erhielt dafür im Gegenzug ein Luftdruckgewehr samt 10 Diabolos. Mit ruhiger Hand lud ich die Waffe, legte an, zielte, drückte ab und traf. Das Ganze wiederholte ich weitere acht Male. Neun Papierrosen lagen vor mir, und es erschien mir aus dem Augenwinkel heraus für eine Sekunde sogar so, als würde mir der plüschige Teddy von seinem Holzregal aus bereits zuzwinkern. Zu schade nur, daß mir genau dieser etwas merkwürdige Umstand im entscheidenden Moment meine Konzentration raubte. Und so traf der letzte Schuß statt ins Schwarze leider nur ins Leere. Ein leises Raunen ging durch die Menge der Umstehenden. Ich hingegen wand mich blitzschnell meiner Yeli zu und zuckte enttäuscht mit den Schultern. Meine geliebte Braut aber blinzelte mir kurz zu, wozu sie sprach: "Du nicht brauchen sein traurig, Luki! Ich schon dafür sorgen, daß Du bekommen, was Du wollen!". Damit knallte sie festentschlossen ebenfalls eine Fünfeuronote auf die hölzerne Theke der Bude, angelte sich die ihr von der Inhaberin dargereichte Munition und das Gewehr aus meiner Hand. Sie lud, legte an, zielte, schoß und erzielte einen Treffer. Dem einen aber folgte ein zweiter, dem wiederum ein dritter und dann noch einer. Vier weitere gesellten sich hinzu. Schon hatte auch sie insgesamt neun selbstgeschossene Papierrosen vor sich liegen. Ein letztes Mal lud sie nach. Wieder legte sie den Gewehrkolben an ihrer zarten, nackten Schulter an und zielte. Ein Auge hatte sie dabei zugekniffen, ganz ruhig und regelmäßig hob und senkte sich der in ihrem Dirndl prächtig zur Geltung kommende Brustkorb. Ihr Zeigefinger krümmte sich am Abzug des Gewehrs. Dann ertönte ein lauter Knall, während alles um sie herum für einen Augenblick den Atem anzuhalten schien. Ein gar zartes Papierröschen aber segelte, inmitten seines dünnen Drahtstengels getroffen, sachte wie in Zeitlupe zu Boden. Und donnernder Applaus hallte gleichsam einem Echo des abgefeuerten Schusses über den Platz. Yelena verneigte sich kurzerhand tief vor der Schar der begeisterten, zumeist männlichen Bewunderer jener weiblichen Treffsicherheit. Ich aber schüttelte im Stillen innerlich den Kopf. Wie um alles in der Welt konnte ich nur immer wieder vergessen, daß meine Yelena allein aufgrund ihrer Vergangenheit sicherlich auch eine umfangreiche Schießausbildung genossen haben dürfte?! Meine Meisterschützin nahm indes aus den Händen der Schießbudenbesitzerin den zehnstieligen Papierblumenstrauß und den mit ihm verknüpften Preis entgegen, wobei sie letzteren sogleich an mich weiterreichte mit den Worten: "Eine kleine kuschelige Bärchen für meine große kuschelige Bär!". Zum Dank für dieses reizende Kompliment aber legten sich meine Lippen unumwunden auf die ihren.



      INSPEKTOR SVENSSON: FLITTERWOCHEN-TAGEBUCH
      Eintrag 9


      25. September 2009. München - Tag 2. Sechster und letzter Akt.

      Als sich unsere Münder kurz darauf wieder voneinander lösten, verzeichneten meine Ohren ein lautes Knurren - eines das zunächst fast so klang, als entstamme es dem Bauche des Braunbären in meinen Händen. In Wirklichkeit aber meldete sich hiermit nun vielmehr mein eigener Bauch zu Wort, der nach dem am Morgen abrupt abgebrochenen Frühstück lautstark um Nahrungsaufnahme durch die ihm übergeordneten Organe verlangte. Der anschließende kurze Blick auf meine Taschenuhr verriet mir zudem, daß die Mittagsstunde eh schon in greifbare Nähe gerückt war, und so unterbreitete ich dem vierköpfigen Kreis meiner Begleiterinnen folgenden Vorschlag: "Nun die Damen, wie wäre es mit einer Brotzeit?!". Yelena und Annemarie nickten sofort stürmisch, doch die zwei Käslerfrauen winkten nur ab und erklärten einstimmig zweistimmig: "Nix da!". Wozu die Gestandenere der Beiden noch ergänzte: "Jetzt wirds a moi Zeit für was Zünftges. Etwas Warmes braucht der Mensch! und I woaß a scho, wo mir des kriagn! Aufi, gemma!". Sprach sie und übernahm damit kurzerhand die Führung unseres Wiesntrupps.

      Nach etwa hundert Metern Fußweg kreuz und quer durchs menschliche Gedränge langten wir fast am Ende des Wiesngeländes zwischen einem großen Riesenrad und der außerhalb des Festgeländes angesiedelten monumentalen Bronzestatue der Patrona Bavariae vor einem großen dunkelgrünen Festzelt an, über dessen schmalem Eingang in goldgelben Lettern der Name der bayrisch-sächsischen Großbrauerei "Radiberger" angebracht war. Frau Käsler senior erklärte uns hierzu: "Des is übrigens leider erst amoi des letzte Jahr, wo die Radibergers hier mit von der Partie san wern. Im nächsten Jahr sois an genau dieser Stelln zum 200jährigen Jubliläum nämlich a sogenannte historische Wiesn geben". Im Anschluß betraten wir das Zelt, das in seinem Innern einen noch viel geräumigeren Eindruck machte als von außen und dabei in seiner künstlich beleuchteten Schummrigkeit eine unheimlich gemütliche Atmosphäre ausstahlte. Den Mittelpunkt des Raumes bildete eine Holztribühne, auf der sich an einem großen Holzfaß ein paar Männer in Lederhosen miteinander recht angeregt unterhielten. Ringsum aber standen an vielen langen schmalen Tischreihen ebenso lange und schmale Holzbänke, reich besetzt mit einer gar munteren Besucherschar. Hier saßen ohne jegliche Berührungsängste dicht an dicht der vollbärtige kopfbetuchte Rocker im Lederoutfit und ein auf ganz andere Weise betuchter Schlipsträger mit Fönfrisur und Rolex, die streng zugeknöpfte Dutträgerin mittleren Alters mit der Nickelbrille und das fesche junge Madl im weitaufgeknöpften weinroten Trachtenkleid. Da schwatzte ein einheimischer Urbaier angeregt mit einem eingefleischten Berliner, die dunkelhäutige Afrikanerin aus Garmisch mit dem mandeläugigen Chinesen aus Rostock. Und wo einem dabei unter Umständen einmal die richtigen Worte fehlten, unterhielt man sich eben mit Händen und Füßen weiter. Meine Taschenuhr zeigte unterdess 5 vor 12, während wir uns zu fünft in eine der Bankreihen schoben. Yelena und mir unmittelbar gegenüber hockte dabei ein älteres Paar, dessen männlicher Part sich kurzerhand mit dem Hemdsärmel über den bierschaumverschmierten Schnäuzer strich und mich dann nach kurzer Musterung anknurrte: "Bei uns sogt ma Grias God, wenn ma reikimt!". Seine bessere gutbeleibte Hälfte stieß im den Ellenbogen in die Seite und raunte: "Franzl! Laß gefälligst die Herrschaften in Ruh! Vielleicht kommens ja von weiter her und sind unserer Sprach gar net mächtig!". Ein wortloses Knurren war die knappe Antwort des einheimischen Schauzbarts, woraufhin seine Partnerin nur milde abwinkte: "Ich bin die Maxi, und scho lang koa Single mehr. Aufgrund meiner rheinländischen Vorliebe für kurze Röcke nennens mich meine Freundinnen auch gern die Maxi mit dem Mini. Nehmts den alten Grantler neben mir nicht allzu ernst, der mosert immer an allem rum. Und wer seids ihr? Wo kommts ihr her?". Meine Yelena war in jenem Augenblick, den die aufgeschlossene Maxi in ihrem ungestümen Redefluß scheinbar zum Luftholen nutzte, ein wenig fixer als ich und antwortete wie aus der Pistole geschossen: "Ich heißen Yelena, und das sein meine Mann Lukas Svensson. Wir beide aus London kommen, sein frisch verheiratet und hier verbringen ein paar Tagen von unser Flatterwochen". Maxi riß ganz aufgeregt ihre Arme in die Höhe: "Ja mei, ein frischvermähltes Liebespaar aus England. Ach ja, Sie müssen nämlich wissen, mein Mann und ich, wir feiern heut Goldene Hochzeit, gell Franzl?!". Mehr als ein leises Knurren war dem Angesprochenen auch auf diese Offenbarung hin einfach nicht zu entlocken. Und so wand sich die Maxi in ihrem unerschöpflichen Mitteilungsdrang auch lieber wieder meiner Frau zu: "Aber sagen Sie mal, meine Liebe, Ihr Akzent klingt doch irgendwie auch ein bißerl osteuropäisch, oder irr ich mich da?!". Diesmal war ich der Schnellere und erklärte: "Nein, Sie irren sich nicht. Meine Frau stammt ursprünglich aus Rußland, zu Zeiten, da dieses noch dem Staatenverbund der Sowjetunion angehörte". Die eingeheiratete Bajuvarin nickte eifrig und hakte dabei gleichzeitig nach: "Und Sie selbst?! Für einen waschechten Briten erscheint mir Ihr Hochdeutsch doch ziemlich akzentfrei?!". Jetzt nickte auch ich und erklärte zugleich: "Richtig erkannt, meine Teuerste! Ursprünglich wurde ich in Königsberg geboren, von wo aus meine Eltern mit mir bei Kriegsende erst ins östliche Berlin flüchteten und dann noch lange vorm Bau der Mauer in den Westen. Von dortaus aber siedelten wir dann ins britische Königreich über, wo ich jetzt beheimatet bin". Die Maxi stieß ihrem wortkargen Gatten erneut unsanft in die Seite: "Hast Du das gehört, Franzl?!". Der Göttergatte nickte kurz und erwiderte dann zu unser aller Erstaunen in seinem ersten längeren Dreisatz: "Jo, do schauts her: a angelsächsischer Ostsaupreiß und oa sowjetrussische Exilengeländerin mit am skandinavischen Familiennamen und oa rheinischen Mini-Maxi-Frohnatur mitsamt ihrem fischköppig maulfaulen Franzmann inmittem vom Herzen des scheenen Baiernlands. Des nenn i amoi multikulti, oder?! Auf des sollt ma glei amoi anstossn!".

      Kaum hatte der schnauzbärtige Franz uns mit dieser kurzen Zusammenfassung unseres bisherigen Tischgesprächs beglückt, da wurde auf der Bühne auch schon mit dem lauten Anschlagen einer Kuhglocke die Mittagszeit eingeläutet, wozu ein Lederhosenträger mit Mikrofon widerhallend erklärte: "So, meine lieben Gäste! Im Namen der Radiberger-Brauerei begrüße ich Sie aufs Herzlichste in unserem Festzelt, wo es nun wieder Zeit ist für den täglichen traditionellen Bierfaßanstich, fachgrecht ausgeführt von unserem amtierenden Münchner Kindl Stefanie Krätz. Eine langhaarige Blondine im schwarzgelben Kapuzenkostüm betrat lächelnd die Bühne, in einer Hand einen runden Holzhammer in der anderen einen metallenen Zapfhahn. Gemeinsam mit dem Moderator und den nach und nach einstimmenden Gästen zählte sie langsam die verbleibenden Sekunden bis High Noon herunter, legte dann den Zapfhahn am Bierfaß an und trieb ihn mit drei beherzten Schlägen durch dessen Holzbodenplatte. Und während ein Gehilfe von oben her mit fünf weiteren Schlägen auf einen Keil das Faßerl belüftete, erklärte die kostümierte Steffi voller Stolz ins ihr vorgehaltene Mikro: "Frisch o'zapft is! Auf eine weiterhin friedliche Wiesn!". Dazu erklangen die ersten Takte des Bayrischen Defiliermarsches, gefolgt von einem Tusch und dem musikalischen Einzeiler "Ein Prosit der Gemütlichkeit". Unter dem Applaus aller Anwesenden stürmten nun drei Dutzend Kellnerinnen in ihren feschen goldgrünen Trachten mit je einem Schwung gläsernen Bierkrüge bewaffnet die Festzeltbühne und ließen sich ihre gläsernen Gefäße allesamt randvoll mit je einem Liter des schäumendem Gerstensaftes befüllen. Hernach verließen sie im Eilschritt die Tribüne und begaben sich unter das durstige Bierzeltbesuchervolk. Drei weitere Dutzend ihrer Kolleginnen liefen bereits mit Brezelkörben zwischen den Gästen umher und brachten ihr salziges Laugengebäck gegen einen geringfügigen Obolus an den Mann oder die Frau, wobei sie hier und da mit rasch gezücktem Notizblock auch schon die ersten Essensbestellungen aufnahmen. Auch an unserem Tisch landete eine jener Bedienungen mit üppig ausgefülltem Dekolette. Bei ihr bestellte sich Yelena neben der Brezn zwei Stück original Münchner Weißwürste mit süßem Senf, während ich - angesichts der augenscheinlichen Anziehungskraft ihrer zum Teil recht unverhüllten Oberweite den Blick die ganze Zeit über gezielt gen Boden gerichtet - eine knusprig gebratene Schweinshaxn in Natursoße mit Reiberknödel orderte. Die Käslers hingegen bestellten sich zwei Portionen Wiener Schnitzel vom bayerischen Kalb mit hausgemachtem Kartoffelsalat und Preiselbeeren. Und Annemarie Septus wählte zu ihrer Brezn nur einen Obazda - einen mit Paprika und Gewürzen herzhaft angemachten Briekäse mit einer Garnitur aus Zwiebelringen. Maxi uns gegenüber tat es ihr gleich, und ihr Franz verzichtete gänzlich auf feste Nahrung, indem er auf Anfrage der Bedienung kurzerhand abwinkte: "I brauch nur oa anständige Maß!". Seine Bitte wurde erhört, denn schon kurze Zeit später stellte eine weitere herangeeilte Kellnerin vor uns in geradezu atemberaubender Geschwindigkeit sieben Maßkrüge auf den Tisch. Im Gegenzug kassierte sie pro Person je 8 Euro und 15 Cent, und machte sich anschließend auf den Weg zum Nachbartisch, uns allen im Enteilen noch einen guten Tag wünschend. Und während Yelena mit ihrem schweren Glaskrug zuerst nur mir, dann aber auch Maxi, den Käslers sowie Annemarie zuprostete, stieß mit einem Male auch ein Maßkrug klirrend an dem meinen an. Es war das Bierglas meines schnauzbärtigen Gegenüber, das sich auf diese Weise im Auftrag seines Halters auf Kontaktsuche machte. Ich erwiderte promt jenen anstößigen Übergriff, was der alte Grantler Franz wiederum zum Anstoß nahm zu einem geradezu ungestüm vorgetragenen mehrsprachigen: "Prosit! Zum Wohle! Skal, Cheers und Na Sdarowje!". Mit einem tiefen Blick ins Glas aber fügte er leise grummelnd hinzu: "Is die oide nimmer frisch, kimmt a neie aufn Tisch!". Und fast erschien es mir, als husche bei jenem doppeldeutigen Trinkspruch so etwas wie der Ansatz eines kleinen Lächelns über sein ansonsten bislang gänzlich unbewegtes Gesicht.

      Auch unser Essen ließ in der Folge gar nicht lange auf sich warten. Und während sich meine Yelena noch mit der neben ihr sitzenden Sandra Käsler über die rechte Art des Weißwurschtzuzelns aufklären ließ, die wohl darin besteht, daß man die Wurst mit dem Messer am einem Ende erst einmal vorsichtig einritzt und dann durch jenen Spalt die Wurst mittels sanftem Lippenüberstülpen allmählich aus ihrer Pelle heraussaugt, widmete ich mich ganz und gar meiner Haxn und den ihr beiliegenden Knödeln, woraufhin ich anschließend meinen Bierkrug genußvoll in einem Zuge leerte. Franz zwinkerte mir daraufhin zu und raunte: "Na, wollns no oans?". Und ohne meine Antwort auf seine Frage überhaupt abzuwarten, winkte er eine der vorbeilaufenden Schankkellnerinnen zu sich heran und organisierte uns so zwei weitere Liter. Auch sie fanden nach und nach den Weg durch unsere trockenen Kehlen, woraufhin die leeren Gläser sogleich - diesmal auf einen Wink von mir hin - durch neue ersetzt wurden. Mit jedem Maß aber stieg bei uns wie auch bei allen anderen Festzeltgästen das Maß der guten Laune, zusätzlich gefördert durch das zackige Aufspielen einer Blasmusikkapelle von der Tribüne her. Klassiker wie "Die lustigen Holzhackerbuam", "Rosamunde" oder "So ein Tag so wunderschön wie heute" wechselten einander ab und luden ihre bei Tisch versammelten Zuhörer dabei in gemütlicher Runde zum Einander-Unterhaken, Schunkeln und Mitsingen ein. Und mochte letzteres auch den einen oder anderen falschen Ton hervorbringen, so störte das hier niemanden. Es schien unter dem großen Volk der friedlich Feiernden ganz einfach keine Mißtöne mehr zu geben, nur noch die unzerstörbare Harmonie eines gemeinschaftlichen Daseins, in welcher jeder auf seine ganz spezielle Art etwas zur allgemeinen Unterhaltung beitrug. Wie im Fluge vergingen so die Stunden. Und da es drinnen im Zelt eh die ganze Zeit immer gleich hell war, bemerkten wir auch gar nicht, daß es außerhalb unseres zeltplanmäßig ummantelten Stimmungsbiotops langsam ein wenig "dumpa" wurde. Erst als ich nach einigen weiteren Bieren leicht wankend eines jener recht stillen Örtchen mit dem geradewegs musikalisch anmutenden Titel "Dixieklo" aufsuchte und dabei einen kurzen Blick auf meine Taschenuhr wagte, dämmerte es auch bei mir. Und zu meiner schlagartig einkehrenden Ernüchterung mußte ich feststellen, daß uns nur etwa zweieinhalb Stunden von unserer um 20 Uhr 15 fest eingeplanten Weiterreise vom Münchner Hauptbahnhof aus trennten. So begab ich mich nach meinem Toilettengang raschen Fußes zurück zum Tisch und drängte den Rest meiner Wiesngang zum Aufbruch. Ein letzter Abschiedsschluck aus dem Maßkrug, ein kurzes herzliches Händeschütteln mit Franz und Maxi, dann verließen Yelena und ich gemeinsam mit Annemarie und den Käslers das Bierzelt.

      Rings um dessen Eingang herum erspähten unsere, sich nur langsam an die über uns hereinbrechende Dunkelheit gewöhnenden Augen am Boden liegend einen zunächst pechschwarzen Schatten, dessen Umrisse von Zeit zu Zeit wild zu zucken schienen. Zwei an uns vorbeitorkelnde Burschen hatten jenen Schatten scheinbar auch erblickt, woraufhin der eine dem andern zulallte: "Ey Bruno, guck mal! Da liegt schon die erste Schapsleiche!". Der Begriff "Schnapsleiche" war dabei für einen Ex-und-Hopp-Kriminalisten wie mich ein nicht zu ignorierendes Stichwort. Und so riß ich meine Arme weit auseinander und taumelte geradezu leichtfüßig im leichten Zickzackkurs in Richtung des noch immer zuckenden Schattens, wozu meine schwer gewordene Zunge stammelte: "Mitbürger! Freunde! Münchner! Hört mich an: Aus dem Wege! Laßt mich schnell zum hochprozentig scheintoten Leichnam ohne Totenschein vordringen! Denn das Verbrechen war bislang meine Berufung, und Mord ist nun mein Hobby!". Direkt hinter mir aber hörte ich noch wie von ferne die leise Mahnung meiner besorgten Gattin: "Luki, Liebes, Du bedenken, Du hier sein außen Dienst!". Oh ja, sie wußte gar nicht, wie recht sie mit jenem Ausruf in seiner entzückend gramatikalischen Wortverdrehtheit hatte. Ich war hier quasi der Außendienst. Und damit jener fachkundige, freiwillige Helfer der örtlichen Polizeibehörde, der bis zu deren Eintreffen den Tatort gegen Fremdeinwirkung und Spurenverwischung durch Dritte sicherte. Eifrig trieb ich die sich langsam ansammelnden Schaulustigen von dem zuckenden Menschenbündel weg, während sich die mir nachgeeilte Yeli langsam zu ihm hinunterbeugte und alsbald mit brüchiger Stimme vermeldete: "Was bloß los sein mit armes Kerl? Auf Stirn ihm stehen kaltes Schweiß, und er sein kaum noch ansprechbar". Aus der von mir zurückgedrängten Menschenansammlung heraus meldete sich eine junge Frau zu Wort: "Was soll denn der ganze Quatsch! Der Typ ist halt besoffen und schläft hier seinen Rausch aus. Warum könnt ihr den da nicht einfach liegen lassen, bis er wieder nüchtern ist?". Es war Sandra Käsler, die hieraufhin entschlossen vortrat und als Antwort erwiderte: "Erstens, weil die Nächte mittlerweile schon recht kühl sind. Zweitens, weil wir als zivilisierte Wesen eine Verantwortung für unsere Mitmenschen besitzen. Und drittens, weil mir ein lieber Freund, dessen Betätigungsfeld in der Pflege bedürftiger Menschen liegt, einmal verraten hat, daß derartige Symptome keineswegs immer nur auf einen Vollrausch hindeuten müssen, sondern durchaus auch von einer deutlichen Unterzuckerung des Körpers herrühren können, welche bei Nichtbehandlung zum Zuckerschock und damit schlimmstenfalls zum Tod des Betroffenen führen kann". Mit diesen Worten zückte sie auch schon ihr Handy und alarmierte über die Notrufnummer 112 die hiesigen Rettungskräfte, die binnen weniger Minuten vor Ort erschienen und nach einem einfachen Blutzuckertest den von Sandra geäußerten Verdacht bestätigten. Ein Notarzt injizierte dem mittlerweile in eine warme Decke gehüllten Diabetiker eine Glukoselösung, woraufhin der junge Mann dann auch rasch wieder zu sich kam. Es dauerte noch einen Augenblick bis er auf Anfrage bei einem der Rettungsassistenten begriff, was ihm zugestoßen war und wem er die gerade noch rechtzeitige Hilfe verdankte. Sichtlich gerührt angelte er mit seinen zittrigen Fingern nach dem zarten Händchen der mittlerweile schon geraume Zeit über ununterbrochen neben ihm knieenden Käslertochter und hauchte ihr mit noch deutlich geschwächter Stimme sanft zu: "Danke, mein rettender Engel!". Sandra errötete leicht, woraufhin die Beiden noch ein ganzes Weilchen angeregt miteinander tuschelten. Am Ende aber, da sich das Käslertöchterchen mit einem Blick zur Uhr und auf das Drängen ihrer Frau Mama von ihrer neuen männlichen Bekanntschaft verabschiedete, zierte den leichtbehaarten Unterarm des am Boden liegenden Herrn eine mit dem Kugelschreiber eines Sanitäters aufgetragene zwölfstellige Ziffernfolge, die sich mysteriöserweise exakt mit Sandra Käslers mobiler Telefonnummer zu decken schien. Sekunden später aber kehrten beide Käslerfrauen, Yelena und ich aus dem schummrigen Halbdunkel des Bierzeltvorplatzes auf den "Pfad der Tugend" zurück, wie Annemarie Septus in diesem Moment geradezu poetisch unseren Rückweg über die Schaustellerstraße in Richtung Haupteingang zu betiteln pflegte.

      Im Sinne eines raschen Vorankommens angesichts der nun doch etwas knapp bemessenen Zeit vermieden wir es hierbei tunlichst, unsere Blicke großartig nach rechts und links schweifen zu lassen. Neben einem der unzähligen kleineren Stände bremste ein lauthals vorgebrachtes Halt aus der vor kurzem noch eher zurückhaltend agierenden Kehle Sandra Käslers allerdings dennoch unvermittelt unseren Schritt. Ihr ausgestreckter Arm wies dabei auf ein riesiges Meer aufgehängter Lebkuchenherzen, über denen ein kleines handbemaltes Holzschild in Fünfziger-Jahre-Bill-Ramsey-Manier liebevoll Sinn und Zweck der dahinter versteckten Bretterbude verkündete: "Souvenirs, Souvenirs". Rasch lief Sandra auf das kleine Büdchen zu, schaute sich mit großen Augen um, und unterhielt sich dann ganz aufgeregt einen Moment lang mit der Verkäuferin. Zurück kehrte sie mit einer kleinen Geschenktüte mit der Aufschrift: "Alles Liebe vom Oktoberfest", die sie freudestrahlend an meine Frau und mich überreichte. Und meine Yelena entlockte jener Tüte sogleich ein blauweiß gemustertes quadratisches Platzdeckchen mit einem Meter Seitenlänge und dem dazu passenden Aufdruck "1 qm Freistaat". Sandra aber sprach dazu ganz leise: "Das soll Euch Zwei stets an Euren Münchenbesuch, an diesen wunderschönen Tag und natürlich auch an uns erinnern". Nacheinander nahmen Yelena und ich die liebenswerte junge Frau fest in den Arm und bedankten uns aufs Allerherzlichste für die uns zuteil gewordene Gastfreundschaft. Dann lief auch ich noch zu jener Geschenkebude hin, sah mich ein wenig um und flüsterte anschließend der Verkäuferin etwas ins Ohr. Sie aber rief eine Kollegin vom Nachbarstand zu sich, mit der sie sich kurz austauschte, und übergab mir währenddessen ein herrlich duftendes Lebkuchenherz mit der zuckersüßen Widmung "I hob di sooo liab". Hurtig kehrte ich wieder zu den anderen zurück und schenkte das Herz meiner Yelena, die sich dafür prompt mit einem leidenschaftlichen Busserl bei mir bedankte. Im nächsten Augenblick aber stand bereits die Verkäuferin des Nachbarstandes bei uns. Sie trug eine Sofortbildkamera in der Hand und forderte uns mit ein paar kurzigen zackigen Handbewegungen dazu auf, vorm imposanten Hintergrund des Geschenkestands ein wenig dichter zusammenzurücken. Binnen weniger Sekunden standen die Käslers mit Annemarie in ihrer Mitte beieinander, während Yelena und ich vor ihren Beinen in die Hocke gingen. Der Blitzlicht der Kamera leuchtete kurz auf, dann kam surrend das Foto zum Vorschein, welches sich in nur wenigen Sekunden vollständig zu einem bleibenden Erinnerungsstück entwickelt hatte, das ich gleich an Sandra Käsler weiterreichte und dazu mit feierlicher Stimme anmerkte: "So mögt auch ihr uns stets im Gedächtnis behalten!". Nach einer großen Gruppenumarmung machten wir uns allesamt mit ein paar klitzekleinen Tränen der Rührung im Auge an die Fortsetzung unseres Fußmarsches in Richtung Ausgang.

      Vor uns erhob sich dabei alsbald auch wieder das Eingangstor zum Oktoberfest, das für uns zu jener Abendstunde nunmehr zum Ausgangstor wurde und seinem scheidenden Besucher mittels des im Torbogen angebrachten Schriftzugs noch ein letztes liebevolles "Pfüa Gott & Auf Wiedersehen" mit auf den Weg gab. Bevor unsere fünfköpfige illustre Gesellschaft es allerdings in Richtung U-Bahnstation durchschritt, genehmigten wir uns noch einen kurzen Zwischenhalt an der im Eingangsbereich aufgestellten Losbude. Allzusehr hatte uns deren Verkäufer gelockt mit seinem geradezu marktschreierisch vorgetragenen: "Ein Los ein Euro! Jedes dritte Los ein Gewinn!". Yelena und ich erstanden daraufhin bei jenem geschäftstüchtigen Herrn insgesamt fünf der angepriesenen kleinen Faltzettelchen, welche ich in der Folge nacheinander einzeln mit leicht zittrigen Fingern aufzureißen begann. Fünfmal zeigte sich hierauf meinen, erwartungsvoll gespannten Augen blau auf weiß ein und dieselbe ernüchtenden fünf Buchstaben: "N-I-E-T-E". Und nur für den Fall, daß ich mein vermeintlich hartes Los in jener kurzen und knappen Form noch nicht zu fassen vermochte, erläuterten die Lotteriebetreiber darunter noch einmal unmißverständlich in etwas kleiner gehaltenenen pechschwarzen Druckbuchstaben: "Diesmal leider nichts gewonnen!". Als ich am Ende jenes derart unergiebigen Aufreißens wieder aufblickte, aber schaute ich in acht unheimlich mitleidig dreinblickende Frauenaugen, zu deren sichtlicher Verwunderung ich von meinem kleinen Mißerfolg recht unbeeindruckt erklärte: "Kein Grund zum Traurigsein, die Damen! Ich hab doch schon längst das ganz große Los gezogen". Ich verlieh meinem Gesicht dabei einen strahlenden Ausdruck und ergänzte, während sich meine zuvor weit ausgestreckten Arme sachte um die Taille meiner mir nahestehenden Yelena zu schließen begannen: "Meine geliebte Yeli ist und bleibt schließlich der absolute Hauptgewinn in meinem Leben". Ein langer, intensiver Kuß von meiner Angebeteten entlohnte mich umgehend überreich für meine kleine Liebeserklärung. Als sich unser beider Lippen schließlich wieder trennten, vernahm ich quasi in Stereo je einen leisen Seufzer aus den Kehlen von Mutter und Tochter Käsler. Der Blick meiner leuchtenden Augen aber fiel zugleich auf die etwas abseits stehende, mir eifrig zunickende Annemarie Septus: "So ist's recht, meine Lieben! Pech im Spiel, Glück in der Liebe!". Und zwei klitzkleine einsame Tränen kullerten dabei - einem kurzen Anflug innerer Schwermut entsprungen der irdischen Schwerkraft folgend - über ihre leicht erbebenden Wangenknochen in Richtung kahler Wiesn, wo sie Sekunden später der trockene Sandboden nach und nach vollständig in sich aufsaugte, während sich unsere Fünfergruppe bereits auf den Rückweg zur U-Bahn und mit ihr dann zur Pension "Liesl" begab.

      Noch etwas tränenreicher fiel etwa eine Stunde später an einer der Pension nahegelegenen Bushaltestelle unser Abschied von Frau Septus und den Käslers aus. Sandra Käsler umarmte dabei erst Yelena und dann auch mich, wozu sie mir leicht schiefend ins Ohr hauchte: "Ich mag keine Abschiede! Also lebt wohl, Ihr Zwei! Ich wünsch Euch alles, alles Gute!". Dann wand sie sich rasch von uns ab und enteilte, ohne sich noch einmal umzudrehen, auf die gegenüberliegende Straßenseite. Ihre Mutter unterdess verabschiedete uns mit festem Händedruck und sprach: "Pfüat Eich, Herrschaften! Noch a scheene Hochzeitsreisen! Bleibts wias seids und laßts Eich vom Alltagstrott net unterkriagn, gell! Und jetz ist's fei Schluß mit de Sentimentalitäten! Schauts, Eier Bus kimmt! Auf gehts! Gemma!". Sprachs und begab sich mit einem letzten verschmitzten Augenzwinkern zu ihrer Tochter. Annemarie Septus aber strich Yelena und mir zum Abschied mit ihren beiden vom Leben bereits deutlich gezeichneten Handrücken sanft über die Wangen, wozu sie leise hauchte: "Gute Reise, meine Lieben! Einen gutgemeinten Rat möchte ich Euch mit auf den Weg geben: Vergeßt niemals, welch Glück Ihr hattet, Euch zu finden! Genießt angesichts dessen die Euch hier auf Erden geschenkte gemeinsame Zeit! Allzu schnell vergehen die schönen Stunden, und ehe man sich versieht, ist das Leben vorbei! Auf Wiedersehen, Yelena und Lukas!". Nun liefen auch uns die Tränen. Yelena aber schloß die sichtlich gerührte ältere Dame in ihre Arme, während ich ihr sanft über das Haar strich und leise schluchzte: "Danke für alles, Annemarie! Es ist uns eine Ehre, Sie kennengelernt zu haben!". Schweren Herzens lösten sich die beiden Frauen indes wieder voneinander. Und voller Ergriffenheit ergriffen meine Frau und ich nun unser zuvor im Bushaltestellenhäuschen abgestelltes Reisegepäck und bestiegen unseren inzwischen eingetroffenen blauen Linienbus zum Münchner Hauptbahnhof. Annemarie Septus aber winkte uns dabei die ganze Zeit feuchten Auges mit einem Stofftaschentuch nach ... auch noch dann, als selbst die Rücklichter des Busses schon längst ihrem leicht getrübten Blick entschwunden waren.

      Knapp anderthalb Stunden später hockten Yelena und ich einander visavis in einem kleinen Abteil des Nachtexpreßzuges in Richtung österreichischer Hauptstadt. Etwas wehmütig hielt Yelena dabei das ihr von Sandra Käsler geschenkte weißblaue Deckchen in Händen und seufzte leis: "Freistaat ade, Scheide tun weh!". Ich versuchte inständig, mir das Schmunzeln zu verkneifen und konnte es dennoch nicht gänzlich verhindern, daß diese dritte unbewußt eindeutig zweideutig vorgetragene Schlüpfrigkeit jenes Tages aus dem süßen, so unschuldig daherredenden Mundwerk meiner frisch angetrauten Ehefrau mir erneut ein leichtes Grinsen aufs Gesicht zauberte. Mein etwas beschämter Blick aber entzog sich daraufhin kurz dem ihren und erspähte im selben Moment aus dem leicht angekippten Zugfenster heraus in der einbrechenden Dunkelheit an einem der vorbeiziehenden Höfe einen großen ausgehöhlten und innerlich von einem flackernden Kerzenlicht schummrig beschienenen Kürbis, dessen harter Schale zudem jemand mit einem Messer auch noch eine schauerliche Fratze eingeritzt hatte. Und so ergänzte ich in stiller Vorfreude auf unseren nächstes Zwischenstop: "Ja ... Bye, bye Bayern und Hello Wien!".

      [Wird fortgesetzt]

      Der obige Text ist rein dialektisch vollständig bayern-kompatibel. Vielen lieben Dank an meine daran zum großen Teil beteiligte Stammleserin Saxi! :wolke_7:
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      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von sven1421 ()

    • Ja, es geht weiter mit der Reise, hurra!
      Und wie immer und gewohnt so schön detailliert beschrieben. Danke Sven!
      Allerdings muss ich zugeben, ich hatte bisher schon kein Verlangen das Oktoberfest einmal live zu erleben, und die gestrige abendliche Lektüre dieser zwei Updates hat mir auch keine Sinneswandlung verschafft. :grin_still: Irgendwie scheint es mir da einfach zu voll...
      Dafür kam mir das Ende etwas bekannt vor. "Wie, schon so spät??? Hilfe, ich muss los." Das kann mir auch gut passieren, wenn ich von irgendwas begeistert bin, oder mich einfach nur wohl fühle. :grin_still: Erstaunlich, das Lukas und Yelena dann noch die Ruhe hatten, am Souvenirstand Aufenthalt zu nehmen. Ich wäre wahrscheinlich Hals über Kopf zum Bahnhof gerast. (und dann viel zu früh da gewesen...)

      Nach den Münchner Erlebnissen bin ich jetzt gespannt darauf, was Wien dem Flitterpärchen zu bieten hat.

      liebe Grüße
      claudia
      Weihnachten: "Euch ist heute der Retter geboren, Christus der Herr." die Bibel in Lukas 2,11
    • Wow, das war aber mal wieder schön viel Lesestoff auf einmal. :thumbs02:

      Das war wirklich turbulent und es ist echt noch ganz schön viel passiert. Ich habe mich wieder köstlich amüsiert. Und es war auch aufregend mit der Lebensrettung und traurig beim Abschied. :thumbup: Und dann bahnte sich womöglich auch noch bei Sandra Käsler und dem Geretteten etwas an. Da war wirklich wieder alles dabei.
      Übrigens ist das ein tolles Foto von den Beiden mit dem Münchner Kindl. :clappingsmi3:

      Aber ich muss Claudia recht geben, selbst ich als Münchnerin gehe nie auf das Oktoberfest. Es ist wirklich zu voll und das ist dann nicht mehr schön und macht auch keinen Spass mehr. Ich war nur letztes Jahr auf der alten Wiesn. Also dem alten Oktoberfest wie es früher war, was ja jetzt, wenn nicht gerade Landwirtschaftsfest ist, nebenbei auch immer ist. Das ist praktisch neben dem normalen Oktoberfest. Wenn man aus dem alten rausgeht steht man gleich mitten auf der richtigen Wiesn. Auf jeden fall ist es auf der alten Wiesn viel schöner und ruhiger. :thumbs02:

      Ja ich bin auch schon gespannt auf Wien. Zumal ich ja selbst schon dort war. Und das war sehr schön. Also dann Lukas und Yelena auf nach Wien. :thumbup:

      Ich freue mich schon wenns weitergeht :freudentanz: und dankeschön fürs Schreiben. :danke:

      Bitte schön sehr gerne geschehen für das Bayerische. :thumbs02:

      Gruß

      Saxi :)
      "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt ist ein Mensch"
    • claudia312 schrieb:

      Ja, es geht weiter mit der Reise, hurra!
      Allerdings, auch gleich im Anschluß, rückt doch das Zeitfenster für die Adventssonntag-Flitterwochen-Weltreise-Abschnittte immer näher!

      Saxi schrieb:

      Wow, das war aber mal wieder schön viel Lesestoff auf einmal. :thumbs02:
      Nun, diesmal wird es wieder weniger, denn ich hab den Wienbesuch des Svenssonpaars kurzerhand zweigeteilt.

      Saxi schrieb:

      Das war wirklich turbulent und es ist echt noch ganz schön viel passiert. Ich habe mich wieder köstlich amüsiert. Und es war auch aufregend mit der Lebensrettung und traurig beim Abschied. :thumbup: Und dann bahnte sich womöglich auch noch bei Sandra Käsler und dem Geretteten etwas an. Da war wirklich wieder alles dabei.
      Stimmt, eine tolle Achterbahnfahrt der Emotionen. Und mal schaun, ob wir in Zukunft nicht auch noch erfahren, ob da was ging mit Sandra und ihrem zuckersüßen Patienten!

      claudia312 schrieb:

      Und wie immer und gewohnt so schön detailliert beschrieben. Danke Sven!
      Keine Ursache, das ist nunmal mein Markenzeichen. Die Bilder, die ich mir beim Schreiben vorm geistigen Auge aus-male, versuch ich in Worten möglichst allumfassend zu be-schreiben.

      claudia312 schrieb:

      Allerdings muss ich zugeben, ich hatte bisher schon kein Verlangen das Oktoberfest einmal live zu erleben, und die gestrige abendliche Lektüre dieser zwei Updates hat mir auch keine Sinneswandlung verschafft. :grin_still: Irgendwie scheint es mir da einfach zu voll...

      Saxi schrieb:

      Aber ich muss Claudia recht geben, selbst ich als Münchnerin gehe nie auf das Oktoberfest. Es ist wirklich zu voll und das ist dann nicht mehr schön und macht auch keinen Spass mehr. Ich war nur letztes Jahr auf der alten Wiesn. Also dem alten Oktoberfest wie es früher war, was ja jetzt, wenn nicht gerade Landwirtschaftsfest ist, nebenbei auch immer ist. Das ist praktisch neben dem normalen Oktoberfest. Wenn man aus dem alten rausgeht steht man gleich mitten auf der richtigen Wiesn. Auf jeden fall ist es auf der alten Wiesn viel schöner und ruhiger. :thumbs02:

      claudia312 schrieb:

      Dafür kam mir das Ende etwas bekannt vor. "Wie, schon so spät??? Hilfe, ich muss los." Das kann mir auch gut passieren, wenn ich von irgendwas begeistert bin, oder mich einfach nur wohl fühle. :grin_still: Erstaunlich, das Lukas und Yelena dann noch die Ruhe hatten, am Souvenirstand Aufenthalt zu nehmen. Ich wäre wahrscheinlich Hals über Kopf zum Bahnhof gerast. (und dann viel zu früh da gewesen...)
      Nun ja, mir sind solche Volksfeste im allgemeinen auch viel zu vollgestopft. Dennoch reizte mich als Autor der Gedanke hier auf engstem Raum die verschiedensten Menschen sich annähern lassen zu können. Ganz im Sinne einer multikulturellen internationalen Völkergemeinschaft.

      claudia312 schrieb:

      Nach den Münchner Erlebnissen bin ich jetzt gespannt darauf, was Wien dem Flitterpärchen zu bieten hat.

      Saxi schrieb:

      Ja ich bin auch schon gespannt auf Wien. Zumal ich ja selbst schon dort war. Und das war sehr schön. Also dann Lukas und Yelena auf nach Wien. :thumbup:
      Na, dann laßt uns doch mal ZÜGIG abfahren!

      Saxi schrieb:

      Ich freue mich schon wenns weitergeht :freudentanz: und dankeschön fürs Schreiben. :danke:
      Bitte, bitte! Gerngeschön! Aufi, gemma!

      Saxi schrieb:

      Übrigens ist das ein tolles Foto von den Beiden mit dem Münchner Kindl. :clappingsmi3:
      Naja, auch das multimediale Beiwerk gehört zu meinem Schaffen dazu. Und dient dabei sowohl mir als auch meinen Lesern als optische Veranschaulichung.

      reckgreen schrieb:

      Das ist echt cool
      Nun ja, da sag ich doch einfach mal Danke, reckgreen! Schließlich freu ich mich immer über neue LeserInner meiner Geschichten.

      INSPEKTOR SVENSSON: FLITTERWOCHEN-TAGEBUCH
      Eintrag 10


      26. September 2009 - Wiener Intermezzo - Vers 1

      Der Österreich-Ungarn-Nachtexpreß der Deutschen Bahn brachte uns zügig voran. Nach etwa zwei Stunden Fahrzeit passierte der Zug die Grenze Bayerns zum südlichen Nachbarn und machte knapp eine halbe Stunde später in Salzburg fahrplangemäß Zwischenstation. Unter Beibehaltung jenes Tempos lag die österreichische Hauptstadt nur noch fünfeinhalb Stunden entfernt, und damit nach einem kurzen Taxitransfer vom Wiener Bahnhof Meidling zum Flughafen Schwechat auch der für Yelena und mich vorgesehene Weiterflug nach Südafrika, das Land der kommenden Fußballweltmeisterschaft. Ja, Wien war bei unserer Flitterwochenreise aufgrund seiner gegenüber München günstigen Anschlußflugverbindungen von vornherein als reine Durchgangsstation geplant gewesen. Dennoch hatte ich eins längst begriffen: Nicht ich machte letztlich die Pläne für mein Leben, sondern Gott. Und ER hatte auch in diesem Fall scheinbar wieder einmal ganz andere Pläne als ich oder gar als die Deutsche Bahn. Sein Plan hatte es nämlich - wie uns die junge Schlafwagenschaffnerin unseres Zuges bei einem außerplanmäßigen Halt nahe der romantisch mondbeschienenen Kulisse des Mondsees wortreich mitteilte - vorgesehen, daß auf unserer Eisenbahnstrecke von München nach Wien der Blitz in eines der Stellwerke einschlug und dabei für mehrere Stunden sämtliche Weichen in der unmittelbaren Umgebung außer Gefecht setzte. ER stellte in seiner Allgegenwärtigkeit unterdess die Weichen für unsere Gegenwart, indem er uns durch diesen auf den ersten Blick so widrigen Umstand Zeit für uns schenkte, alle Zeit der Welt. Zeit zum Ausruhen und Schlafen. Und die Zeit, uns auf engstem Raum innig zu lieben. Freilich ließ er uns auch die Freiheit, all dies nicht zu tun, und jene geschenkten Stunden lieber damit zu verplempern, uns über die verspätete Ankunft in Wien aufzuregen, wie es ein Mitreisender im Nachbarabteil nach erfolgter Lautsprecherdurchsage im Zug gegenüber der Schaffnerin deutlich hörbar zu tun pflegte.

      Knapp sechs Stunden gingen in der Folge ins Land, ohne das unsere Bahnstrecke wieder freigegeben wurde. Mein ganzes Gesicht war mittlerweile mit dezent verschmiertem rotem Lippenstift übersät. Yelena hockte mit bleicher gewordenem Kirschmund wild zerzaustem Haar noch immer ein wenig schwerer atmend neben mir und kuschelte sich, die Blöße ihres im stehenden Zuge erst so recht in Fahrt gekommenen Körpers nur mit dem rasch übergeworfenen Bettdeck bedeckend, ganz eng an mich. Mit glasigen Augen erlebten wir Beide dabei durch das geschlossene Zugfenster hindurch im Sonnenaufgang über dem Mondsee den für uns bereits dritten Höhepunkt des eben erst anbrechenden Samstags. Was unserem verklärten Blick gänzlich entging, war jener dünne Mann aus dem Nachbarabteil, der mit seinen drei Koffern schwer bepackt keuchend und schaufend an den Gleisen entlang auf ein in wenigen Metern Entfernung mit laufendem Motor wartendes Taxi zustolperte, welches ihn auf sein Verlangen hin auf Kosten der Deutschen Bahn anschließend erst zurück nach Salzburg und vom dortigen Hauptbahnhof aus mittels eines österreichischen Regionalzugs nach Wien bringen sollte. Wütend streckte er unserem Schienenroß die erhobene Faust entgegen, als er auf halbem Wege feststellen mußte, daß der von ihm entgegen dem eindringlichen Bitten der Schaffnerin um noch ein wenig Geduld so Hals über Kopf verlassene Zug sich nunmehr zeitgleich quietschend und zischend ebenfalls in Richtung österreichischer Hauptstadt in Bewegung setzte.

      In aller Ruhe kleideten wir uns ein Viertelstündchen später wieder an und ließen uns von der beim Betreten unseres Abteils mit seinem noch immer recht zerwühlten Nachtlager leicht errötenden Schaffnerin zum Frühstück zwei Crossaints und Tee bringen, wobei ich bei letzterem Pfefferminz, meine Gattin hingegen nach altbewährt russischer Tradition einen süßen Schwarzen mit einem ordentlichen Schuß weißer Milch orderte. In aller Ruhe genossen wir jenes bescheidene Morgenmahl, während an uns die atemberaubende Landschaft Ober- und Niederösterreichs vorbeizog. Im Anschluß daran verschwand meine Braut für einen kurzen Moment aufs WC, von wo aus sie mit einem angefeuchteten Papiertaschentuch zurückkehrte, mit dessen Hilfe sie dann sanft reibend die sichtbaren Spuren unserer vergangenen leidenschaftlichen Stunden aus meinem Gesicht hinfortzuwischen begann. Dabei hielt sie immer wieder inne und ersetzte das warme feuchte Papier kurzzeitig durch ihre nicht minder feuchten warmen Lippen und drückte meinem Antlitz damit nur noch mehr rotverschmierte Kußmünder auf, die sie dann erneut wegwischen durfte. Ein sauberes Liebesspiel, das man in dieser Form gut und gern stundenlang fortsetzen konnte, wenn man einander nur eben so gern hatte wie wir Zwei. Und so dürfte es wohl kaum verwundern, daß wir beim letzten weggewischten Kußmund auf meiner Stirn wie von Ferne durch die Zuglautsprecher die Ansage vernahmen: "Wir erreichen in einer Minute den Bahnhof Wien-Meidling". Yelena und ich erhoben uns daraufhin von unseren Sitzen und ergriffen dabei sogleich unsere auf der Gepäckablage direkt über unseren Köpfen abgelegten Reisekoffer, mit denen wir das Abteil in Richtung einer der sich bereits öffnenden Zugtüren verließen.

      Auf dem Bahnsteig zeigte die Bahnhofsuhr 11 Uhr 24 an. Unser Flieger in Richtung Südafrika war für 6 Uhr gebucht gewesen und hatte damit vermutlich bei zehn Stunden Flugzeit bereits mehr als die Hälfte der Strecke nach Johannesburg zurückgelegt, allerdings ohne Yelena und mich. Und deshalb rief Yelena noch vom Bahnsteig aus unser Reisebüro in London an, um sich nach den Möglichkeiten einer Umbuchung zu erkundigen. Dort teilte man ihr mit, daß der nächste Flieger von Wien nach Johannesburg erst in exakt 7 Tagen ginge und daß aufgrund unserer speziellen Buchungsmodalitäten ein Direktflug zum darauffolgenden Ziel unserer Reise mit umfangreichen Zusatzkosten verbunden wäre. Lediglich ein Ausweichangebot könne man uns unterbreiten, falls wir mit einem eintägigen Aufenthalt in einem anderen afrikanischen Land einverstanden wären. Yelena flüsterte mir, um mein Einverständnis für jene doch recht einschneidende Kurskorrektur innerhalb unserer Reiseroute einzuholen, den Namen jenes Staates ins Ohr. Mit breitem Grinsen übers ganze Gesicht nickte ich zufrieden und richtete meinen Blick zum Himmel, dessen freie Ansicht mir hier zugegebenermaßen von der Bahnsteigüberdachung ein wenig verbaut erschien. Andere mochten es ja Zufall nennen, daß uns das Schicksal unter allen möglichen afrikanischen Ländern gerade in jenes verschlagen sollte, wo ein sehr guter Freund von mir vor etwa einem Jahr selbst längere Zeit zugebracht und von dessen Einwohnern er mir so viel berichtet hatte. Ich hingegen sah darin eher eine Art Führung. Gott hatte mit dem Durchkreuzen meiner Pläne mal wieder ganze Arbeit geleistet. Und ich war schonmal gespannt, was uns an unserem neuen Reiseziel an interessanten Erlebnissen und Erkenntnissen erwarten würde. Yelena hatte indes schon die komplette Umbuchung in die Wege geleitet. Neuer Abflugtermin war nunmehr 16 Uhr 30 bei einer Flugdauer von etwa achteinhalb Stunden.

      Bis zum Airport brauchte man mit einem Taxi vom Bahnhof Meidling aus knapp eine halbe Stunde, blieben uns also noch viereinhalb Stunden für eine kleine Stippvisite in Wien. Und so folgten Yelena und ich dem Ruf, welcher uns aus dem Ghettoblaster eines farbigen Jungwieners entgegentönte und dabei den auf CD archivierten Stimmbändern des bei einem Autounfall ums Leben gekommenen österreichischen Sängers Falco enstammte: "Hello, Vienna Calling!". Am Ausgang des Bahnhofsgebäudes empfing uns dabei strahlender Sonnenschein und ließ uns gemeinsam hin und her überlegen, welche Wiener Sehenswürdigkeit wir in den kommenden Stunden ansteuern sollten: den Stephansdom oder den Naschmarkt, den Prater oder gar das Schloß Schönbrunn. All diese Gedanken schoben wir kurzerhand beiseite, als aus dem Autoradio eines parkenden Taxis, dessen asiatisch anmutender Fahrer uns mit einem Coffee2Go aus dem Fastfoodlokal in der Bahnhofsvorhalle in der Hand zuzwinkerte, die ersten Takte von Peter Cornelius' Schlager "Der Kaffee ist fertig" entgegenströmten. Wozu denn in einer beschaulichen Weltstadt wie Wien von einem Bauwerk zum andern hetzen und sich zwischen Menschenmassen hindurchschlängeln, wenn man in aller Ruhe in einem der unzähligen berühmten Cafehäuser bei ein wenig klassischer Salonmusik mit allen Sinnen genießen konnte. Auch meine Yelena war gleich Feuer und Flamme für meine grandiose Eingebung und schickte sich schon an, auf den kaffeeschwenkenden Asiaten zuzulaufen. Ich aber hielt sie kopfschüttelnd am Ärmel zurück und deutete stattdessen auf eine etwa hundert Meter entfernt stehende offene schwarze Pferdekutsche. Ein weiterer Fingerzeig galt dem großen Koffer in meiner Hand, worauf Yelena zunächst schmunzelnd zu nicken begann und dann von meinem Arm untergehakt mit mir noch einmal ins Bahnhofsgebäude und dort in Richtung der öffentlichen Toilette entschwand.

      Fünf Minuten später saßen wir nebeneinander direkt hinter dem Pferdekutscher auf der gepolsterten Sitzbank seines auf Hochglanz polierten Fiakers - Yelena in einem unwerfenden schulterlosen weinroten Satinabendkleid mit halbdurchsichtigem roten Tüllrock und ich im schicken schwarzen Frack mit weißem Seidenoberhemd samt weißer Fliege. Unsere beiden großen, schweren Koffer hatten wir einmal mehr in zwei benachbarten Bahnhofsschließfächern zurückgelassen. Einander die ganze Zeit unablässig verliebt anschauend ließen wir uns nun im Trab der beiden vorm Kutschbock angespannten Rösser ganz entspannt durch die breiten Straßen und die engen Gassen der österreichischen Hauptstadt zu der uns auf Anfrage vom uns Vorsitzenden höchstpersönlich empfohlenen Adresse kutschieren, einem Etablissement in der Wolfgangsstraße mit dem - auf die höchst altmodische Art unserer Fortbewegung dorthin geradewegs zugeschnittenen - Namen "Cafe Rößl".

      EDIT: Die Zeit drängt! ... Nur noch wenige Tage bis zum ersten Advent. Und darum geht es an dieser Stelle nun auch gleich nahtlos weiter mit dem Besuch im Wiener Cafehaus ...

      INSPEKTOR SVENSSON: FLITTERWOCHEN-TAGEBUCH
      Eintrag 11




      26. September 2009 - Wiener Intermezzo - Vers 2

      Im Innern jenes im Stil eines Schachbretts kleinkariert angepinselten Backsteinbaus, welches besagtes Cafe beheimatete, empfing uns neben einem geradezu berauschend intensiven Kaffeeduft eine fesche Dame mittleren Alters, die würdevollen Schrittes auf uns zukam und uns ganz und gar nicht kleinkariert ununwunden per Handschlag begrüßte: "Gestatten, ich heiße zum einen Josepha Amselhuber und zum andern Sie ganz herzlich willkommen im schwarzweißen Rößl in der Wolfgangsstrassn!". Und in die Richtung des neben der ausladend einladenden Kuchentheke angesiedelten Hinterzimmers ergänzte sie forsch: "Kundschaft! Jo, Herrschaftszeiten, wo bleibts denn schon wieder? Leopold, Peter, Alexander!". Alsgleich erschienen drei männliche Anzugträger unterschiedlichen Alters mit einem weißen Geschirrtuch überm vorgehaltenen Unterarm und nahmen der Größe nach wie die Orgelpfeifen nebeneinander vor der Wirtin zu unserer Begrüßung Aufstellung. Den Anfang machte dabei der Herr, der von seiner Größe wie wohl auch vom geschätzten Alter her am ehesten zu seiner Vorsteherin zu passen schien, indem er mit einer tiefen Verbeugung erklärte: "Hawidere, die Herrschaften! I bin der Leo, der Poldi, der Oberkellner hier!". Mit diesen Worten richtete er sich wieder auf und trat ein wenig zur Seite, um so seinem nächstkleineren Kollegen Platz zu machen. Noch bevor der zu seiner Grußformel ansetzen konnte, stürmte der Kleinste mit wehend schwarzer Lockenpracht an ihm vorbei auf uns zu und verkündete, bei seiner kurzen Verbeugung die linke Hand meiner Frau zur ersten allgemeinen Verunsicherung aller Umstehenden ungestüm an sich reißend: "Küß die Hand, schöne Frau! I bin der Peter ...". Ein Seitenhieb vom Ellenbogen des übergangenen Herrn mittleren Alters ließ den voreilig vorgepreschten Jüngling mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht vom offensichtlichen Vorhaben eines Handkußes im besonderen wie auch von meiner Frau und mir im allgemeinen Abstand nehmen. Stattdessen verbeugte sich nach jener kleinen Anzüglichkeit nun der mittelgroße Anzugträger extratief vor uns und erklärte: "Verzeihns bittschön, die Dame! Der schwarze Peter, des is halt unser Picolo. Und wenn er so weitermacht, dann is er des wohl auch die längste Zeit g'wesen und wird von der Frau Wirtin höchstselbst wieder zur Mantelhex degradiert!". Schulterzuckend fügte er an meine Adresse hinzu: "Nix für unguad! I bin übrigens der Alexander, meines Zeichens Kellner im Rößl! Grüß Gott, der Herr!".

      Die Rößlwirtin nutzte die Gunst jenes versöhnlich gestimmten Augenblicks, um Yelena und mich an einen der zahlreichen Tische zu begleiten und uns dort zwei Plätze anzubieten. In ihrem unmittelbaren Gefolgte erschien Ober Leo und schickte sich an, unsere Bestellung aufzunehmen, indem er mit gezücktem Notizblock und gespitztem Bleistift nachfragte: "Womit kann I der Dame und dem Herrn dienen?". Ein wenig vorschnell beantwortete ich diese Frage mit: "Nun, für den Anfang erst einmal vielleicht mit zwei kleinen Käffchen?!". Mitleidig lächelnd erwiderte Oberkellner Leopold: "Aber meine Herrschaften, Sie san hier in Wien! A kleines Käffchen kann man in jedem andern kleinen Käffchen auf der Welt bestellen! Bei uns hingegen ist Kaffee mit ausdrücklicher Betonung auf die zweite Silben net nur a Getränk sondern a ganz eigene Lebensphilosophie. Und die kommt bei uns je nach persönlichem G'schmacken auch völlig verschieden daher. Für alle Weißsager zum Beispiel als kleiner oder großer Brauner, Melange, Franziskaner und Kaffee verkehrt. Und für die ewigen Schwarzseher als kleiner oder großer Mokka, Einspänner, Überstürzter Neumann, Fiaker, Maria Theresia, Franz Landtmann Kaffee, Mozart Kaffee, Kaffee Sobiesky, Türkischer oder Wiener Eiskaffee. Also bittschön, was darfs sein?!". Ein wenig verunsichert überlegte ich kurz und entschied mich dann aus dem Bauch heraus für eine Melange, bei der - wie ich im Nachhinein erfuhr - die Kaffeetasse zuerst zur Hälfte mit Kaffee befüllt wird und hernach mit heißer, geschäumter Milch und dessen krönenden Abschluß ein Häubchen aus Milchschaum bildet. Yelena hingegen bestellte beim Ober Leo schinbar völlig unbeeindruckt von dessen fachmännischem Vortrag über die Wiener Cafehauskultur eine Latte und erntete dafür ein kurzes Grinsen sowie ein kopfschüttelndes: "Oje, I fürcht, mancher lernts halt nimmer! Also dann a Kaffee verkehrt für die holde Weiblichkeit!". Unmittelbar daran anschließend ergänzte er: "Wars des schon, oder könnten sich die Herrschaften vielleicht auch für eine unserer g‘schmackigen leichtgekühlten Mehlspeisen erwärmen?!". Auch wenn der Begriff "Mehlspeise" bei mir den bitteren Nachgeschmack jenes wenig leckeren aber einem dennoch zumindest ein temporäres Sättigungsgefühl verschaffenden Mehlsüppchens hervorrief, das ich aus der Berliner Nachkriegszeit zur Genüge hatte auskosten dürfen, so beschlich mich zugleich doch die leise Ahnung, daß unser Oberkellner bei seiner Frage wohl eher die reichhaltige Kuchenauslage an der Theke im Auge hatte. Und so erwiderte ich, sämtliche der im Augenblick des Daran-Vorbeigehens zuvor in mein beachtliches Kurzzeitgedächtnis übergegangenen Bezeichnungen der hinter Glas dargebotenen Backwarenpalette wieder abrufend: "Also ich hätte gern ein Stück Apfelstrudel mit Vanillesauce und für meine Gattin vielleicht ein Stück Sachertorte mit Schlagobers?!". Diese Bestellung erhielt sowohl die Zustimmung meiner Yelena als auch die unseres einheimischen Oberkellners. Und noch bevor letzterer eilends zur Vorbereitung des Servierens entschwinden konnte, hakte ich nach: "Ach, einen Moment noch, Herr Ober! Sie haben da in ihrer Auslage vorn im Geschäft ein paar sehr appetitliche mit Schlagwurst belegte Schrippen liegen. Wenn Sie uns da noch zwei als Reiseproviant einpacken könnten?". Oberkellner Leopold reagierte wie aus der Pistole geschossen standesgemäß mit einem: "Bitte sehr, bitte gleich!". Und im Davoneilen murmelte er dazu ergänzend leise vor sich hin: "Jawoll! 2 Wurstsemmeln extra zum Mitnehmen für den Herrn Obers Piefke an Tisch 4".

      Die Zeit, bis unsere Bestellung kam, nutze ich, um mich in dem kleinen gemütlichen Lokal einmal ein wenig genauer umzuschauen. Fast schien es so, als sei die Zeit hier irgendwann in den Zwanzigern des vorigen Jahrhunderts stehengeblieben. Die rustikale Einrichtung mit den Stühlen, Tischen und gläsernen Vitrinen ließ jede Art von neumodischem Plastik völlig vermissen. Statt einer popmusikdudelnden Hifianlage beschallte von einem kleinen Podium im hinteren Eck eine dreiköpfige Cafehauskapelle die virtuosen Klänge eines mit künstlerischer Fingerfertigkeit sanft abgetasteten Klaviers, verfeinert und abgerundet vom streichzartem Violinenspiel zweier gestandener Stehgeiger. Die gesamte Atmosphäre erinnerte mich dabei an jenen, mir bis auf den heutigen Tag unvergeßlichen Besuch, den meine Eltern und mein Onkel Fritz mit mir als fünfjährigem Steppke dem Westberliner "Cafe Wernicke" am zweiten Weihnachtstag des Jahres 1949 abgestattet hatten. Wie im Schlaraffenland fühlte ich mich seinerzeit, als ich mit großen staunenden Kinderaugen und weit aufgesperrtem Mund vor all den bunten Torten, Kuchen und Gebäckstücken in der verglasten Auslage stand. Damals wie heute hatte man bei unserem Eintreffen "Ich küsse Ihre Hand Madame" von Ralph Erwin aus dem Jahr 1928 gespielt. Allerdings wechselte hier nun just in dem Moment, da uns von Kellner Alexander unter den wachsamen Augen seines Obers Kaffee und Kuchen aufgetischt wurden, der musikalische Vortrag hin zur "Melodie in F Dur" von Anton Rubinstein aus dem Jahre 1858. Ein bratapfelähnlicher Duft vermengt mit süßer Bourbonvanille stieg mir vom Teller mit dem herrlich dampfend aufgetragenen Apfelstrudel in die Nase, während ich die beiden mir vom Kellner auf einem silbernen Tablett nachgereichten und in Butterbrotpapier eingeschlagenen belegten Brötchen in meinen Frackjackentaschen verstaute. Er vermengte sich dabei mit dem zarten Hauch frisch gebrühten Kaffees, welcher gleichsam meiner Melange entströmte wie auch der österreichischen Variante eines italienischen Caffe Latte in den Händen meiner geliebten Yelena. So lecker wie der Strudel duftete, schien die schlagsahnegekrönte schokoladenummantelte Sachertorte meiner Angetrauten zu schmecken, wie ich dem genüßlichen Verdrehen ihrer Augen und all den dazu ausgestoßenen vollmundigen "Ahhs" und "Ohhs" entnehmen durfte. So ließ nun auch ich mir dann mit halbgeschlossenen Augen mein apfelstück- und rosinenhaltiges Meisterwerk alpenländischer Blätterteigbackkunst munden, wobei ich mir die erlesene Komposition seiner Zutaten bei jedem einzelnen Bissen förmlich auf der Zunge zergehen ließ.

      Als ich nach dem vollständigen Verzehr jener kulinarischen Gaumenfreude an meiner Melange zu nippen begann und dabei die Augen langsam wieder ganz auftat, bemerkte ich, daß an unserem Nebentisch inzwischen ein weiterer Gast platzgenommen hatte. Jener ältere Herr hatte wie ich auch eine hohe Stirn, allerdings setzte die seine noch höher beziehungsweise vielmehr rückwärtig tiefer an als die meinige. Sein längst nicht mehr ganz faltenfreies Gesicht krönte zudem ein silbriger Schnauzer, der sich nach beiden Wangen hin scheinbar dazu anschickte, einen Vollbart darstellen zu wollen, während er das erhabene Kinn des Herren vollständig aussparte. Seinen leuchtenden Augen aber überdachten zwei große buschige Augenbrauen, die angesichts ihrer Farbgebung allerdings eher Augengrauen hätten heißen müssen. Und während das Cafehaustrio zu einer eigenen Variation des auch als Deutsche Nationalhymmne etablierten Deutschlandliedes von Joseph Haydn ansetzte, schaute ich immer wieder zu dem Herrn herüber, dessen Antlitz mir auf eigenartige Weise irgendwie von irgendwo her vertraut vorkam. Irgendwann winkte schließlich den Picolo Peter zu mir heran und flüsterte ihm leise ins Ohr: "Das Gesicht von dem Herrn am Nachbartisch kommt mir irgendwie bekannt vor. Kennen Sie den vielleicht?". Lauthals gab uns Peterle wie aus der Kanone geschossen zur Antwort: "Kloar kenn I den, den kennt a jeder hier! Des is doch der Kaiser". Und dabei zeigte er mit dem nackten Finger sekundenlang auf besagtes Mannsbild. Dem Herren war das damit deutlich bekundete Interesse an seiner Person natürlich keineswegs verborgen geblieben, und so nickte er freundlich mit dem greisen Haupt und erklärte in geradezu feierlichem Tonfall: "Gestatten! Kaiser, Franz-Josef. Der erste ... also der erste Eigentümer und mit meinen nunmehr knapp 96 Lenzen bereits zu Lebzeiten eine feste Institution jenes von mir im Jahre 1936 in guter alter K&K-Kaffeehaustradition errichteten Hauses". Erst jetzt wurde mir bewußt, daß die Herren Musiker ihr zuletzt gespieltes Werk, dessen Melodie eben nicht nur die des Deutschlandlieds sondern bereits zuvor auch die der ehemaligen österreichischen Kaiserhymmne "Gott erhalte unsern Kaiser" war, als kleine Anspielung auf jenen altehrwürdigen Herrn angestimmt hatten, vor dem sie sich nun - nach Beendigung ihrer Darbietung - mit höfischem Knicks verneigten. Franz-Josef Kaiser aber winkte ihnen sichtlich gerührt zu, wobei er zugleich doch etwas reserviert wirkend bemerkte: "Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!". Und den Oberkellner per Handzeichen zu sich beordernd, bestellte er bei dessen Eintreffen am Tisch: "I bin heuer irgendwie in Sektlaune und hätt' daher jetzt gern mal einen ordentlichen Picolo!". Ober Poldi nahm den Wunsch seines Stammgastes umgehend auf dem obersten Blatt seines Notizblocks auf, wobei er kurzen Seitenblick zu seinem nahe der Theke herumlungernden, oftmals vorlauten Gesellen Peter mit dem stets arg verwuschelten Lockenkopf und den nie gänzlich unbefleckten weißen Hemdsärmeln herüberschielte und sich dabei leise seufzend in seinen nicht vorhandenen Bart murmelte: "Ja, so an saubern Picolo, den hätt' I freilich manchmal auch ganz gern!"

      Kaum hatte der Herr Kaiser sein Glas Sekt vom Kellner Alexander serviert bekommen und die kleine Cafehauskapelle zum temporär recht temporeichen "Ungarischen Tanz Nummer 5" aus der Feder von Johannes Brahms angesetzt, da wurde die Cafehaustür von außen weit aufgerissen und ein mir in Größe und Gestalt unheimlich ähnlicher Mann in speckig-verschlissener Soldatenuniform stürmte in das Lokal. Oberkellner Leopold packte daraufhin den ungestümen Eindringling am Kragen und erklärte mit dem erhobenen Zeigefinger eines Oberlehrers: "Hey Sie da, Herr Gefreiter! Des hier is a K&K-Kaffeehaus und ka Sturmlokal! Also beruhigens Ihnen gefälligst oder verschwindens wieder!". Der aufgeregt um sich schauende Festgehaltene entschied sich blitzschnell für die zweite Option, entzog sich dem Zugriff des Oberkellners und flüchtete in Windeseile durch das für den Besucherverkehr eigentlich gesperrte Hinterzimmer und von dort mit einem beherzten Sprung aus dem sperrangelweit offenstehenden Fenster in den Hinterhof. Im selben Moment aber wurde die Vordertür des Cafes erneut aufgestoßen und ein großer Schäferhund kam hechelnd ins Lokal gelaufen, wo er nach kurzer Rundumschau direkt auf unseren Tisch zusteuerte, um im nächsten Augenblick knurrend und zähnefletschend neben dem Tischbein Stellung zu beziehen. Ein älterer Herr in Hemd und Anzug baute sich nur Sekunden später mit entsicherter Pistole im Anschlag vor mir auf. Kaum weniger nach Luft hechelnd als der ihm zu Füßen sitzende Hund selbst nuschelte er schließlich nach einer kurzen Verschnaufpause: "Ja also, I glaub der Rex hat was g'funden! I frag mi nur, wie Du Bürschel so schnell hast Dei Uniform ablegen und in den saubern Frack eineschlupfen könn! Aber des krieg I scho noch raus!". Während er so redete, überschlugen sich die Wörter innerhalb seiner Ausführungen immer wieder fast gegenseitig, wobei deren letzte Buchstaben stets Gefahr liefen, noch vorm Austritt aus dem trockenen Mund völlig auf der Strecke zu bleiben. Und auch das Gestikulieren seiner unermütlich auf und nieder fuchtelnden Hände schien dabei mehr und mehr komplett aus dem Ruder zu laufen. Ich hingegen wartete erst einmal in aller Ruhe ab, bis der aufgeregte Herr mit dem Schießeisen bei seinem hitzigen Ein-Mann-Wortgefecht die nächste Atempause einlegte, dann verschränkte ich seelenruhig die Arme vor meiner Brust und fragte: "Entschuldigen Sie bitte, aber wer sind Sie eigentlich und was wollen Sie von mir?". Zwei große Augen starrten mich einen Moment lang völlig entgeistert an, dann fand das zugehörige Mundwerk die Sprache wieder und erwiderte: "Aber da hört sich ja alles auf! Wer I bin fragt er! Wer I bin?! Auf alle Fäll net Dei Hanswurst! Moser mein Name, Kommissar Ha.. Ha.. Hatschi ... Moser. Und was I will, des is Di eisperrn! Weils meinem Bruder, dem Richie, mit deiner Wummen des Licht ausg'knipst hast, Du Massenmörder und Kriegshetzer, Du!". Ich zog meine Schultern hoch und gab dem Herrn Kommissar, der sich gerade mit einem Stofftaschentuch die hakige Nase putzte, dabei klar und deutlich zu verstehen: "Erstens kenne ich gar keinen Richie, und zweitens sitz ich schon seit einer halben Stunde hier im Cafe. Da können Sie gern auch meine Frau fragen". Ein abgehacktes, künstlich klingendes Lachen enteilte Mosers pausenlos unruhig auf und ab zuckenden Mundwinkeln, woraufhin er nur leise abwinkend meinte: "A guader Witz! Dei Frau, wie?!". Und an Yelena richtete er gezielt die Frage: "Hörens amal Fräulein, bedroht sie dieser ausg'schamte Kerl hier etwa?! Was hat er Ihnen denn scho alles zug'sagt und versprochen, wenn Sie sei Aussag' bestätigen?". Yelena aber beugte sich vorsichtig zu Moser herüber und raunte ihm dann in sein ihr zugeneigtes Ohr: "Er mir versprochen haben Ehe. Und er mir dabei angedroht haben vor Zeugen bei Traualtar, daß er mich lieben und ehren bis an Ende von mein Leben!".

      Nachdenklich kratzte sich der grauhaarige Kriminalist mit seiner Waffe am Kopf: "Jessus na, nu kenn I mi gar net mehr aus! Dann is des also wahr, und diese Mannsperson is mit Ihnen leirt?!". Aus dem Hintergrund vermeldete die harsche Frauenstimme der Rößlwirtin in dieser Sekunde ein wenig ungehalten: "Ganz recht! Und der flüchtige Übeltäter is längst schon auf und davon, hinten heraus durchs Fenster zum Hof, Herr Inspektor". Der Kommissar winkte nur müde ab: "I bin ka Inspektor net, und I war auch nie aner!". An dieser Stelle hielt ich es für durchaus angebracht, mich dem österreichischen Kollegen endlich einmal in aller Form vorzustellen, indem ich anmerkte: "Ich schon! Gestatten: Lukas Svensson, Yardinspektor a.D.". Mosers greises Haupt senkte sich langsam, wozu er feststellte: "Ojemine, was bin I doch für a Rindviech! A Inspektor a.D. ... Da kann I ja selber a scho a mal Ade sagen zu meiner in Kürze bevorstehenden Pension! Wann des im Revier die Rund' macht, dann werd I unehrenhaft auseghaut und kann die letzten paar Monat bis zur Rent noch die Straßn kehrn. I versteh die Welt nimma! Die Nas vom Rex hat doch noch nie versagt! Habens da net doch wenigstens a paar Gramm Ha... Ha ... Hatschi-sch in der Jackentaschen von ihrem Frack oder wenigstens a paar klitzekleine Leichenteil, Herr Kollege?!". Und während der leichtverschnupfte Kommissar erneut sein Stofftuch hervorkramte, um sich mit dessen einer Seite erneut den imposanten Riechkolben abzuwischen und sich anschließend im Handumdrehen mit der anderen Seite die Schweißperlenansammlung von der faltigen Stirn zu putzen, dämmerte es bei mir endlich. Zur deutlichen Verwunderung des mir zur Seite stehenden Beamten verlautbarte ich: "Wenn das gewünschte Leichenteil auch von einem toten Tier stammen darf, also dann schon!". Damit entzog ich kurzerhand meiner rechten Frackjackentasche das ihr zuvor eigenhändig einverleibte belegte Brötchen und präsentierte es erst dem auf der Stelle aufgeregt mit dem Schwanz wedelnden Polizeihund zu meinen Füßen und dann seinem, bei dem Anblick nicht weniger freudig erregt erscheinenden Herrchen. Moser triumphierte förmlich, während er mir das Brötchen entriß, sich niederkniete, es seinem haarigen Partner mit der kalten Schnauze langsam in selbige hineinschob, und ihm anschließend ununterbrochen über das seidige Fell kraulend leise zuraunte: "A Wurstsemmel war der Übeltäter! Die hat den Rex abg'lenkt! Braves Hunderl! Friß Di nur recht schön satt, und dann jagn wir g'meinsam den bösen Stummelbart-G'freiten Adi mit seiner Uniform! Wir zwei kriegn den Lumpen scho zu fassn, net wahr?!". Fast erschien es mir dabei so, als würde der Schäferhund Rex dem Moser beim eiligen Herunterschlingen des letzten Brötchenbissens zunicken, woraufhin die beiden Polizeischnüffler nahezu zeitgleich aufsprangen, losliefen und beim unmittelbar darauffolgenden vereinten Durchsteigen des Cafehinterzimmerfensters die verlorene Fährte des verschollenen Verbrechers erfolgreich wieder aufnahmen.

      Im Cafehaus Rößl aber kehrte mit dem spontanen Abgang von Moser und Rex endlich wieder die von mir so geschätzte himmlische Ruhe ein, die die drei Cafehausmusikusse akustisch noch durch das leise Anstimmen des Petersburger Marsches unter instrumentaler Zuhilfenahme von Piano und Violine zu unterstreichen suchten. Das Erklingen jenes Marschliedes, an dessen eingänglicher Melodie sich auch der Berliner Gassenhauer "Denkste denn, Du Berliner Pflanze" orientierte, löste sowohl bei Yelena als auch mir ein seltsames Kribbeln in Armen und Beinen aus und bewegte mich letztlich sogar zu einer für mich als selbsterklärter Nichttänzer völlig überraschenden Aufforderung an meine holde Braut, welche aus nur drei Worten bestand: "Darf ich bitten?!". Zu meinem weiteren Erstaunen sagte die hierauf keineswegs vorbereitete Yelena nicht einmal Nein, sondern gleich zweimal Ja. Jetzt gab es kein Zurück mehr! Und so geleitete ich meinen Schatz kurzerhand auf die freie Parkettfläche direkt vor dem Orchesterpodium, legte meine rechte Hand in ihre linke und meinen linken Arm um ihre schlanke Taille, um sie dann - wenn auch ungeübt und daher sicher etwas tolpatschig - im Kreis mit mir herumzuwirbeln. In den nächsten zwei Minuten sahen wir uns einfach nur tief in die Augen und vergaßen dabei die verschwimmende Welt rings um uns herum. Einmal in unserem Leben drehte sich einfach alles nur um uns - meine Yeli und ihren Luki. Erst das Ende vom Lied ließ uns abrupt auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Und ein kurzer Blick zur Taschenuhr verdeutlichte mir dabei, daß sich unser kurzes wundervolles Wiener Intermezzo langsam seinem Ende zuneigte. Wieder an unserem Tisch angelangt, erhob ich daher die rechte Hand und rief: "Ober, zahlen!".

      Der gute alte Herr Leopold kam gemächlich auf uns zugeschlendert, zog dann seinen Notizblock hervor und präsentierte uns die Rechnung, die in meinen Augen dank der hier im schwarzweißen Rößl verlebten aufregenden Stunden samt großzügigem Trinkgeld jeden einzelnen Euro wert war. Im Gegenzug strich Oberkellner Poldi die Bemerkung mit dem "Obers Piefke" auf unserer Rechnung aus und ersetzte sie durch ein: "Als kleines Dankeschön des Cafe Rößl eine kostenlose Wurstsemmel extra für den Gentleman und seine charmante 1st Lady an Tisch 4". Dazu schob er mir mit zugekniffenem linken Auge unauffällig ein weiteres extra reich belegtes und liebevoll in Pergamentpapier eingeschlagenes Brötchen in meine rechte Jackentasche und flüsterte ganz leise, so daß nur ich es hören konnte: "Entschuldigens bittschön, I hab Sie wohl völlig falsch eing'schätzt! Denn mit dem unliebsamen Gehabe eines knausrigen, ewig umanand grantelnden Piefke hatte Ihr kleines Gastspiel hier in unserm altehrwürdigen Hause aber auch so gar nix zu tun. Im Gegenteil! I glaub beinah, aus Ihnen könnt unter g'wissen günstigen Umständen mit a bißerl Übung sogar noch a recht passabler Wiener werdn". Ich aber klopfte ihm angesichts jener ausgesprochenen Ehrenbezeugung anerkennend auf die stofflich leicht abgepolsterte Schulter und erwiderte in feinstem Altberliner Hinterhofjargon: "Na, det Jeschäft is richtich, Männeken!". Und während uns die Cafehausmusikanten hintergründig mit dem Evergreen "Sag beim Abschied leise Servus" aus der Feder des Komponisten Peter Kreuder gleichsam ihr kleines musikalisches Lebwohl mit auf den Weg gaben, verabschiedeten sich Yelena und ich beim Ausgang noch ausgiebig von Picolo Peter, Kellner Alexander und der Rößlwirtin. Letztere bedankte sich bis zum Eintreffen der eigens von ihr für uns telefonisch herbeigerufenen Pferdedroschke noch unzählige Male für unseren Besuch in ihrer gastlichen Stätte und bedauerte dabei stets im selben Atemzug zugleich immer wieder aufs Neu die zwischenzeitlichen Unannehmlichkeiten mit der hiesigen Polizei.

      Im liebgewordenen Fiaker ging es dann zuerst zur Abholung unseres dort lagernden Reisegepäcks zum Wiener Bahnhof Meidling zurück und anschließend weiter zum Wiener Flughafen Schwechat, wo wir am Schalter unserer Reisegesellschaft "King Travels" die bereits für uns hinterlegten Flugtickets in Empfang nahmen. Noch ein halbes Stündchen verbrachten wir am Check-In von Gate 24 und starteten dann mit "East African Air" in Richtung unseres nächsten Reiseziels Sangala ...

      [Wird fortgesetzt]

      Mein tiefempfundener Dank dafür, daß dieser Abschnitt in seiner dem Wienerischen durchaus sehr verbundenen Dialektik letztlich auch den kritischen Blicken meiner potientiell vorhandenen österreichischen Leserschaft standzuhalten vermag, gilt an dieser Stelle einmal mehr meinem Forumspartner M.V.V.M., welcher sich mit fach- wie auch weltmännischen Auge jenes ihm zuvor vorgelegten Textes annahm! :thanks:


      UND SO GEHT ES WEITER: An den kommenden vier Adventssontagen erobern die frischvermählten Svenssons Yelena und Lukas damit nun per Flugzeug die Welt. Die vier Stationen ihrer Flitterwochen-Welttournee werden dabei neben dem schon erwähnten fiktiven afrikanischen Staat Sangala noch die durchaus sehr realen Metropolen New York, Peking und Sankt Petersburg inklusive kurzem Abstecher nach Moskau sein. Und was sie dabei erleben, ist keineswegs immer nur der geplante Honeymoon ... ganz und gar nicht!
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      Exklusiver Ort all meiner neuen Autor-(isierten) Hirngespinnste: SchreiberLink24.de

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    • Und gleich nochmal eine ganze Ladung Lesestoff. Viel aber wieder superschön. :thumbs02:

      Das ist ja mal ein Ding. Wegen eines Blitzeinschlags stranden die Beiden dann in Wien. :thumbup: Und vorher nutzten sie die Zeit noch ganz anders bis es endlich nach Wien ging. ;) Oh ja, das Lied von Falco ist gut. Ach schön, mit dem Fiaker fahren sie auch. Das hätte ich damals auch gerne gemacht, war aber leider zu wenig Zeit.
      Der Aufenthalt der Beiden im schwarzweißen Rössel war wirklich klasse. Ich habe mich wieder mal köstlich amüsiert. Man konnte sich das so richtig bildlich vorstellen. Ja das Kopfkino schon wieder. Das war auf jeden Fall echt schön. :thumbs02:
      So und nun bin ich mal auf Sangala gespannt und auf das was die Beiden wohl da alles wieder erwartet. :thumbup:

      Übrigens die beiden Bilder sind wieder super geworden. :clappingsmi3: Das mit Hans Moser als Herrchen vom Rex ist eine super Idee. Na ja sein Filmherrchen hieß ja auch Moser.

      Ich freue mich schon auf den nächsten Teil :freudentanz: und lieben Dank fürs Schreiben. :danke:

      Gruß

      Saxi :)
      "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt ist ein Mensch"