Fanfic: Blindes Vertrauen (Fixing Jack)

    • Fanfic: Blindes Vertrauen (Fixing Jack)

      Wo 'Schmerzlos' so gut angekommen ist, dachte ich, ich übersetze mal eine meiner älteren Geschichten ins Deutsche. Ich habe sie geschrieben, während die 7. Staffel lief und mich auf eine emotionale Achterbahn geschickt hat. Sozusagen in Erinnerung an die 'guten alten Zeiten'. Die englische Originalversion findet Ihr hier

      Titel: Blindes Vertrauen (eigentlich 'Fixing Jack', aber das ist ein englisches Wortspiel, das man nicht wirklich übersetzen kann...)

      Autor: jackpot

      Altersfreigabe: 12

      Spoilerhinweise: bis einschließlich Staffel 3

      vorkommende Charaktere: Jack Bauer und Tony Almeida, weitere frei erfundene Personen

      Kategorie: Drama, hurt/comfort

      Warnhinweise: ohne Gewalt geht es bei '24' kaum, und auch hier nicht

      Zusammenfassung: spielt im Zeitraum zwischen Staffel 2 und 3. Eine Undercover-Mission, auf der sich Jack Bauer und Tony Almeida befinden, läuft nicht so wie geplant.

      Disclaimer: '24' gehört mir nicht, aber ich habe mir Jack und Tony zu Weihnachten gewünscht. Vielleicht klappt's ja diesmal...


      Blindes Vertrauen
      (Fixing Jack)

      Kapitel 1


      Der Schweißbrenner hatte ganze Arbeit geleistet.

      Jack's Augen tränten heftig, und er blinzelte verzweifelt, doch alles, was ersehen konnte, waren gleißende Blitze vor einem pechschwarzen Hintergrund. Eine optische Supernova. Er stöhnte und kämpfte gegen das Klebeband an, das seinen Kopf fixiert hielt. Seine Augenbrauen mussten versengt sein – der Geruch war eindeutig. Die Haut um seine Augen fühlte sich roh und verbrannt an. Seine Augenlider kratzten über die verletzte Hornhaut wie Schmirgelpapier. Blinzeln war pure Qual.

      Blind und gefesselt wie er war, konnte Jack dem Schlag nicht ausweichen, der ihn traf. Eine heftige Ohrfeige hinterließ einen brennenden Fleck auf seiner Wange.

      „Fühlt sich das gut an, Jack?“ Die verächtliche Stimme klang nah. Jack konnte Tyler's Kettenraucheratem riechen. Er musste zu seiner Rechten stehen.

      „Du hättest uns nicht betrügen sollen. Eine ganz schlechte Idee. Keiner verarscht mich. Nicht mal so ein cleveres Kerlchen wie du, Jack. Und wenn du mir nicht sagst, für wen du wirklich arbeitest, wirst du mehr verlieren als nur dein Augenlicht. Und diesmal, das schwöre ich, wird es endgültig sein.“

      Das Zischen des Schweißbrenners hatte aufgehört. Irgendwer – vermutlich Mickey – hatte ihn ausgeschaltet. Gegenstände fielen lautstark zu Boden. Das mussten die Schutzmasken sein, die sie getragen hatten um ihre Augen vor Verletzungen zu schützen – eine Vorsichtsmaßnahme, die man Jack mit Absicht verwehrt hatte. Sehr kreativ.

      „Für wen arbeitest du, Jack? Für wen?!“

      Eine Hand packte Jack am Hals und drückte auf seinen Kehlkopf. Nicht fest genug um ihn zu würgen, aber der Druck rief klaustrophobische Enge hervor. Nicht sehen zu können verstärkte das Gefühl des Gefangenseins nur. Blindheit war eine neue Erfahrung für Jack, und er staunte über seine heftige Reaktion bevor er sich wieder darauf konzentrierte, seine Furcht zu ignorieren.

      Wo zur Hölle war Tony?


      ***


      Er hockte auf dem Dach eines angrenzenden Gebäudes und beobachtete die Szene durch ein riesiges Fernglas. Ein bisschen außer Atmen vom Rennen, versuchte er das Hämmern in seiner Brust zu beruhigen, um seine Hände still halten zu können. Er war gerade rechtzeitig angekommen um das grausame Blendungsritual mitzuerleben, unfähig, eingreifen zu können.

      Jack's furchterfüllte Augen, von brutalen, behandschuhten Händen offen gehalten, gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf, genau wie sein unterdrückter Schrei, als der Schweißbrenner ihn verbrannt hatte. Tony hatte sich vollkommen hilflos gefühlt. Einen kurzen Moment lang hatte er befürchtet, sie hätten Jack's Augen ausgebrannt. Vor Schreck wie gelähmt, hatte Tony warten müssen bis Mickey ein Stück von Jack weg getreten war. Tony's Erleichterung war immens, als er sah, dass Jack's Augen noch da waren, wo sie hingehörten, auch wenn offensichtlich verletzt. Wie schwer, vermochte er nicht zu sagen. DieseSchweine. Tony musste an seine eigene Professionalität appellieren, um seine Aufgabe nicht aus den Augen zu verlieren und sich auf seinen Plan zu konzentrieren.

      Gott sei Dank hatten sie den Peilsender nicht gefunden, bevor er ihre Position berechnet hatte.

      Durch das Fernglas konnte er eine dünne Blutspur entdecken, die Jack's Hals hinablief. Sie stammte von einer Wunde hinter seinem linken Ohr, wo der winzige Sender unter seiner Haut versteckt gewesen war. Zumindest bis Tyler Helms ihn mit einem Messer herausgeschnitten hatte. Das winzige Stückchen High Tech sollte eigentlich unentdeckbar sein. Darüber würde Tony mit Chloe noch ein Wörtchen reden müssen.

      Aber zuerst einmal musste er Jack aus diesem Schlamassel heraus holen, und zwar ganz allein. Selbst für CTU's schnelle Einsatzteams war New Mexiko zu weit entfernt. Außerdem bestand noch immer die Möglichkeit, Jack undercover zu lassen. Wenn Jack es schaffte, noch ein Weilchen durchzuhalten und sich an ihren Notfallplan hielt, würden ihre Chancen, das Kartell zu infiltrieren, sogar noch steigen. Sie hatten zu viel in diese Operation investiert, um jetzt einen Rückzieher zu machen. Tony schaute sich durch das Fernglas Jack's rasch anschwellendes, stoisches Profil an und war sich sicher, dass er zustimmen würde.

      Er fischte sein Handy aus der Hosentasche seiner schwarzen Jeans und drückte die Kurzwahl für 'Helms, Tyler'. Durch das Fernglas konnte er beobachten, wie Tyler Jack verärgert losließ und sein Telefon hervorholte.

      „Ja!“

      „Ich bin's, Tyler. Diaz.“ Tony schlüpfte mühelos in den hartenmexikanischen Akzent seiner falschen Identität.

      „Tonio“, donnerte Helms mit gespielter Freude ins Telefon. „Was gibt’s,mein Freund?“

      „Ich habe ein Problem, bei dem du mir vielleicht helfen kannst. Ich sollte mich vor einer Stunde mit Jack Roche treffen. Er ist nicht aufgetaucht.“

      „Und?“

      Helms hörte sich interessiert an, aber nicht misstrauisch. Das war ein gutes Zeichen.

      „Und was? Er ist meine verdammte Verbindung zu unserem Waffenhändler, Tyler. Du hast mich Jack vorgestellt und mir gesagt, wir könnten ihmvertrauen. Der Deal sollte heute Abend über die Bühne gehen. Und jetzt sieht es so aus, als wollten du und Jack mich verarschen!“

      Während seines perfekt vorgetäuschten Wutausbruchs hielt er ein Auge auf Tyler. Der war einen Schritt von Jack zurück getreten und konzentrierte sich jetzt auf ihr Gespräch. Jack blieb aufrecht, war aber gegen den Holzpfeiler gesackt, an den er gebunden war. Erkeuchte, und nur das Klebeband um seine Stirn und seine Brust hielten ihn davon ab, zu Boden zu rutschen. Noch mehr Klebeband hielt seine Hände um den Pfeiler gefesselt. Seine obere Gesichtshälfte war eine verquollene, wunde Fratze, aber er behielt den grimmigenGesichtsausdruck bei, den Tony an ihm schon so oft gesehen hatte.

      „Halt mal, Tonio. Keiner verarscht dich. Keiner außer Jack.“

      „Was soll das heißen?“

      „Er ist bei mir. Hab' einen Peilsender an ihm gefunden. Unter seiner Haut. Der Hurensohn arbeitet für's FBI oder sowas.“

      „Oh Scheiße!“ Tony unterlegte seinen Ausruf mit der richtige Menge Abscheu. „Bist du sicher?“

      Tyler schnaubte.

      „Klar bin ich das! Warum zur Hölle sollte er sonst einen Sender in seinem verdammten Skalp tragen?“

      „Ja...“

      Tony sah zu, wie sich Jack langsam erholte. Seine Brust pumpte nicht mehr so heftig, und sein Gesicht nahm einen Ausdruck angestrengter Konzentration an. Das Klebeband um seine Stirn hatte sich unter seiner fruchtlosen Gegenwehr gelockert, und er drehte seinen Kopf um zu hören, was vor sich ging. Seine Augen, reduziert zu hell grünen Schlitzen im geschwollenen Fleisch, irrten ziellos umher.

      Scheiße. Er konnte wirklich gar nichts sehen, oder?

      Tony hoffte inständig, dass es nur ein vorübergehendes Problem war. Der Gedanke an einen endgültig erblindeten Jack Bauer war sowohl erschreckend als auch bizarr.

      „Ja“, griff Tony den Faden wieder auf. „Ja, du hast recht. Aber vielleicht arbeitet er auch gar nicht für die Regierung.“

      „Was?“
      Tyler lief nervös auf und ab, seine gelangweilten Bodyguards an seiner Seite. Einer war klein aber bestand nur aus Muskeln. Sein kahl geschorener Kopf unterstrich noch das Verbrecherklischée. Der andere war groß und drahtig. Mickey und Scott, wenn Tony sich recht erinnerte.

      „Für wen sollte er sonst arbeiten, Tonio? Und woher willst du das wissen?“

      „Ich hab' da so eine Ahnung“, antwortete Tony düster.

      „Nun, würdest du deine Ahnung mit mir teilen?“

      Tyler wurde immer ärgerlicher. Tony musste dieses Gespräch beenden.

      „Ich kann nichts mit Sicherheit sagen, bevor ich nicht selbst mit Jack gesprochen habe. Und bevor ich ihn nicht selbst gesehen habe. Sag' mir wo ihr seid, und ich werd's dir zeigen.“

      Helms zögerte. Jetzt war der Moment gekommen, wo sich zeigen musste, ob Tony's harte Undercover-Arbeit als Import/Export Vermittler für Tyler Helms sich ausgezahlt hatte. Vertraute er ihm?

      Das weiße Rauschen der Telefonverbindung war das Einzige, was er für einen langen Augenblick hörte. Dann kehrte Helms' Stimme zurück, aber nicht ohne einen Hauch von Herablassung:

      „Okay. Okay, zeig' es mir. Wir sind im verlassenen Santa Ana Gewerbepark. Gebäude C. Bist du irgendwo in der Nähe?“

      Tony rechnete es kurz im Kopf durch. Seine Geschichte musste plausibel klingen.

      „Ich bin gerade auf dem Rückweg von da, wo ich mich mit Roche treffen sollte. Ich könnte in dreißig Minuten bei Dir sein.“

      „Lass' dir nicht zu viel Zeit. Mickey verliert langsam die Geduld mit Jack.“

      Tony verzog das Gesicht, als er zusah, wie Mickey Jack einen achtlosen Fußtritt in die Seite verpasste. Er traf ihn so heftig, dass es Jack in der Mitte zusammengefaltet hätte, hätten seine Fesseln ihn nicht aufrecht gehalten.

      „Dann halt' deine Orang-Utans unter Kontrolle“, ermahnte Tony ihn. „Wenn ich recht habe, sollten wir Jack besser am Leben halten.“

      Ohne weitere Erklärungen unterbrach Tony die Verbindung. Er stellte den Alarm an seiner Armbanduhr auf dreißig Minuten. Das würde eine sehr lange halbe Stunde für Jack werden. Aber weniger Zeit wäre verdächtig gewesen. Und Jack war hart im Nehmen. Er würde durchhalten.

      Tony nutzte seine Zeit so gut er konnte. Immer ein Auge auf Jack, wählte er die CTU an und informierte Chappelle über ihre Situation. Er ließ die Vorwürfe seines Chefs über sich ergehen und legte ihm dann in groben Zügen seinen neuen Plan dar. Chappelle war einverstanden, betonte aber, dass ihm in diesem Fall einfach keine andere Wahl blieb.

      Schließlich ließ sich Tony mit der medizinischen Abteilung der CTU verbinden.

      Dr. Gillardi seufzte tief, als Tony ihm erklärte, was passiert war, und um welchen Agenten es sich handelte. Jack war nicht unbedingt sein Lieblingspatient.

      „Sind Sie sicher, dass seine Augen nur verblitzt sind?“

      „Nicht wirklich, nein. Aber es sieht so aus.“

      Tony konnte durchs Telefon geradezu hören, wie Dr. Gillardi die Stirn runzelte. „Wenn sie nur verblitzt sind, wird Agent Bauer in ein bis zwei Tagen wieder in Ordnung sein. Aber wenn Sie falsch liegen, könnte er bleibenden Schaden zurückbehalten. Er muss zu einem Arzt!“

      Tony hielt sich nur mühsam im Zaum. Natürlich brauchte Jack einen Arzt.

      Während er mit Chappelle und Gillardi gesprochen hatte, hatten Mickey und Scott angefangen sich zu langweilen und benutzten Jack als Boxsack. Tyler ermahnte sie, aber er versuchte nicht wirklich ernsthaf,t seine Gorillas davon abzuhalten, Jack den ein oder anderen Punch zu verpassen. Die Prügel, die Jack bezog, waren nicht unbedingt schwer, aber die Fäuste seiner Peiniger trafen ihn unvorbereitet. Unfähig, sich gegen die Schläge zu wappnen, stöhnte Jack nur auf, wenn ein weiterer Hieb ihn ohne Vorwarnung erwischte. Frische Blutergüsse und eine aufgeplatzte Lippe gesellten sich zu Jack's anderen Verletzungen hinzu.

      „Dann treiben Sie einen Arzt für mich auf“, bellte Tony Gillardi an. Er starrte auf seine Uhr, als könnte er die Zeiger zwingen, sich schneller zu bewegen. „Es muss hier unten doch jemanden geben, zu dem wir gehen können, ohne unsere Tarnung zu riskieren.“

      „Director Chappelle arbeitet daran.“

      „Sagen Sie ihm, er soll sich beeilen!“

      Tony klappte sein Handy zu. Nach einem letzten Blick auf Jack's verunstaltetes Gesicht und auf seine Uhr verstaute er das Fernglas in seiner schwarzen Segeltuchtasche und verließ seinen Aussichtspunkt. Es waren noch fünf Minuten übrig, aber Mickey war immer noch zugange und fügte Jack zu viel Schaden zu. Jack musste funktionsfähig bleiben, um seine Rolle weiterspielen zu können. So sehr Tony ihm ein paar Tage Erholung in einem privaten Krankenzimmer auch gegönnt hätte – das war leider nicht möglich. Zeit war ein entscheidender Faktor. Und davon einmal abgesehen hatte Jack schon genug Prügel einstecken müssen. Tony hatte es satt zuzuschauen.


      ***

      Die Tür schwang auf, und Tony fühlte, wie ihm jemand den Lauf einer Pistole an die Schläfe drückte.

      „Hör' mit dem Scheiß auf, Mickey“, sagte er tonlos und funkelte Helms auf der anderen Seite des Raums an.

      Mit einem kurzen Kopfnicken pfiff Helms seine Bodyguards zurück und schenkte Tony ein strahlend falsches Grinsen.

      „Tonio! Entschuldige bitte. Ich gehe nur auf Nummer sicher, dass keine ungeladenen Gäste zu unserer kleinen Party erscheinen.“

      „Sehr witzig, Tyler.“

      Er kam näher, und sie tauschten einen festen Handschlag aus.

      Hinter ihm hob Jack den Kopf, als er die vertraute Stimme erkannte. Das Klebeband um seine Stirn war verschwunden und hatte einen skurril aussehenden weißen Streifen auf Jack's ansonsten geröteter Haut hinterlassen. Tony registrierte den kurzen Ausdruck von Erleichterung, der über Jack's Gesicht huschte und hoffte, dass ihn kein anderer bemerkt hatte. Er war froh, als Jack seinen Kopf wieder sinken ließ und dieselbe teilnahmslose Haltung einnahm wie in der letzten halben Stunde.

      „Was zur Hölle habt ihr mit Roche veranstaltet?!“ Tony täuschte Empörung vor. „Ich hab' euch gesagt, ihr sollt warten, bis ich hier bin!“

      Er trat an Helms vorbei und auf Jack zu und betrachtete ihn mit gespielter Überraschung. Helms stand neben ihm, die Arme vor der Brust verschränkt.

      „Was geht dich das verdammt noch mal an? Wir haben ihn am Leben gelassen, und das reicht ja wohl.“

      „Nicht, wenn er nicht reden kann. Nicht wenn er ist, wofür ich ihn halte.“

      „Und wer, bitte, soll das sein, Tonio?“

      Tony hatte Jack erreicht und positionierte sich zwischen seinen Partner und Helms. Er legte seine Hand unter Jack's Kinn und hob dessen Kopf an, um den Schaden näher zu betrachten. Abscheu überlagerte die Furcht auf Tony's Gesicht. Jack sah furchtbar aus. Würde er überhaupt mitspielen können?

      Jack zuckte schwach, als er Tony's Hand spürte. Die Berührung war rau genug um Tony's Tarnung genüge zu tun, aber auch sanft genug, um eine geheime Botschaft zu übermitteln: Ich bin da, und ich werde dich hier rausholen. Jack unternahm einen ernsthaften Versuch, Tony zu sehen. Flirrende Schemen hatten vor ihm getanzt, seit sie ihm den Schweißbrenner vor die Augen gehalten hatten. Er versuchte, sich auf eine davon zu konzentrieren, die entfernt die Form eines Gesichts hatte. Es war zwecklos. Tony's Anwesenheit blieb begrenzt auf die Berührung seiner Hände und den Klang seiner Stimme.

      „Roche? Hörst du mich?“ Jack fühlte, wie sein Kinn noch höher gehoben wurde. Tony's Atem war kühl auf seinem brennenden Gesicht. Dann ließ seine Hand plötzlich los. Jack's Kopf sackte wieder auf seine Brust zurück.

      „Verflucht, Tyler! Er ist total weggetreten!“

      Tony's Stimme entfernte sich etwas, und Jack reagierte absichtlich mit einem leisen Stöhnen. Tony musste wissen, dass er wach war und mitspielen würde, ohne dass Helm mitbekam, dass ihm nicht eine Sekunde entgangen war, seit Mickey und Scott sich über ihn hergemacht hatten. Jack war sich sicher, dass Tony einen Plan hatte. Der Trick war, Tony in seinem Vorhaben zu unterstützen, ohne dabei genau zu wissen, was er eigentlich vorhatte. Für den Augenblick hieß das, dass er sich bedeckt hielt und aufmerksam auf Tony's Hinweise achtete.

      Er stöhnte wieder.

      Eine andere Hand berührte seine Wange. Diesmal ohne jede Vorsicht.

      „Roche! Wach auf, du hast Besuch! Roche, komm' schon!“

      Scott verpasste ihm nervös ein paar Ohrfeigen. Jack entschied, seinen Kopf unten zu behalten. Er stieß eine Reihe undefinierbarer Laute aus um Tony zu signalisieren, dass er zuhörte.

      „Scheiße, Tyler, wie soll ich ihn zur Rede stellen, wenn ihr ihn bewusstlos schlagt!“ Tony schnaubte ärgerlich.

      Helms zuckte mit den Schultern und warf Tony einen warnenden Blick zu.

      „Entspann dich, Tonio. Er kommt schon wieder zu sich. Und falls du nicht mit einer sehr guten Begründung rausrücken kannst, warum wir ihn am Leben lassen sollten, wäre es wirklich eine gute Idee, mir nicht weiter auf die Nerven zu gehen!“

      Okay, dachte Tony. Showtime. Er konnte nur hoffen, dass Jack zuhörte.
      Achtung: Spoiler für Season 8!!!

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von jackpot ()

    • Wieder so ein Meisterwerk, da freut man sich doch immer wieder wenn man nach einem harten Tag aus der Schule kommt und dann eine so spannende FanFic vorgesetzt bekommt. Danke mal wieder für eine so tolle FanFic.

      MfG

      M.V.V.M. :24rocks:
      Ich glaube das menschliche Bewusstsein ist ein tragischer Fehltritt der Evolution. ---- RUST Cohle
    • Danke, M.V.V.M.! :) Aber du warst fast zu schnell - ich war noch gar nicht mit dem Formatieren fertig. Irgendwie macht das Forum immer 'Hackfleisch' aus meinen Absätzen, wenn ich auf 'Absenden' drücke. :angry: Jetzt müsste es besser aussehen.

      Aber danke nochmal für die schnelle Reaktion! Freut mich, dass ich deinen Abend ein bisschen versüßen konnte.
      Achtung: Spoiler für Season 8!!!
    • Formatier die FanFictions mit dem Quellcode (da bin ich auch vor kurzem draufkommen), dann ist nicht immer so ein Chaos wenn du die FanFic hier reinsetzt.


      Quellcode? Du meinst, den Text nicht in den 'Editor' pasten, sondern in das Fenster mit dem'Quellcode' Tab? Oder wie? Und übernimmt das dann meine Word-Formatierungen? :huh2:
      Achtung: Spoiler für Season 8!!!
    • ja, nachschub :thumbs02: und was für welcher :thud:

      jack in einer situation, wie ich sie liebe :verlegen_grins: wow, was muss er da ertragen ... schweißbrenner vs. jack - gar nicht gut :scared: hoffentlich ist der schaden nicht allzu groß :daumendruck:

      und tony *tonio* musste alles live mit ansehen, ohne der fähigkeit ihm helfen zu können, aber er tut was er in der situation tun kann und chapelle, dieser idiot, kann natürlich wieder nur rummeckern :haemmern:

      aber tonio scheint ja nun alles im griff zu haben, dass kann man sich für jack zumindest nur wünschen.

      danke, dass du dir die mühe machst, deine story(s) zu übersetzen und ich freu mich schon jetzt auf die fortsetzung.

      :clappingsmi3: :clappingsmi3: :clappingsmi3:

      l.g.
      skinhunter
      [Blockierte Grafik: http://i228.photobucket.com/albums/ee220/skinhunter2007/11.jpg]
      Mit einem freundlichen Wort und einer Kanone kommt man viel weiter als nur mit einem freundlichen Wort. (Capone)
    • Hi,
      kann mich meiner Vorrednerin nur anschließen..... GEILE STORY!!!!! Danke fürs Übersetzen und sowieso schreiben!!!!! Gehts noch weiter?????

      BitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitteBitte :thumbs02: :thumbs02: :thumbs02: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:

      Grüssle vom Spolierfreak
      :angel:It's not Scotch. It's not Bourbon. It's Jack. :dev:
    • @ skinhunter:

      aber tonio scheint ja nun alles im griff zu haben, dass kann man sich für jack zumindest nur wünschen.


      Mal sehen, skinhunter. "Tonio" wird noch auf einige Schwierigkeiten mit Jack stoßen, bevor das Ganze hier vorbei ist. Ich habe leider Gottes Spaß an der Sache, die zwei immer wieder durch die Hölle zu schleifen :12: - so wie du anscheinend (hast du meinen Kommentar zu deinem Mexiko-Prequel schon gelesen?).

      Danke für deinen Kommentar! :danke: Und ich hätte nicht gedacht, dass mir das hin- und herübersetzen tatsächlich so viel Spaß macht - aber bei so viel Lob geht das fast wie von selbst. :wolke_7:

      @spoilerfreak

      Wie schön, eine neue Leserin! :)

      Gehts noch weiter?????


      Ja, geht es. Die Geschichte hat insgesamt 7 Kapitel. Die muss ich allerdings noch eben schnell übersetzen... :fanfics:

      Auch dir danke für's Lob! :danke:
      Achtung: Spoiler für Season 8!!!
    • Auch ich kann mich meinen Vorrednerinnen nur anschließen, das ist eine wirklich suuuuuuper Story. :thumbs02:

      Ja das war schon ganz schön brutal mit dem Schweißbrenner. Ich bin gespannt ober irgendwann mal wieder sehen kann oder blind bleibt. :eek:
      Und deshalb freue ich mich schon auf die Fortsetzung :freudentanz: und ganz lieben Dank fürs Schreiben und vor allem fürs Übersetzen. :danke:

      Gruß

      Saxi :)
      "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt ist ein Mensch"
    • Quellcode? Du meinst, den Text nicht in den 'Editor' pasten, sondern in das Fenster mit dem'Quellcode' Tab? Oder wie? Und übernimmt das dann meine Word-Formatierungen? :huh2:


      Bei mir hats funktioniert ;)
      Ich glaube das menschliche Bewusstsein ist ein tragischer Fehltritt der Evolution. ---- RUST Cohle
    • Blindes Vertrauen (Fixing Jack) Kapitel 2

      Tut mir leid, dass das so lange gedauert hat. Ich hatte Stress mit meiner eigenen Webseite und einigen anderen Dingen und bin nicht zum Übersetzen gekommen. Hier ist jetzt endlich der zweite Teil.

      Kapitel 2


      Mit angebrachter Hochnäsigkeit begann Tony die kleine Rede, die er im Kopf ein paar Minuten zuvor entworfen hatte.

      “Als du mich Jack vorgestellt hast, hast du behauptet, dass er Waffen für einen osteuropäischen Händler verkauft. Aber du konntest mir keine Namen nennen, richtig?”

      “Natürlich nicht.” Helms schnaufte. “Du weißt verdammt gut, dass die Händler lieber anonym bleiben wollen. So sind nun mal die Spielregeln. Deshalb haben wir Unterhändler wie dich und Jack.”

      “Der Punkt ist”, fuhr Tony ungerührt fort, “dass ich nicht glaube, dass Roche jemals für einen Europäischen Verkäufer gearbeitet hat. Oder wenn das so war, dann zumindest jetzt nicht mehr.”

      Wie auf's Stichwort gab Jack ein leises, sehr überzeugendes Wimmern von sich. Tony warf ihm aus dem Augenwinkel einen Blick zu. Trotz seiner zusammen gesackten Körperhaltung und seines baumelnden Kopfes waren Jack's Hände zu Fäusten geballt und seine Augen halb geöffnet. Blind suchten sie in Richtung von Tony's Stimme. Jack litt und hatte Schmerzen. Aber er war wach und hörte zu.

      “Nun, das wissen wir bereits, nicht wahr?” Helms schüttelte genervt den Kopf. “Denn offensichtlich arbeitet er für irgendeinen beschissenen Geheimdienst. Du erzählst mir hier nichts Neues, Tonio!”

      Tony hob die Hände in einer beschwichtigenden Geste.

      “Ich habe ein bisschen recherchiert”, sagte er. “Meine Quellen angezapft. Es gehen Gerüchte um, dass Roche für ein Drogenkartell arbeitet.”

      “Er hatte einen Peilsender, Tonio”, schnaubte Tyler. “Er arbeitet nicht für irgendein Kartell. Er ist ein verdammter Bulle!”

      “Zeig' mir den Sender.”

      “Was?” Helms war verwirrt. “Warum?”

      “Zeig' ihn mir einfach.”

      Helms runzelte die Stirn, aber schließlich sah er Scott an und sagte: “Los, hol' ihn.”

      Scott murmelte irgendetwas Unverständliches, das sich nicht gerade wie Zustimmung anhörte, aber dann ging er zu einem Müllsack, der in der Ecke lag, und begann darin herum zu wühlen.

      Jack hörte das Rascheln des Plastikmaterials. Bis jetzt hatte er noch keine Idee, worauf Tony hinaus wollte. Sein Gehirn arbeitete nicht mit voller Kapazität. Ein Teil davon war damit beschäftigt, die heftigen Schmerzen zu blockieren, die ihm in Übelkeit erregendem Rhythmus in die Augen stachen. Das Brennen war noch viel schlimmer geworden. Tränen rannen unkontrolliert sein Gesicht herab. Er fühlte sich elend und hilflos, und dazu kamen jetzt noch Wut und Scham.

      Jack's Gehirn, dem die Signale seiner erblindeten Augen fehlten, erfand eigene, unsinnige Bilder um den Verlust zu kompensieren. Die hin- und herkippende Ersatz-Fata Morgana, die er sah, brachte seinen Orientierungssinn durcheinander. Er hatte zunehmende Schwierigkeiten festzustellen, wer wo stand und ob er es war, der angesprochen wurde. Tony würde für sie beide denken müssen.

      Das raschelnde Geräusch hatte aufgehört. Scott's Stimme, aus welcher Ecke des Raumes auch immer, hörte sich leicht angeekelt an.

      „Hier ist dein verdammter Sender.“

      Tony akzeptierte das zusammengeknüllte, blutbefleckte Papiertuch, das ihm gereicht wurde. Mit spitzen Fingern faltete er es auseinander, bis er das kleine, hautfarbene Stück Mikrofaser fand, das er gesucht hatte. Der in das Material eingewebte Chip war kaum erkennbar. Mit einem anerkennenden Pfiff hielt er ihn hoch gegen das Licht.

      „Nett. Ich wusste noch nicht mal, das diese Dinger schon auf dem Markt sind. Ich hatte von einem Labor in Silicon Valley gehört, das an Spielzeug wie dem hier arbeitet, aber ich dachte, sie befänden sich noch in der Experimentierphase. Ich bin überrascht, dass ihr ihn gefunden habt.“

      „Wieso?“

      „Weil sie angeblich nicht entdeckt werden können.“

      „Nun, das stimmt offensichtlich nicht.“ Helms schnaufte verächtlich. „Und würdest du mir jetzt bitte erklären, was so verdammt Besonderes an dem Ding ist?“

      Tony hielt den Sender dicht vor Helm's Gesicht. Tyler zog eine angeekelte Grimasse.

      „Ich weiß nicht, ob du's ohne Vergrößerungsglas erkennen kannst. Diese Stelle hier, die ein bisschen uneben aussieht, fast wie geschmolzen?“

      Helms kniff die Augen zusammen, offenbar nicht sicher, worauf Tony zeigte. Das Ding war ungeheuer winzig.

      „Die Seriennummer ist weg.“ Tony führte seine Erklärungen noch weiter aus und wickelte seine Lüge in selbstsicheres Auftreten. „Wenn das Regierungseigentum wäre, wäre die Nummer noch drauf. Sie lieben es, ihr Zeug zu katalogisieren. Die haben einen Ordnungszwang, und zwar alle. Jedes einzelne Stück muss zurückverfolgbar sein.“

      „Und woher willst du das wissen?“

      „Weil ich mit High End Überwachungstechnik handele. Neben einer Menge anderer Dinge. Das Meiste davon ist von der Regierung patentiert.“ Er schenkte Helms ein vertrauensvolles, wenn auch arrogantes Lächeln. „ Es ist mein Job, auf dem Laufenden zu bleiben. Glaub' mir, dieser Sender ist für den Gebrauch von Regierungseinheiten entwickelt worden, aber er wurde von jemand anderem gestohlen und eingepflanzt. Jemand, der gerne anonym bleiben möchte. Und ich denke, ich weiß, wer das ist.“

      „Wer?!“

      Helms war jetzt mehr als ungeduldig. Er war sauer. Aber er schien auch in Betracht zu ziehen, dass Tony wusste, wovon er sprach.

      „Technologie wie diese kriegt man nicht leicht in die Finger, und sie ist teuer. Außerdem gibt es nur eine Handvoll Organisationen, von denen ich weiß, dass sie ihre...nun... Schäfchen...verfolgen.“

      Tony trat näher an Jack heran, der sich nach wie vor leblos stellte.

      „Habt ihr euch seinen Arm angesehen?“ fragte Tony und deutete auf den Ärmel von Jack's langem T-shirt.

      Helms zog die Stirn in Falten. Man sah ihm seine Verwirrung an. „Wir haben ihn durchsucht, wenn es das ist, was du meinst.“

      Tony seufzte herablassend, griff nach Jack's linkem Arm und schob das graue Baumwollmaterial noch. Ein Verband kam zum Vorschein, der seinen Unterarm bedeckte.

      Jack, der Tony's Hände auf sich spürte, erkannt plötzlich, was er vorhatte. Das war also sein Plan. Es konnte funktionieren. Alles, was er tun musste, war zuzuhören und nicht ohnmächtig zu werden. Was, wie er zugeben musste, auch alles war, zu dem er in der Lage schien. Ihm wurde zunehmend übel und schwindelig. Sein Bauch tat weh. Seine Rippen schmerzten bei jedem Atemzug. Sein Gesicht brannte. Farbenprächtige Dunkelheit drehte sich um ihn. Er klammerte sich an den festen Halt des Balkens in seinem Rücken. Der vertikale Pfeiler war das Einzige, was ihm noch vage Orientierung bot. Scheiße. Tony würde ihn hier raustragen müssen, wenn das so weiterging.

      „Er hat also ein Wehwehchen. Na und?“ Helms winkte verächtlich ab und breitete dann seine Hände in einer fragenden Geste aus. Neben ihm traten Scott und Mickey nervös von einem Fuß auf den anderen.

      Statt einer Antwort löste Tony den Verband von Jack’s gefesseltem Arm. Er tat es so sachte wie möglich und riss erst im letzten Moment demonstrativ das Pflaster herunter. Jack schien schon so genug Schmerzen zu haben. Sein schwaches Zucken kam mit leichter Verzögerung und entlarvte seine Reaktion für Tony als gespielt, überzeugte Helms aber, dass Jack’s desolater Zustand echt war.

      Tony drehte vorsichtig Jack’s Arm und präsentierte Helms seine Entdeckung. Kunstvoll gezeichnet und umgeben von einem Heiligenschein aus Sonnenstrahlen, blickte Tyler sanft das in Tinte verewigte Gesicht einer Madonna an.

      “Du weißt, was das ist?” fragte Tony düster.

      Helms starrte auf die Tätowierung und nickte.

      Scheiße”, sagte er laut. “Die Lady von Guadeloupe. Jack gehört den Salazars.”

      Gehört. Was für eine perfekte Wortwahl, dachte Jack reumütig. Seine Haut prickelte wo das Pflaster geklebt hatte, und die Luft fühlte sich kühl an auf seinem noch wunden neuen Tattoo. Automatisch wanderten seine Gedanken an den friedlichen Gesichtszügen der Madonna entlang. Sie waren ebenso in seine Haut geprägt wie in seine Erinnerung. Dies war mehr als eine Tätowierung. Es war ein unauslöschliches Namensschild und markierte ihn als Eigentum der Salazar-Brüder.

      “Scheiße…”, wiederholte Helms und fuhr sich mit den Händen durchs dünne Haar.

      “Ganz genau”, bestätigte Tony und ließ Jack’s Arm los. „Du hast eins von Ramon und Hector’s Schoßhündchen aufgemischt. Und ich glaube nicht, dass sie das besonders lustig finden werden.“

      “Aber warum zum Teufel haben sie ihm einen Peilsender verpasst?” Tyler marschierte auf und ab und betrachtete den in sich zusammengesackten Jack nervös.

      Tony zuckte die Achseln. „Vielleicht war er noch neu. Vielleicht haben sie ihm noch nicht ganz vertraut. Ramon ist berühmt für seine Paranoia. Und für sein Herrschaftsbedürfnis.“ Er zeigt wieder auf die Tätowierung. „Er mag es, seine Macht zu demonstrieren. Und so tut er das: Er markiert seine Gefolgschaft wie eine Viehherde. Und er lässt sie nicht aus den Augen.“

      Jack war im Stillen beeindruckt, wie dicht Tony an der Wahrheit lag. Tony hatte Ramon nie persönlich getroffen. Auch nicht Hector. Und Jack’s Berichte waren bewusst lückenhaft gewesen, limitiert auf das, was für die CTU von Interesse war. Er hatte Tony nie von Ramon’s kranken kleinen Spielchen erzählt oder von dem Preis, den Jack bezahlt hatte, um Einlass in den inneren Zirkel der Salazars zu erlangen. Und trotzdem kam Tony’s Interpretation von Ramon der Wirklichkeit schmerzhaft nahe.

      Helm’s Ärger war hörbar geschrumpft. Jack konnte ihn auf- und ablaufen hören. Der nackte Zement knirschte unter seinen Schuhsohlen. Scott und Mickey schienen verschwunden zu sein. Kein Laut, keine Bewegung verrieten ihre Gegenwart. Bedrücktes Schweigen füllte den Raum für ein paar Sekunden. In Helms’ Stimme schwang Furcht, als er wieder zu sprechen begann.

      „Scheiße. Was machen wir jetzt?”

      „Wir flicken ihn zusammen, zahlen ihn aus und beten, dass Salazar die Dienste von Roche in allzu naher Zeit nicht benötigt.“

      Tony war der Einzige, der sich relativ entspannt anhörte. Er stand dicht neben Jack, der schwere Duft seines teuren Aftershaves unverkennbar. Tony Diaz war genauso aalglatt wie elegant, und Tony spielte seine Rolle mit Vollendung.

      „Leicht zu sagen für dich, Tonio. Du bist ja auch nicht derjenige, der ihn so zugerichtet hat.“ Das Knirschen seiner Schritte stoppte. Tabakrauch mischte sich in die Aftershavewolke. Tyler war neben Tony und Jack stehengeblieben.

      „Stimmt”, sagte Tony beinahe fröhlich. Es war Zeit den Joker aus dem Ärmel zu ziehen. „Aber ich kenne einen Arzt, der nicht zu viele Fragen stellen wird.“

      „Tatsächlich?” Ein Hoffnungsschimmer kroch in Helms’ nervöse Stimme. Wäre Jack nicht so schmerzgepeinigt gewesen, er hätte Helms’ offensichtliche Panik genossen. Vor allem weil er wusste, dass sie gerechtfertigt war. Helms hatte allen Grund Ramon Salazar’s Zorn zu fürchten. Keiner wusste das besser als Jack.

      “Tatsächlich. Überlass’ Roche mir. Ich werd’ ihn für dich wieder auf die Beine bringen. Natürlich bin ich kein Altruist. Und ich werde einiges an Ausgaben haben…

      Tony ließ den Rest seines saloppen Satzes in der Luft hängen. Helms ergriff sein Angebot wie eine Rettungsleine.

      „Ich werde dich bezahlen“, sagte er hastig. „Wenn du ihn wieder hinkriegst, werd’ ich dich belohnen.“

      Eine weitere schweigsame Minute verstrich, während Tony seine Optionen abzuwägen schien.

      „Na gut”, sagte er schließlich. Sein Tonfall war getränkt mit der richtigen Menge Widerwillen. „Schneidet ihn los und schafft ihn in meinen Wagen. Ich werde diese Schweinerei für euch in Ordnung bringen.“

      Jack hörte eine Klinge aus einem Griff herausschnappen. Jemand zerrte an seinen Fesseln. Ein hässlich reißendes Geräusch, als ein Messer das Klebeband um seine Brust und Handgelenke durchtrennte. Hände fingen ihn unter den Achselhöhlen auf, als seine Knie nachgaben.

      „Roche!“ Das war Tony. Finger krallten sich in Jack’s Haar und zogen seinen Kopf nach oben. „Hey, Roche. Hörst du mich? Ich nehme dich jetzt mit. Ich bringe dich zu einem Arzt.”

      Jack versuchte seine Augen ganz zu öffnen. Anstatt Tony’s Gesicht tanzten grellbunte Neonfraktale vor ihm herum. Er stöhnte.

      “Verdammt.” Tony musste seine Empörung nicht vortäuschen. Unter den geschwollenen Lidern waren Jack’s Augen trübe und blutunterlaufen. Das normalerweise klare Blaugrün der Iris war nebelig und stumpf. Um seine Augen herum war die Haut rot und voller kleiner Blasen. „Was genau habt ihr mit ihm angestellt?“

      Helms deutete zum Schweißbrenner. Tony schüttelte den Kopf und ließ Jack’s Haare los.

      “Du hast sie nicht mehr alle, Tyler, weißt du das?”

      Helms sah Jack schlaff zwischen Scott und Mickey hängen und zuckte entschuldigend mit den Schultern.

      „Flick ihn einfach nur zusammen, Tonio, okay? Sonst hat Ramon Salazar mich am Arsch.“


      ***

      Tony steuerte den angeberischen schwarzen BMW weit genug vom Gewerbegebiet weg um sicherzugehen, dass er nicht verfolgt wurde. Dann fuhr er rechts ran und beugte sich zu der bewegungslosen, zusammengerollten Gestalt auf seinem Rücksitz hinüber.

      “Jack! Bist du noch am Leben, Mann?”

      Jack bewegte sich schwach und stöhnte leise, gab aber keine Antwort. Tony stieg aus dem Wagen, riss die Hintertür auf und beugte sich über ihn.

      “Komm schon, Jack”, beharrte er. „Na los, red’ mit mir!“ Der Tonfall von Tony’s Stimme hatte sich dramatisch verändert. Augenblicklich war der harsche mexikanische Akzent verschwunden und Tony’s ursprünglichem Illinois-Singsang gewichen, in dem jetzt Sorge mitschwang.

      Jack lag auf der Seite, an den Ledersitz gedrückt. Eins seiner jeansbekleideten Beine glitt herab als Tony ihn an den Schultern packte und vorsichtig auf den Rücken drehte.

      “Komm schon, wach auf. Mach die Augen auf!” Tony legte sachte Jack’s Kopf in seinen Schoß, darum bemüht die wunde Haut nicht zu berühren, und versuchte den Schaden einzuschätzen. Er hatte gehofft, Jack hätte seinen katastrophalen Zustand zumindest teilweise nur vorgetäuscht. Aber nun befürchtete er, dass Jack’s Verletzungen tatsächlich genauso schlimm waren, wie sie aussahen.

      Tony’s Stimme drang langsam in Jack’s durchgeschütteltes Gehirn vor. Nachdem Scott und Mickey ihn die Treppe herab geschleppt und in Tony’s Auto gesteckt hatten, hatte sein geschundener Körper eine Pause gebraucht. Das weiche Leder der Sitze kühl an seinem brennenden Gesicht, hatte er sich erlaubt in die wohltuenden Arme der Bewusstlosigkeit zu sinken. In Tony’s Auto, in Sicherheit, spürte er wie der starke Motor des Wagens sie schnell vom Gewerbepark wegbrachte, und er ergab sich dem Sog der Dunkelheit.

      Nicht lange genug, wie es schien.

      „Jack! Jack, verdammt noch mal!“

      Den Fluch begleitete die Berührung kalter Hände an seinen schmerzenden Wangen. Der Übelkeit erregende Duft von zu viel Aftershave driftete in Jack’s Nase. Der Geruch brachte ihn zum husten. Schmerz flammte in seinem Brustkorb auf. Instinktiv hielt er sich die geschundenen Rippen, hob den Kopf und riss die Augen auf. Das war ein Fehler.

      Gleißende Helligkeit stach in seine verletzten Augen. Ein wildes Farbkaleidoskop wirbelte vor ihm herum. Abermals schien sein Augenlicht zu explodieren. Jack keuchte und griff nach seinem Gesicht. Er versuchte instinktiv zurück zu weichen und stieß an einen breiten Oberkörper hinter sich.

      „Jack?!“

      „Tony?”

      “Ja, ich bin’s. Keine Angst. Wir sind in Sicherheit.”

      Jack fühlte Tony’s stützende Hände in seinem Rücken. Er half ihm sich aufzusetzen. Mit einer Hand hielt Jack sich die Augen zu und tastete mit der anderen herum um herauszufinden, wo im Auto er sich befand. Unter seinem linken Oberschenkel fühlte er die Sitzkante, und seine suchenden Finger streiften eine Kopfstütze. Er drückte sich von Tony weg und verlagerte sein Gewicht, um sich an den Rücksitz zu lehnen. Den Rücken ans Leder gedrückt, atmete er ein paar mal tief durch und versuchte einem Schwindelanfall Herr zu werden.

      „Scheiße, Jack, du hast mir ganz schön Angst eingejagt.“

      Tony klopfte seine Schulter. Dann lösten seine Finger behutsam Jack’s Hand von seinem Gesicht.

      „Lass mich mal sehen.“

      Vorsichtig aber unnachgiebig pulte er Jack’s Finger zur Seite. Was er erblickte, sah noch ein wenig schlimmer aus als zuvor: Verbrannte Haut, milchige Augen und versengte Wimpern, verklebt mit irgendeinem Zeug, das Jack’s Tränendrüsen verzweifelt produzierten um den Schaden zu reparieren.

      „Oh Mann, Jack“, stieß Tony hervor. „Kannst du überhaupt was sehen?“

      „Nein.“ Jack zuckte zusammen. “Nur irgendwelche Farben. Aber ich glaub’ nicht, dass die echt sind.” Er kniff die Augen wieder zu. “Scheiße…das Licht tut so weh.” Seine Hände nahmen automatisch wieder die schützende Postion vor seinem Gesicht ein.

      „Okay…“ Tony seufzte. Rasch überprüfte er Jack’s restlichen körperlichem Zustand. Er fand eine aufgeplatzte Lippe, die nicht mehr blutete, einen geschwollenen Kiefer und blaue Flecken an Gesicht und Armen. Jack’s zusammen gekrümmter Haltung nach hatte er auch Schmerzen im Bauch- und Brustbereich. Tony zupfte an Jack’s Shirt um es hochzuziehen und einen Blick auf die Ursache zu werfen.

      „Wa-?“ Jack sprang fast vom Sitz hoch, mehr vor Schreck als vor Schmerz. Diese unerwarteten Berührungen waren etwas, das er jetzt schon hasste.

      „Ich muss mir deine Verletzungen ansehen, Jack“, erklärte Tony ruhig. Er war überrascht von Jack’s heftiger Reaktion. Diesmal wartete er auf sein zustimmendes Nicken, bevor er ihm das Hemd hochzog. Etliche große Blutergüsse verzierten Jack’s Seite, Bauch und Brust. Als Tony eine besonders übel aussehende Stelle abtastete, zuckte Jack zurück und sog hörbar die Luft ein.

      „Jawoll,“ bestätigte Tony trocken. „Sieht aus, als könntest du deiner Liste eine weitere gebrochene Rippe hinzufügen. Muss inzwischen so was wie ein Rekord sein.“

      Jack’s Antwort war stoisches, zähneknirschendes Schweigen.

      Tony tätschelte sein Bein und unterdrückte ein aufmunterndes Lächeln, das Jack sowieso nicht sehen konnte.

      „Na komm. Bringen wir dich zu einem Arzt.“

      Jack fühlte, wie Tony’s Gewicht von der Sitzfläche neben ihm verschwand, hörte die Passagiertür zufallen und die Fahrertür aufgehen. Das Auto schwankte ein bisschen, als Tony seinen ex-Marine-Körper hinter das Steuer senkte und die Tür zuzog. Seine Stimme kam jetzt von vorne und ging fast unter im Aufheulen des starken Motors.

      „Bill hat mir die Adresse einer Praxis gegeben, wo wir hingehen können. Da gibt es einen Augenarzt auf der Verdächtigenliste der DEA. Er wird keine Fragen stellen, wenn wir ihn dafür seinen kleinen Beruhigungsmittel- und Kodeinhandel weitertreiben lassen. Er wird dich zusammenflicken ohne deine Tarnung auffliegen zu lassen. Oder meine.“

      Tony runzelte die Stirn, als auf seine Ankündigung keine Reaktion von Jack folgte. Im Rückspiegel sah er, wie Jack sich den Bauch hielt und zitterte, die Lippen zusammengepresst.

      „Alles okay?“

      „Ja“, schnaufte er. „Ich bin nur ziemlich fertig. Keine Sorge. Es geht schon.”

      Mit einem zweifelnden Kopfschütteln legte Tony den nächsten Gang ein und konzentrierte sich aufs Fahren. Chloe hatte die Koordinaten auf sein Handy hochgeladen. Die Fahrt sollte nicht länger als eine halbe Stunde dauern.

      Hinter ihm bekämpfte Jack den Drang sich zu übergeben. Er redete sich ein, dass die Krämpfe und die Übelkeit eine Folge der Prügel waren, die er bezogen hatte. Aber er wusste es besser. Es war jetzt vier oder fünf Stunden her seit er sich den letzten Schuss gesetzt hatte. Er starrte in die flackernde Dunkelheit, die hinter seinen Augenlidern wütete und wusste, dass er ein Problem hatte.
      Achtung: Spoiler für Season 8!!!
    • jaaa!!! lange darauf gewartet, aber das warten hat sich gelohnt :daumen:

      wow, tonio geht ja voll in seiner rolle als gangster auf (inklusive mit dem viel zu vielen aftershave). die geschichte, die er den typen auftischt ist ja mal ein geniestreich vom feinsten und erklärt auch dem leser eine lückenlose tarnung. und genau den umstand, das die seriennummer fehlt macht er sich zum vorteil, denn an allen sachen, wo die seriennummer fehlt, muss was *faul* sein.

      dann bringst du das tattoo ins spiel, tonio erklärt den typen, was es bedeutet und weiß gar nicht, wie wahr seine worte sind. jack muss über dieses unwissentliche wissen wirklich entsetzt sein. die worte *eigentum* und *schoßhündchen* klingen in diesem zusammenhang wirklich sehr, sehr hart, aber genau sie beschreiben seine situation ohne wenn und aber.

      und schon geht helms der arsch auf grundeis, jetzt, wo er weiß, dass er ramons besitz kaputt gemacht hat :sagrin: und er fleht tonio regelrecht an, die sache wieder in ordnung zu bringen und tonio ist natürlich mehr als bereit dazu.

      das anschließende zusammenspiel zwischen jack und tony zeigt einmal mehr jacks schmerzen und tonys sorge. um jacks augen sieht es ja wirklich nicht sehr gut aus.

      also tonio drück aufs gas und bringe unseren lieblingsagenten schnell zum doc.

      wow, das war echtes kino :daumen: ich liebe deine beschreibungen, weil ich mir alles bildlich vorstellen konnte. was für eine kurzweilige unterhaltung. vielen, vielen dank dafür.

      :clappingsmi3: :clappingsmi3: :clappingsmi3:

      l.g.

      skinhunter
      [Blockierte Grafik: http://i228.photobucket.com/albums/ee220/skinhunter2007/11.jpg]
      Mit einem freundlichen Wort und einer Kanone kommt man viel weiter als nur mit einem freundlichen Wort. (Capone)
    • Wow, weiß garnicht was ich schreiben soll. Mir fehlen gerade noch die Worte. :ohm:
      Ich fand deine erste fanfiction ja schon so gelungen, dass ich dachte dass du unmöglich noch einmal an dieses unglaubliche Niveau anknüpfen kannst. Man was hab ich mich getäuscht! Von dem ersten Satz an spielten sich die Szenen vor meinen Augen (Gott sei dank geht es meinen Augen im Gegensatz zu Jack seinen gut!) ab. Und das so real, als ob ich dabei stehen würde. Ich konnte Tonios Aftershave riechen, das dann von Helms ekligem Raucheratem abgelöst wurde. Ich habe das schwere Leder in Tonys Auto gerochen. Besser gehts doch garnicht. :daumen: Also eine treue Leserin hast du jetzt aufjeden Fall dazu gewonnen. :) Nur das Warten auf den nächsten teil wird mich jetzt quälen! Ich bin ja schon jetzt förmlich auf Entzug. Also schnell, schnell gib mir so bald wie möglich meine neue Dosis :P
      Shane: Vic, I'd never hurt your family

      Vic: Lem WAS FAMILY
    • Also mir haben wie unsconscious auch erst mal die Worte gefehlt. :ohm:

      Und auch ich hatte die ganze Zeit das Rasierwasser in der Nase und die anderen Gerüche. Wirklich als ob man mit dabei gewesen wäre. :daumen: Wahnsinn wie Du das so beschreiben kannst.. :11:
      Das Warten hat sich wirklich gelohnt. :clappingsmi3: :clappingsmi3: :clappingsmi3:

      Ich bin auch schon sooooo gespannt auf den nächsten Teil :freudentanz: und ein ganz dickes Dankeschön fürs Schreiben von dieser supertollen Story. :danke:

      Gruß

      Saxi :)
      "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt ist ein Mensch"
    • Danke für eure enthusiastischen Kommentare, skinhunter, unconscious und saxi! *freu*

      Werde mich bemühen, das nächste Kapitel schneller zu übersetzen, damit die Pause nicht zu lang wird.

      Es freut mich, dass ihr die Geschichte riechen, hören und fühlen konntet - Jack's eigene 'Sicht' zu zeigen, wenn er nichts sehen kann, und dafür Geruch, Tastsinn, Gehör etc. zu nutzen war die große Herausforderung dieser Geschichte. Eine Freundin von mir hatte kurz zuvor eine fanfic gepostet, in der Jack vorübergehend ertaubt. Die Idee, dass er auf einen seiner Sinne verzichten muss, und darüber zu schreiben, hat mich fasziniert. So ist das hier dann entstanden.

      Und natürlich konnte ich meinem Faible für Tony und die inzwischen legendäre 'Bromance' zwischen Jack und Tony in dieser Story freien Lauf lassen... :love_sigh:

      Vielen Dank für's Lesen und für euer feedback! :dance2:
      Achtung: Spoiler für Season 8!!!
    • JAWOHL! Das warten hat sich definitiv gelohnt! Danke jackpot. Ich bin noch ganz mitgenommen - und total gespannt auf die Fortsetzung! :sabber:

      Gruß, claudia
      Weihnachten: "Euch ist heute der Retter geboren, Christus der Herr." die Bibel in Lukas 2,11
    • Tolle Fortsetzung leider bin ich in dem ganzen Weihnachtsstorystress gar nicht hinterher kommen mit dem Lesen. Ich finde auch das war wieder ein super Kapitel und ich bin schon gespannt wie sich das so weiter entwickelt.
      Ich glaube das menschliche Bewusstsein ist ein tragischer Fehltritt der Evolution. ---- RUST Cohle
    • Ich muss ja gestehen, ich habe sie schon auf der Website gelesen, aber deswegen muss ich Dich trotzdem mal loben!!!! :klatsch_freu: :yahoo: :klatsch_freu: :yahoo: Deine Geschichte ist ECHT DER :haemmern: !!!!!
      Weiterschreiben!!!!! :flirt: Das ist ein Befehl!!!! :cheesy_grin: :cheesy_grin: :cheesy_grin:

      Grüssle vom Spoilerfreak
      :angel:It's not Scotch. It's not Bourbon. It's Jack. :dev:
    • Vielen dank, claudia312, M.V.V.M. und spoilerfreak! :) Und Entschuldigung, dass es mit dem nächsten Kapitel so lange gedauert hat. Leider besteht das Leben nicht nur aus leckerer Jack/Tony fan fiction. Oder sollte ich sagen: zum Glück?

      Wie auch immer, ich habe mich jetzt endlich mal auf den Hosenboden gesetzt und das nächste Kapitel übersetzt.


      Kapitel 3

      Eine gute Stunde später saß Jack abermals zusammen gesunken in Tony's BMW, diesmal auf dem Beifahrersitz. Mit einer Hand krallte er sich am Türgriff fest, die andere hatte er schützend um seine gebrochene Rippe gelegt. Ein leichtes Zittern lief durch Jack's Arme und Beine, und ab und an zuckte er kurz zusammen. Tony schob das auf seine Schmerzen. Jack's Augen waren unter einem dicken weißen Mullverband verschwunden, zusammen mit den Verbrennungen in seinem Gesicht und dem genähten Schnitt hinter seinem Ohr. Der Geruch von Desinfektionsmittel füllte das Wageninnere und mischte sich mit dem Duft von teurem Leder und Tony's Aftershave-Wolke. Der resultierende Mix war Übelkeit erregend.

      „Könntest du bitte mein Fenster runter machen?“ fragte Jack und fummelte erfolglos nach dem Schalter.

      „Klar.“ Nach einem raschen Blick auf Jack's teigiges Gesicht beeilte sich Tony, der Bitte nachzukommen. Das Fenster öffnete sich mit einem leisen Surren. Warme Stadtluft strich durch Jack's Haar. „Ist dir schlecht?“

      „Ein bisschen. Es ist dieser Geruch.“ Er rümpfte die Nase und wies auf seinen Verband, insgeheim froh, dass er eine Ausrede hatte, wo die Wahrheit doch so viel komplizierter war.

      „Ich weiß, was du meinst.“ Tony schnüffelte und zog eine Grimasse. „Er hat dich echt in dem Zeug getränkt.“

      Mit „er“ bezog sich Tony auf Dr. Angelo Cruz. Nach einem einschüchternden Anruf von Ryan Chappelle von der CTU Los Angeles hatte Cruz sich eifrig um Jack gekümmert. Er wollte seine medizinische Zulassung nicht verlieren. Noch wichtiger, er wollte nicht ins Gefängnis. Nervös hatte er Jack in ein privates Behandlungszimmer geschoben und der Schwester gesagt, sie solle Mittagspause machen.

      Die Untersuchung hatte Tony's Vermutungen bestätigt: Jack hatte sich ernsthaft die Augen verblitzt, dazu kamen eine Gehirnerschütterung und eine Rippenfraktur. Dr. Cruz hatte Jack's Augen gereinigt, mit Tropfen und Salbe behandelt, und sich um seine Verbrennungen gekümmert. Er hatte den Schnitt hinter Jack's Ohr mit einem halben Dutzend Stichen genäht. Mehr als einmal hatte Cruz sich dabei entschuldigt, dass er Jack kein Morphium geben konnte. Tony wusste von Chappelle, dass Cruz seine DEA Lizenz schon vor einer Weile verloren hatten. Er hatte Jack eine starke Dosis Ibuprofen gegeben, um einer Entzündung vorzubeugen, aber das schien gegen die Schmerzen nicht zu helfen.

      Am Ende der Behandlung war Jack völlig fertig, und Tony hatte ihn mit Mühe zum Auto geschleppt. Aber immerhin war Dr. Cruz' Prognose positiv ausgefallen: Falls es keine Komplikationen gab, sollte Jack's Sehkraft innerhalb der nächsten 48 Stunden wiederkehren. Sorgfältige Pflege schien entscheidend zu sein, um bleibenden Schaden abzuwehren. Dr. Cruz hatte betont, dass Jack ins Krankenhaus gehörte. Jack hatte natürlich abgelehnt. Resigniert hatte Cruz Tony daraufhin eine lange Liste mit Anweisungen gegeben, sowie eine Tüte voller Medikamente und Verbandsmaterial.

      Tony seufzte laut. Irgendwie war er von einem mexikanischen Schwerverbrecher zu Jack Bauer's Krankenschwester degradiert worden.

      „Besser?“ Tony warf Jack einen skeptischen Blick zu. Was er von seinem Gesicht unter dem Verband sehen konnte, sah alarmierend blass aus. Jack's Kiefer war eine angespannte Linie. Schweiß glänzte auf seiner Oberlippe.

      „Ja, danke“, log Jack. Er drehte seinen Kopf zum offenen Fenster, sowohl um tief die frische Luft einzuatmen als auch um Tony's prüfendem Blick zu entgehen.

      „Sag' mir einfach, wenn ich rechts ranfahren soll, okay?“ sagte Tony und versuchte locker zu klingen. „Chappelle reißt mir den Kopf ab, wenn ich ihm das Auto wiederbringe, und es riecht nach Kotze.“

      Jack verzog das Gesicht.

      „Keine Sorge. Ich werde die verdammten Ledersitze schon nicht ruinieren.“

      In Wahrheit fühlte Jack sich wie Scheiße. Er hätte jetzt alles für einen Schuss gegeben. Heimlich hatte er auf eine Morphiumspritze gehofft. Die hätte ihn erstmal über die Runden gebracht. Aber Cruz hatte diese Hoffnung zerschmettert. Der Arsch.

      Das Ibuprofen hatte nichts gegen die Schmerzen ausgerichtet. Stattdessen rebellierte sein Magen jetzt gegen die Tabletten. Die Wirkung der betäubenden Augentropfen, die er für die Untersuchung bekommen hatte, ließ auch nach. Und was immer Cruz auf seine verbrannte Haut geschmiert hatte fühlte sich nicht mehr kühl und beruhigend an, sondern klebrig, und es juckte unter dem Verband. Das Zittern in Jack's Händen und Beinen hatte sich zu einem regelrechten Schlottern ausgewachsen, und der Schmerz seiner gebrochenen Rippe verschwamm mit seinen Magenkrämpfen. Jack's Temperaturempfinden war ebenfalls vor die Hunde gegangen – er schwitze und fror gleichzeitig.

      Es gab nichts daran zu rütteln: Er war ein gottverdammter Junkie auf Entzug. Und wenn er sich nicht bald einen Schuss setzte, würde er Tony nicht mehr lange etwas vormachen können.

      „Es wäre einfacher gewesen, dich zu mir zu bringen“, unterbrach Tony Jack's Gedanken. „Mein Hotel ist in der Nähe. Und weitaus komfortabler als das Rattennest, in dem du untergekommen bist. Da du's mir nicht zeigen kannst, wirst du mir sagen müssen, wo jede verdammt Kleinigkeit ist. Ich weiß wirklich nicht, warum es dir so wichtig ist, dass wir wir da hin gehen.“

      Weil ich dort eine Ampulle Heroin unter dem Waschbecken versteckt habe, zusammen mit einem Spritzbesteck.

      „Weil Ramon vielleicht dort anrufen wird. Ich muss da sein, oder er wird Verdacht schöpfen.“

      „Du hast dein Handy.“

      „Nein, habe ich nicht. Helms hat's kaputt gemacht.“

      „Oh.“ Tony schwieg einen Moment bevor er weiter sprach. „Aber was, wenn Ramon dich beschatten lässt? Was, wenn er jemanden schickt, um dich zu kontrollieren?“

      Jack runzelte die Stirn. Der Gedanke war ihm auch schon gekommen. Obwohl er alles getan hatte, um Ramon und Hector's Vertrauen zu gewinnen, wusste er von Ramon's Paranoia. Bis jetzt war ihm kein Verfolger aufgefallen, aber es war dennoch möglich, dass er beobachtet wurde. Besonders, wenn der Waffendeal mit Helms und „Tonio“ nicht stattfinden würde wie geplant.

      „Ramon weiß nicht, wann genau der Deal über die Bühne gehen sollte. Und wenn er mich anruft, werde ich sagen, dass Helms etwas mehr Zeit braucht, um das Geld aufzutreiben.“

      Den letzten Teil des Satzes quetschte er durch zusammen gebissene Zähne. Jack fühlte, wie ihm der Schweiß den Nacken herab ran, und er fragte sich, ob Tony ihn beobachtete.

      „Ja, aber was, wenn Ramon rausfindet, was Helms mit dir angestellt hat?“ Tony hörte sich immer noch besorgt an.

      „Dann wird Ramon ihn umlegen.“

      Manche Fragen hatten so simple Antworten. Dies war eine davon, und Jack musste fast lachen. Ramon hatte viele Facetten, und einige davon hatte Jack noch nicht ergründet. Aber auf eins konnte er sich verlassen – Ramon erlaubte niemandem, sein Eigentum ohne Erlaubnis anzufassen. Wer diese Regel brach, starb. Und das galt auch für Helms.

      Tony seufzte, eindeutig frustriert. „Ja, das weiß ich. Aber dann haben wir alle Beweise gegen Helms umsonst gesammelt. Wir sollten besser vorsichtig sein.“

      Während Jack um Vertrauen der Salazars gekämpft hatte, waren sie über Tyler Helms und seine dubiosen Kontakte zu mehreren Technologie- und Waffenhändlern in Südafrika und Osteuropa gestolpert. Chappelle hatte entschieden, Tony in Helm's Umfeld einzuschleusen. Wenn sie Ramon und Hector erst verhaftet hatten, würden sie sich Tyler vornehmen – eine nette kleine Zugabe zur erfolgreichen CTU Mission. Jetzt war Tony nicht gerade begeistert, dass all seine harte Arbeit den Bach runter zu gehen schien. Dazu kam noch, dass er seine Hochzeitsreise für diesen Auftrag abgebrochen hatte. So verständnisvoll Michelle normalerweise auch war, wenn es um ihre Arbeit ging: Sie würde mit Recht stocksauer sein, wenn er mit leeren Händen zurück kehrte.

      „Helms ist mir egal“, knurrte Jack. „Die Salazars haben Priorität. So lange unsere Deckung intakt bleibt, kann Ramon mit Tyler machen, was immer er will.“

      Zum Beispiel ihm die Eier abreißen und ihn am Spieß rösten
      , fügte Jack still hinzu und fingerte an seinem Verband herum. Es juckte wie die Hölle.

      „Lass das, ja? Nicht dran rumfummeln.“ Er fühlte, wie Tony's Hand nach seiner griff und sie von seinem Gesicht wegzog. Leichte Verärgerung begleitete die fürsorgliche Geste. „Wir sind da. Vielleicht fühlst du dich besser, wenn du etwas geschlafen hast.“

      Jack schwankte in seinem Sitz, als Tony plötzlich scharf abbog und den Wagen anhielt. Das sonore Brummen des Motors erstarb, und Jack hörte die Schlüssel leise gegeneinander klimpern, als Tony sie aus der Zündung zog. Ein Stoß warmer Luft traf Jack, als sich die Fahrertür öffnete und wieder schloss nachdem Tony ausgestiegen war. Bevor Jack den Türgriff überhaupt finden konnte, wurde seine Tür von außen geöffnet, und Hände griffen fest seinen Arm, um ihm aus dem Wagen zu helfen.

      „Pass auf deinen Kopf auf.“

      Jack konnte nicht sehen, wie Tony schützend seine Hand zwischen das Wagendach und Jack's Kopf hielt. Er konnte auch nicht sehen, wie Tony die Stirn runzelte, als Jack um sein Gleichgewicht kämpfte. Der Boden schien unter seinen Füßen zu kippen. Ganz gleich, ob das am Verlust seiner Sehkraft lag, an der Gehirnerschütterung, oder am Entzug – Jack war völlig desorientiert.

      „Glaubst du, du kannst gehen?“

      Es war Tony also aufgefallen. Scheiße. Jack verbarg seine Scham so gut es ging.

      „Natürlich. Sag' mir einfach, wo's langgeht, und bitte lass' mich nicht in irgendwas reinlaufen, okay?“

      „Okay. Wir müssen nach links, über den Parkplatz – das sind in etwa zwanzig Meter – und dann sind wir an der Treppe. Die liegt dann rechts.“

      Langsam schafften sie es bis zu Jack's Zimmer im zweiten Stock. Jack fühlte sich wie ein Idiot, wie er da mit ausgestreckten Armen herumstolperte, um Hindernisse zu umgehen, die wahrscheinlich gar nicht da waren. Tony seinerseits musste dagegen ankämpfen, Jack nicht zur Eile zu treiben. Während Jack sich am Treppengeländer hoch hangelte, schwer auf Tony gestützt, behielt dieser aufmerksam die Umgebung im Auge.

      Der Parkplatz war halb leer. Nur eine Handvoll Autos brüteten in der drückenden Mittagshitze. Ihre Besitzer hatten sich in klimatisierte Räume verzogen. Nur ein älteres Paar schlurfte an ihnen vorbei und verschwand in einem Zimmer im ersten Stock. Neugierig starrten sie Jack an. Unterhalb der Treppe schob ein Zimmermädchen lustlos einen Wäschewagen über den Asphalt. Sie ignorierte sie und achtete nur auf den gefährlich hohen Stapel Handtücher, der oben auf dem Wagen schaukelte.

      Als sie Zimmer 224 erreichten, war Jack dem Zusammenbruch nahe. Mit zitternden Händen fischte er den Schlüssel aus seiner Tasche. Zum Glück hatte Helms ihm den nicht auch abgenommen. Jack überließ es Tony's ruhigeren Händen, den Schlüssel ins Loch zu fummeln, währen er sich schwer an den Türrahmen lehnte. Eine Hand keuchend an die Stirn gedrückt, gab er jede Schauspielerei auf. Sollte Tony ruhig sehen, dass es ihm beschissen ging. Verflucht, er war schließlich schwer genug verletzt, um seine Entzugserscheinungen damit zu überspielen. Tony hatte keinen Grund Verdacht zu schöpfen. Er brauchte eine Dusche, ein Bett und eine Ladung Heroin. Korrektur – das Heroin stand ganz oben auf der Liste.

      „Na also. Komm' her.“

      Wieder war Tony's Hand da, stütze ihn und steuerte ihn ins Zimmer.

      „Das Bett ist direkt vor dir. Du solltest dich hinlegen.“

      Jack's rechtes Schienbein stieß gegen etwas Hartes, als er einen weiteren Schritt tun wollte. Das Bett. Er wäre vornüber auf die Matratze gekippt, hätte Tony ihn nicht immer noch festgehalten. Mit seinem freien Arm in der Luft rudernd, fand Jack sein Gleichgewicht wieder und kratzte alle Würde zusammen, die ihm noch geblieben war.

      „Ich muss erst noch ins Bad.“

      „Na klar.“ Tony beeilte sich, ihn in die richtige Richtung zu manövrieren. „Links von dir. Auf geht’s.“

      Das Bad war überraschend groß, aber weniger überraschend alt und angeschmuddelt. Jack lebte seit über einer Woche in diesem Hotel, aber nur wenige persönliche Gegenstände belegten das. Ein Rasierer und Schaum standen ordentlich arrangiert über dem Waschbecken, daneben eine Zahnbürste und -pasta. Ein sorgsam gefaltetes T-Shirt und eine Jeans lagen auf einem Stuhl. Das war alles.

      „In Ordnung.“

      Tony fühlte sich reichlich unwohl, wie er da in der Mitte des Badezimmers stand, während ein blinder, zittriger Jack gegen ihn sackte. Er musste ihm nicht auch noch die Hose runterziehen, oder? Hastig hob Tony den Klodeckel und ließ das Plastik laut gegen den Spülkasten knallen.

      „Die Toilette ist direkt neben dir“, verkündete er. „Kommst du klar...?“

      Jack wurde stocksteif. Er streifte Tony's Hand von seinem Arm.

      „Natürlich komm' ich klar“, knurrte er. „Raus hier.“

      Tony gehorchte ihm dankbar.

      „Ruf' einfach, wenn du was brauchst“, fügte er über sein Schulter hinzu, trat an Jack vorbei und verließ den Raum. „Ich bin gleich hier draußen.“

      „Ich werd' ein paar Minuten brauchen.“

      „Soviel wie du willst.“

      Sobald Tony gegangen war, ließ sich Jack gegen die Wand sinken. Die Kacheln waren kalt an seinem durchweichten Hemd. Er hielt sich den Bauch und wartete angespannt, bis er durch die geschlossene Tür die erregte Stimme eines Sportkommentatoren hören konnte. Tony hatte den Fernseher eingeschaltet und schnell ein Baseballspiel gefunden. Er würde für eine Weile abgelenkt sein.

      Jack musste sich durch den geistigen Nebel in seinem Kopf kämpfen, um sich an den Grundriss des Badezimmers zu erinnern. Er bewegte sich nach rechts, bis seine Wade den Toilettensitz streifte. Das Waschbecken musste auf der gegenüberliegenden Seite sein. Drei unsichere Schritte, und Jack's Hände berührten kühle Keramik. Er ließ sich auf alle Viere fallen und tastete mit den Händen an der Unterseite des Beckens entlang, bis seine Finger gegen den rechteckigen kleinen Kasten stießen, der an die Kacheln geklebt war. Er hielt sich nicht damit auf, das Klebeband abzulösen.

      Er riss das Päckchen einfach ab und manövrierte sich in eine halbwegs sitzende Position, den Metallkasten an die Brust gedrückt. Ein erbärmliches Bild seiner selbst schoss ihm in den Kopf, als er sich gegen die Wand lehnte und mit zitternden Fingern das restliche Klebeband abriss um das Besteck zu öffnen. Aber was immer er auch flüchtig an Scham empfand ertrank im verheißungsvollen Sog der Droge.

      Die Ampulle lag kühl und tröstend in seiner Hand. Mit einem vertrauten „plop“ löste er die Kappe von der Spritze. Unbeirrt führten seine Finger die Nadel durch den Gummistopfen der Ampulle, und als er den Kolben zurückzog, fühlte er kein Zögern und keine Angst vor einer Überdosis. Dieses Ritual war gut geübt, und Jack brauchte seine Augen nicht, um die richtige Menge Heroin in die Spritze zu ziehen. Er hatte schon in seinem dunklen Büro gefixt; in seinem Wagen, hinter das Armaturenbrett gekauert; er hatte sich sogar schon in Kate's Schlafzimmer einen Schuss gesetzt, während sie neben ihm im Bett schlief. Er war sich sicher, dass er das auch blind konnte.

      Jack band sich den Gummischlauch um den Oberarm und zog ihn fest. Sein Magen schlug vor Vorfreude Purzelbäume, als er die Vene in seiner Ellenbeuge anschwellen fühlte. Es gab einen kurzen Augenblick des Zweifels, bevor er sich die Nadel in den Arm trieb. Was, wenn die Dosis doch falsch war? Was, wenn er gerade dabei war, sich umzubringen? Es schien keine Bedeutung zu haben. Nichts hatte eine Bedeutung außer dieser Leere, die schreiend nach ihm griff und gefüllt werden wollte. Er drückte den Kolben herab und wartete auf den Rausch.

      Nichts geschah.

      Stattdessen begann es in seinem Arm zu stechen. Ein Brennen breitete sich von der Einstichstelle aus, bis hoch in seine Schulter und hinab in seine Fingerspitzen. Scheiße. Er hatte die Vene verfehlt. Heroin im Wert von vierzig Dollar versickerte nutzlos in seinem Fleisch. Ein Fluch rutschte ihm durch die zusammengebissenen Zähne. Sein Arm brannte wie Feuer. Jack schnappte nach Luft. Er presste seinen Rücken gegen die Wand, und die Bewegung fachte den Schmerz in seinen Rippen wieder an. Sein Magen drehte sich um. Er würgte. Ein unfreiwilliges Schluchzen kam ihm über die Lippen. Als er instinktiv die Knie an die Brust zog, klapperte der Metallkasten laut auf den Boden.

      Scheiße.

      „Jack? Alles in Ordnung mit dir da drinnen?“

      Tony's Stimme brachte ihn wieder zur Besinnung. Den schmerzenden Arm an sich gedrückt, suchte Jack nach dem Inhalt des Spritzbestecks, das jetzt um ihn herum verstreut lag. Er fand den Kasten und die Ampulle und steckte sie hinter seinen Rücken. Seine Hände tasteten verzweifelt den Boden ab. Wo war die Spritze?

      „Jack? Brauchst du Hilfe?“

      Tony's Schritte kamen näher und hielten vor der Tür an.

      „Nein“, krächzte Jack. „Nein, mir geht’s gut.“

      Am Boden kniend, fand er die Plastikkappe der Spritze und stopfte sie in seine Hosentasche. Wo war die verdammte Spritze?! Jack's Hände waren glitschig vor Schweiß. Sein brennender Arm war nutzlos. Die Dunkelheit vor seinen bandagierten Augen schien ihn zu verhöhnen. Er drehte sich, um in einer anderen Richtung zu suchen. Mit einem lauten Rumms stieß sein Kopf gegen das Waschbecken. Er unterdrückte ein Stöhnen, aber das Krachen seines Schädels gegen das Keramikbecken war alarmierend genug gewesen. Auf allen Vieren irgendwo vor dem Waschtisch gestrandet, den Plastikschlauch immer noch um den Arm, erstarrte er zu Stein, als die Tür aufging.

      Zu spät.

      Tony's besorgte Stimme füllte den Raum.

      „Alles okay? Ich habe was hinfallen hören. Ich wollte nur-...“

      Ein Augenblick unendlicher Stille. Ein paar zögerliche Schritte. Die Luft schien sich zu verschieben, als Tony schwer neben Jack in die Knie ging. Die Dunkelheit hielt den Atem an.

      „Oh mein Gott, Jack...“ Der Schock verwandelte Tony's Stimme in ein heiseres Flüstern. „Oh Gott, was haben sie dir angetan...“
      Achtung: Spoiler für Season 8!!!

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von jackpot ()

    • Aber das macht doch nichts, wenn es etwas länger dauert dafür bleibt mir dann nur noch zu sagen: Wow was für ein Part.
      Na Jack hats ja ordentlich erwischt.
      Jetzt bin ich gespannt was Sie ihm noch alles angetan haben.
      Wieder ein toller Part. Sehr gut beschrieben und sehr gut rübergebracht.

      Freue mich schon auf den nächsten Part.

      MfG

      M.V.V.M. :24rocks:
      Ich glaube das menschliche Bewusstsein ist ein tragischer Fehltritt der Evolution. ---- RUST Cohle