Original von Kramurx2000
Wie oft haben wir Ryan verflucht? Haben wir ihn nicht alle gehasst, ihm den Tod herbeigewünscht? Und was haben wir für ein Mitleid mit ihm gehabt, als er wie ein armes Hündchen vor Jack niederkniet und gestehen muss, dass er nicht mal einen Freund hat, den er anrufen kann. Nur die Leute bei der Arbeit - und selbst da kann ihn niemand leiden. Die ganze Story um Ryan wurde perfekt in Szene gesetzt. Seine Hoffnung während der Jagd auf Saunders war genauso zu erkennen wie seine unfassbare Enttäuschung - das Splitscreenverfahren hat sich mal wieder total bewährt. Und dann, als die Uhr auf 7:00 Uhr umspringt und man nur das Geräusch eines Zuges hören kann muss man erstmal kräftig schlucken, um das Gesehen zu verdauen. Ethisch höchst fragwürdig und zu Recht erst ab 16 freigegeben, wird diese Folge noch lange Grundlage für viele Diskussionen und Gedanken sein. Sicher: Jack hätte Ryan auch einfach eine dieser tollen Pillen geben können, die Michelle im Hotel hat, aber dann wäre es dramaturgisch längst nicht so genial gekommen. Ich saß jedenfalls noch eine ganze Weile sprachlos vor dem Fernseher und hatte erstmal zu nichts Lust. So ein Gefühl habe ich beim Fernsehen noch nie erlebt.
Die Zeilen sind so gut, dass ich sie nochmal nach "vorn" holen muss. Kann dem nur zustimmen - wenn ich es noch nichtmals schaffe, nach dem Ende von 24 direkt zu Harald Schmidt zu zappen, dann will das was heißen!!! Gestern jedenfalls hab auch ich noch minutenlang fassungslos vor dem Bildschirm gesessen - das war bei 24 zuletzt nach der Ermordung Teris durch Nina der Fall...
Irgendwie glaube ich ja immer noch an eine "24-typische" Überraschung: die Erschießung Chapelles ist nur inszeniert als Signal an Saunders, Jack hat das ganze gemeinsam mit Tony und Chapelle so geplant, statt einer Kugel in den Kopf bekommt Chapelle nur eine Kapsel, die ihn für einige Stunden lähmt....
Aber vieles spricht einfach dagegen: es war keine Zeit, das zu planen, außerdem hätte dann doch auch Chase eingespannt werden können (der Arme, weiß wieder von nix....). Also ist es wohl wahr. Chapelle, das Oberekel, ist tot.
Damit allerdings hat 24 in der Darstellung von Gewalt eine Qualität erreicht, die ich für äußerst fragwürdig befinde. Kann man ein Menschenleben opfern für das von Tausenden? Kann man den Forderungen terroristischer Verbrecher "so einfach" nachkommen, indem von höchster Stelle - sprich: vom Präseidenten selbst! - die Tötung eines ranghohen Verwaltungsbeamten angeordnet wird? Wenn diese Grenze überschritten wurde, was ist dann noch möglich?
Und führen wir uns einmal Jack vor Augen: die einzige Konstante in seinem Leben ist lediglich noch Kim. Ansonsten: seine Frau wurde ermordet, er selbst beinahe zu Tode gefoltert, drogenabhängig für seinen "Job" geworden, und nun musste er noch eigenhändig seinen eigenen Chef umbringen! Würde mich nicht wundern, wenn er nun wirklich bald zum Rambo-artigen Outlaw wird, dem - zu Recht! - alles scheißegal wird! Ich bin jedenfalls jetzt schon auf die Figurenzeichnung Jacks in S4 gespannt!